Die Focus-Europa-Nachrichten vom 16. Dezember 2010

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Die Focus-Europa-Nachrichten vom 16. Dezember 2010:
1. Beginn des EU-Gipfel-Treffens in Brüssel am Donnerstag
2. Schwere Ausschreitungen in Griechenland am Tag nach dem Generalstreik
3. Chavez will im kommenden Jahr per Dekret regieren – ohne das Parlament
4. Kopenhagener Gericht verurteilt Polizei für Präemptiv-Verhaftungen während des Klimagipfels
5. Papierkonzern zerstört Regenwälder auf Sumatra
6. Coffeeshops in Maastricht dürfen künftig nicht mehr an Ausländer verkaufen -der Europäischer Gerichtshof bremst den Drogentourismus in die Niederlande
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Upload vom 16.12.2010 / 20:01

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Beitragsart: Nachricht
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Politik/Info, Kultur, Umwelt, Internationales, Wirtschaft/Soziales
Serie: Focus Europa Einzelbeitrag
Entstehung

AutorInnen: Alex und Viktoria
Radio: RDL, Freiburg im www
Produktionsdatum: 16.12.2010
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
1. Beginn des EU-Gipfel-Treffens in Brüssel am Donnerstag

Ab diesem Donnerstag soll über die Euro-Krise diskutiert werden: die Europäische Union soll für die künftige Schulden- und Finanz-Turbulenzen stabiler gemacht werden. Die Staats- und Regierungschefs der 27 EU-Länder treffen sich in Brüssel, um einen immer funktionierenden Mechanismus zum Schutz der finanziellen Stabilität des Euroraums als Ganzes zu schaffen. Die europäischen Regierungsoberhäupter beraten in Brüssel über die Folgen der Schuldenkrise im Euro-Raum. Bei dem Gipfel soll ein dauerhafter Rettungsschirm für angeschlagene Euro-Länder beschlossen werden. Dieser soll die Milliardenhilfen für Griechenland und andere Länder ablösen, welche 2013 auslaufen.

Dazu muss allerdings der Reformvertrag von Lissabon erweitert werden. Dieser Rettungsfonds könnte finanziell aufgestockt werden, doch sind sich die EU-Staaten in diesem Punkt nicht einig, vor allem bei den sogenannten Euro-Bonds, gesamteuropäischen Staatsanleihen der Euro-Länder. Deutschland und Frankreich fürchten, dass nationale Staatsanleihen dann teurer werden und die Staatskassen stärker belastet würden.


2. Schwere Ausschreitungen in Griechenland am Tag nach dem Generalstreik

Beobachter in Athen sprechen am Donnerstag den 16. Dezember von (Zitat) „bürgerkriegsähnlichen Zuständen“ in der griechischen Hauptstadt.
Eine Gruppe soll das Parlamentsgebäude angegriffen haben und Verkehrsminister Kostis Hatzidakis mit Steinen und Holzstöcken angegriffen haben, so dass dieser blutüberströmt in ein Krankenhaus gebracht worden sei.
Ausserdem sollen mehrere Fahrzeuge, Büroräume und auch eine Reihe von Geschäften sowie ein Luxushotel beschädigt worden sein. Die Polizei habe Tränengas gegen Demonstranten eingesetzt.
In der Patission-Strasse beim Archäologischen Museum Athens hätten die Demonstranten mehrere Polizeiwagen angegriffen, es seien Steine und Molotowcocktails geworfen worden.
Es habe 23 Festnahmen gegeben, laut Polizeimeldungen seien 27 Beamte verletzt worden.

Die Ausschreitungen fanden einen Tag nach dem landesweiten Generalstreik fest, der vor allem den Verkehr in Griechenland lahmgelegt hatte – Focus Europa hatte am Mittwoch bereits darüber berichtet.

Die darauffolgenden Eskalationen vom Donnerstag rund um den Syntagma-Platz sind die schwersten seit den Todesfällen in Athen am 5. Mai diesen Jahres


3. Chavez will im kommenden Jahr per Dekret regieren – ohne das Parlament

Hugo Chavez will sich vom Parlament die Vollmacht erteilen lassen, bis Ende 2011 Venezuela per Dekret regieren zu können. Diese Vollmacht will er sich noch rechtzeitig vom alten Parlament erteilen lassen, denn am 5. Januar wird ein neues Parlament gebildet werden, in dem Chavez und seine sozialistische Partei nicht mehr die absolute Mehrheit haben werden.
Chavez begründete das Vorhaben mit der Notwendigkeit, Gesetze ohne Zustimmung des Parlamentes erlassen zu dürfen, mit einer heftigen und andauernden Unwetterkatastrophe.
Chavez Vizepräsident Elías Jaua sagte gegenüber dem venezolanischen Sender tele-SUR, dass die Regierung mit einer entsprechenden Vollmacht den über 100.000 Opfern des Unwetters schneller und unbürokratischer Hilfeleistungen zukommen lassen könnte.
Durch das schwere Hochwasser seien rund 250 Straßen und fast 40 Brücken beschädigt worden, ferner seien drei wichtige Trinkwasserstauseen und annähernd 50.000 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche zerstört worden.

Die Oppositionsparteien werfen dem venezolanischen Präsidenten vor, die Katastrophe systematisch auszunutzen, um sich so den Erhalt seiner Macht zu sichern.
Chávez hat in seiner mittlerweile elfjährigen Amtszeit bereits drei mal mittels direkter Dekrete am Parlament vorbei regiert – auch die Teilverstaatlichung der Ölindustrie war damals auf diesem Weg durchgesetzt worden.

4. Kopenhagener Gericht verurteilt Polizei für Präemptiv-Verhaftungen während des Klimagipfels

Das Kopenhagener Stadtgericht entschied am heutigen Donnerstag, den 16 Dezember, dass die Massenverhaftungen während des Kopenhagener Klimagipfels 2009 illegal waren - und verurteilte die Polizei zu 9.000 dänischen Kronen Schadensersatz an die Protestierenden, die Beschwerde eingereicht hatten.
Etwa 2.000 Menschen wurden während des Klimagipfels COP15 in Kopenhagen im Dezember letzten Jahres präventiv festgenommen. 250 Personen aus Dänemark, Schweden, England und Frankreich hatten dagegen Klage eingereicht.

Aufzeichnungen des dänischen Polizeifunks beweisen, dass ein Einsatzleiter der dänischen Polizei die Beamten dazu aufforderte, Presseangehörige anzugreifen. Die Polizisten wurden mehrmals angewiesen, die Presse zu schlagen. Die dänische Journalistenvereinigung und Amnesty International kritisieren diese Vorgehensweise der Polizei heftig.
Am Donnerstag läuft im dänischen Fernsehsender DR auch die Premiere von
einem dänischen Dokumentarfilm über die Proteste im Rahmen der COP15 und das Verhalten der Polizei.
Der Film begleitet unter anderem die Aktivistinnen Stine Gry Jonassen and Tannie Nyboe, die als Pressesprecherinnen des internationalen Netzwerks Climate Justice Action auftraten. Im letzten Monat wurde sie wegen der Störung der öffentlichen Ruhe und Gewalt gegen Polizisten verurteilt.
Das heutige Urteil ist nicht nur eine Unterstützung für die Menschen, die während des Klimagipfels präventiv festgenommen wurden. Der Fall kann auch als wichtiger Präzedenzfall betrachtet werde

5. Papierkonzern zerstört Regenwälder auf Sumatra

Nach Recherchen des World Wildlife Fund und indonesischer Nichtregierungs-Organisationen rodet der Papiergigant „Asia Pulp & Paper / Sinar Mas Group“ – kurz: APP, einer der größten Papierproduzenten weltweit, auf der indonesischen Insel Sumatra Naturwälder.
60.000 Hektar seien seit 2004 auf undurchsichtige Weise abgeholzt worden, teilte die Umweltorganisation mit. Der betroffene Wald rund um den Nationalpark Bukit Tigapuluh wird von internationalen Wissenschaftlern als einer der 20 wichtigsten für das Überleben von Tigern eingestuft.
Der rund 320.000 Hektar große Regenwald ist auch einer der letzten Lebensräume für Orang-Utans und Elefanten.
Den WWF-Untersuchungen zufolge durchforsten Firmen im Auftrag des Papierkonzerns seit 2004 die Region Bukit Tigapuluh systematisch nach inaktiven Holzkonzessionen, die in Naturwäldern liegen. Einmal ausfindig gemacht, würden die Konzessionen bei staatlichen Stellen erworben und – meist unter fragwürdigen Umständen – anschließend in industrielle Plantagenkonzessionen umgewandelt.
Offiziell behauptet der Konzern APP, keine für den Naturschutz wertvollen Wälder abzuholzen. Tatsächlich plane die Firma weitere massive Rodungen. Die Expansionspläne erstreckten sich auf zusätzliche 97.000 Hektar Naturwald im Gebiet von Bukit Tigapuluh.
Der WWF forderte die indonesische Regierung auf, keine Genehmigungen zur Abholzung an den Konzern APP oder die mit ihm verbundenen Unternehmen zu vergeben.
Erst im November habe sich die indonesische Regierung auf dem Tigergipfel in St. Petersburg dazu verpflichtet, die bedrohte Region zu einer Tiger-Schutzzone zu machen, so der WWF.

6. Coffeeshops in Maastricht dürfen künftig nicht mehr an Ausländer verkaufen -
der Europäischer Gerichtshof bremst den Drogentourismus in die Niederlande

Der Europäische Gerichtshof hat es jetzt offiziell bestätigt: Die Coffeeshops in Maastricht dürfen keine Drogen mehr an Ausländer verkaufen. Die Stadt versucht mit dieser Maßnahme den internationalen Drogentourismus in die Grenzstadt zu stoppen.
Der Europäische Gerichtshof wies die Klage des Coffeeshop-Besitzers Mark Josemans ab, der sich gegen diese Einschränkung gewehrt hatte:
"Weil der Artikel 1 des niederländischen Grundgesetzes sagt, dass man nicht diskriminieren darf. Ich will nicht sagen, dass du, weil du gelbe Augen hast oder braune Haare oder vielleicht eine braune Haut oder weil du eben zufällig in Deutschland lebst, nicht in meinen Coffeeshop reinkommen darfst.", so Josemans gegenüber der Presse.
Der niederländische Innenminister Ivo Opstetten begrüßte das Urteil – die niederländische Regierung will die neue Strategie jetzt im ganzen Land umsetzen.