Europa-Nachrichten vom 14. Dezember 2010

ID 37947
 
AnhörenDownload
-Assange wird voraussichtlich gegen Kaution freigelassen

-EU-Armuts-Statistik für 2008

-Berlusconi übersteht Misstrauensvotum im Abgeordnetenhaus

-EU-Außenminister geben grünes Licht für Europäisches Bürgerbegehren

-Anti-muslimische Tiraden in Frankreich
Audio
07:27 min, 6991 kB, mp3
mp3, 128 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 14.12.2010 / 19:29

Dateizugriffe: 391

Klassifizierung

Beitragsart: Nachricht
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Politik/Info, Internationales, Wirtschaft/Soziales
Serie: Focus Europa Einzelbeitrag
Entstehung

AutorInnen: Michael, Martin, Johanna
Radio: RDL, Freiburg im www
Produktionsdatum: 14.12.2010
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
-Assange soll gegen Kaution freigelassen werden:

Der in Großbritannien inhaftierte Wikileaks-Gründer Julian Assange kommt zahlreichen Pressemeldungen zufolge gegen eine Kaution von umgerechnet 240000 Euro frei. Dies entschied am Dienstagnachmittag ein Richter in London bei einem Haftprüfungstermin. Assanges Anwalt hatte zuvor erklärt, sein Mandant sei bereit, eine elektronische Fußfessel zu tragen und sich an einer der Polizei bekannten Adresse aufzuhalten. Laut der britischen Zeitung „The Guardian“ gehört auch eine Ausgangssperre zu den Auflagen für Assanges Freilassung. Diese gelte von 10 Uhr bis 14 Uhr sowie von 22 Uhr bis 2 Uhr. Zudem müsse der Australier seinen Pass hinterlegen und sich täglich um 18 Uhr bei einer Polizeistation melden. Assange war vergangene Woche verhaftet worden, weil Schweden seine Auslieferung wegen Sexualdelikten fordert. Er hatte sich selbst der Polizei gestellt. Assanges Anwälte argumentierten nun, dass praktisch keine Fluchtgefahr bestehe. Assange könne aufgrund seiner Prominenz nicht unbemerkt das Land verlassen. Er habe außerdem bewiesen, mit der Justiz zusammenarbeiten zu wollen, indem er sich freiwillig der Polizei stellte.
Scheitern könnte Assanges bereits bekanntgegebene Freilassung gegen Kaution noch, wenn einem Einspruch der schwedischen Staatsanwaltschaft stattgegeben wird. Für diesen hat die Behörde laut dem „Guardian“ zwei Stunden Zeit, in diesem Zeitraum darf Assange noch nicht auf freigelassen werden. Assanges Anwälte versuchen im Rahmen des Verfahrens eine Auslieferung Assanges nach Schweden zu verhindern, weil der Wikileaks-Gründer befürchtet, von dort aus in die USA ausgeliefert zu werden.

-EU-Armuts-Statistik für 2008:

In der Europäischen Union waren im Jahr 2008 insgesamt 116 Millionen Menschen von extremer Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht. Das ist das Ergebnis einer heute veröffentlichten Studie der europäischen Statistik-Behörde Eurostat. Demzufolge litt fast jeder vierte Europäer im Jahr 2008 unter erheblichen materiellen Entbehrungen. Deutlich wird bei der Untersuchung das Wohlstandsgefälle in der Union: Besonders schlecht schneiden die östlichen Mitgliedsstaaten wie Lettland, Rumänien und Bulgarien ab. Dagegen ist das Armutsrisiko in Ländern wie Schweden, den Niederlanden oder Dänemark vergleichsweise gering. Die Europäische Kommission will mit Hilfe der Europa 2020-Strategie die Zahl der armutsgefährdeten und ausgegrenzten Bürger in den kommenden 10 Jahren um 20 Millionen senken.

-Berlusconi übersteht Misstrauensvotum im Abgeordnetenhaus:

Der italienische Ministerpräsident Berlusconi hat den Misstrauensantrag im Abgeordetenhaus knapp überstanden. 314 Parlamentarier stimmten für ihn, 311 sprachen ihm das Misstrauen aus. Damit kann Berlusconi im Amt bleiben. Die Opposition hatte den Antrag eingebracht und darauf gehofft, genügend Stimmen zusammenzubringen, um den Ministerpräsidenten zu Fall zu bringen. Die Abstimmung wurde zwischenzeitlich unterbrochen, weil es zu einem Handgemenge kam. Berlusconi hatte vorher bereits eine Vertrauensabstimmung im Senat gewonnen. Dort erhielt er 162 von 308 Stimmen. Zuvor war das Parlamentsgelände im Zentrum von Rom von der Polizei abgeriegelt worden. Gegner Berlusconis hatten in der italienischen Hauptstadt mehrere Kundgebungen und eine Menschenkette angekündigt. Vor allem Schüler und Studenten nutzten den Tag der Abstimmungen, um erneut massiv gegen die Sparmaßnahmen der Regierung zu protestieren. Zum Ergebnis der Vertrauensabstimmung hört ihr nun ein Stimmungsbild von der Metrohaltestelle im Mailänder Arbeiterinnen- und Migrantenviertel Via Padova:
[O-Ton]


-EU-Außenminister geben grünes Licht für Europäisches Bürgerbegehren:

In der Europäischen Union soll es künftig länderübergreifende Bürgerbegehren geben. Ein entsprechendes Regelwerk brachten die EU-Außenminister heute in Brüssel auf den Weg. Damit sollen BürgerInnen künftig die EU-Kommission direkt auffordern können, Gesetzesvorschläge zu bestimmten Themen zu machen. Voraussetzung ist, dass sie eine Million Unterschriften sammeln. Die Unterschriften müssen aber aus einem Viertel der Mitgliedsländer kommen - derzeit also eine Million Stimmen aus sieben Ländern. Damit das Bürgerbegehren in Kraft treten kann, muss morgen noch als letzte Hürde das Europäische Parlament zustimmen. Unabhängig von der Abstimmung im Parlament kündigten europäische Rechtsparteien bereits an, sie wollten sich für ein europaweites Bürgerbegehren gegen einen EU-Beitritt der Türkei einsetzen. Auch das Thema Minarett-Verbot wird in rechtsradikalen Kreisen bereits als Kampagnen-Thema gehandelt.

-Anti-muslimische Tiraden in Frankreich:

Marine Le Pen, die Tochter französischen Rechtsextremen Jean-Marie Le Pen geht mit schweren verbalen Entgleisungen gegen Muslime auf Stimmenfang am rechten Rand . Le Pen verglich am vergangenen Freitag islamische Freitagsgebete in den französischen Großstädten mit der deutschen Besatzung im Zweiten Weltkrieg. Sie sagte wörtlich: "Es gibt keine Panzer, keine Soldaten; trotzdem ist es eine Besatzung, und sie lastet auf den Bewohnern." Anfang dieser Woche legte die 42-jährige nach und behauptete, 700 rechtsfreie Gebiete in Frankreich ausgemacht zu haben. An diesen Orten, so Le Pen, reichten die Moscheen nicht aus, um die muslimischen Gläubigen aufzunehmen, deswegen fänden die Gebete auf der Straße statt. Das sei ein unzumutbarer Zustand in einem laizistischen Staat. Politiker der konservativen und sozialistischen Parteien bezeichneten Le Pens Äußerungen als untragbar und skandalös. Zum Beispiel sagte der sozialistische Parteisprecher Hamon, Le Pens Aussagen seien eine Beleidigung für alle Franzosen. Bei der französischen Bevölkerung scheint die Ablehnung solcher Parolen allerdings nicht ganz so einmütig zu sein. Umfragen zufolge würden derzeit 17 Prozent der Franzosen eine „Front National“-Kandidatin Le Pen wählen. Ob sie tatsächlich Chefin der rechtsextremen Partei wird, entscheidet sich im Januar 2011.