Black Friday – schwarzer Tag fürs Klima

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Wer in der digitalen Welt unterwegs ist, bekommt dieser Tage unweigerlich irgendwelche Black Friday Angebote um die Ohren gehauen, da hilft erfahrungsgemäß auch der beste Werbe-Blocker nichts. Aber auch Zeitungsbeilagen und die Geschäfte in der Einkaufsmeile locken penetrant mit Black Friday Schnäppchen.
Das Phänomen ist hierzulande noch vergleichsweise neu. Was ist dieser Black Friday eigentlich und wie ist er entstanden?
Und vor allem: Warum ist er besser durch einen kauf-nix-tag zu ersetzen?
Audio
05:28 min, 4596 kB, mp3
mp3, 114 kbit/s, Mono (44100 kHz)
Upload vom 26.11.2021 / 22:23

Dateizugriffe: 1296

Klassifizierung

Beitragsart: Anderes
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Wirtschaft/Soziales
Entstehung

AutorInnen: Mel
Radio: RDL, Freiburg im www
Produktionsdatum: 26.11.2021
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Black Friday – schwarzer Tag fürs Klima

Wer in der digitalen Welt unterwegs ist, bekommt dieser Tage unweigerlich irgendwelche Black Friday Angebote um die Ohren gehauen, da hilft erfahrungsgemäß auch der beste Werbe-Blocker nichts. Aber auch Zeitungsbeilagen und die Geschäfte in der Einkaufsmeile locken penetrant mit Black Friday Schnäppchen.
Das Phänomen ist hierzulande noch vergleichsweise neu. Was ist dieser Black Friday eigentlich und wie ist er entstanden?
Und vor allem: Warum ist er besser durch einen kauf-nix-tag zu ersetzen?
Die Spur führt wie zu erwarten in die USA. Dort gibt es Ende November einen zentralen Feiertag, Thanksgiving. Diese nordamerikanische Feierlichkeit kann mit unseren Erntedank-Festen nicht verglichen werden. Thanksgiving ist das zweitwichtigste Fest der US-amerikanischen Gesellschaft, gleich nach Weihnachten. Hierbei wird eine ungeheuer aufgeladene Familienfeier zelebriert, von der viele hier in Europa nur das in zahllosen Filmen verewigte Truthahn-Gelage kennen. Dabei bildet dieses Festessen den Rahmen für Feierlichkeiten, die ungemein konstituierend für den amerkanischen Familienzusammenhalt, aber auch das amerikanische Selbstverständnis und den gesamtgesellschaftlichen Konsens sind. Driving home for Thanksgiving ist genauso selbstverständlich und unvermeidlich wie an Weihachten.
Das Fest findet traditionell am 4. Donnerstag im November statt. Da wegen der großen Entfernungen die Heimfahrten kaum an einem Tag zu schaffen waren, wurde es ab dem frühen 20. Jahrhundert üblich, den anschließenden Freitag freizunehmen. Einfache ArbeiterInnen, die früher nicht so leicht einen Tag Urlaub bekamen, pflegten diesen Tag krankzufeiern – dieses subversive Erschleichen von Freizeit wäre vielleicht bei Gelegenheit einen extra Beitrag wert.
Jedenfalls entwickelte sich spätestens nach dem 1. Weltkrieg die Tradition des Thankgiving-Weekends von Donnerstag bis Sonntag. Der Freitag wurde dabei, wenn die Familie doch schon mal so schön zusammen war, rasch zum ersten Kauftag für die Weihnachtsgeschenkeorgie. Der Handel griff das Verhalten begierig auf und lockte mit Schnäppchen Kaufwillige an. Der Effekt des vorweihnachtlichen Handels auf die Gesamtwirtschaft war so bedeutend, dass Präsident Franklin D. Roosevelt im Rahmen der Bekämpfung der Großen Depression sogar phasenweise den Thankgiving-Tag 1 Woche vorverlegte, um mehr Kaufanreize zu schaffen. Die geballten Käufermassen verursachten in den Städten bald große Probleme und es war die Polizeibehörde der Ostküsten-Metropole Philadelphia, die in den Fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts für die ausufernden Staus und das allgemeine Chaos in den Shopping Malls den Begriff ‚Black Friday‘ einführten.

Heutzutage hat das Black Friday-Weekend eine enorme Bedeutung für den US-Handel. Rund 200 Millionen AmerkanerInnen kaufen ein und sorgen für über 50 Milliarden Dollar Umsatz, wobei der Anteil des Online-Handels in den letzten 10 Jahre stetig zugenommen hat. Da andernorts die Rahmen gebenden Feierlichkeiten und Gebräuche fehlten, ließ sich diese Marketing- und Konsumspektakel nicht so leicht wie andere US-Gepflogenheiten in die Welt exportieren. Erst der Internetriese Amazon verbreitete in den letzten Jahren den Kaufexzess im späten November weltweit, weil die Plattform die Schnäppchen für den US-Markt auch global feilbot. In Deutschland zogen zunächst zahlreiche Internet-Händler nach, inzwischen hat aber auch der stationäre Handel diesen Umsatz-Booster entdeckt. Black Friday Angebote finden sich 2021 in deutschen Einkaufstraßen von Rosenheim bis Brunsbüttel.
TraditionalistInnen werden hierbei vor allem eine weitere Amerikanisierung der geliebten Heimat beklagen, viel schlimmer ist jedoch, dass sich hinter der Bugwelle der Amazon-Superschnäppchen eine ausgeprägte Tendenz zu billigen und überflüssigen Ramschangeboten etabliert hat. Rund ein Drittel der Waren ist bis Ostern schon wieder reif für die Tonne. Sinnloser, nicht an echtem Bedarf orientierter Massenkonsum verursacht Millionen Tonnen von Müll und CO2. Wenn wir die Klimaziele erreichen wollen, werden wir bedeutende Teile unseres Konsums verändern und letztendlich aufgeben müssen. Das wird uns in Teilbereichen nicht leicht fallen. Was aber schon heute ohne jede Einbuße an Lebensqualität funktioniert: den Black Friday zum kauf-nix-tag umzuwandeln (siehe Link unten). Wir sollten es definitiv tun.
Während meiner Jugendjahre in den USA, war Thanksgiving, obwohl ich schon damals keinen Truthahn aß, meine Lieblingsfeierlichkeit im amerikanischen Festkalender – was ich dabei allerdings schon damals absolut zum Kotzen fand, war der Black Friday. Daran hat sich bis heute nichts geändert, wir haben nur viele, viele gute Gründe mehr, uns diesem absolut schwachsinnigen Konsumspektakel zu verweigern!

Link:
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