Bundesverfassunggericht stärkt Gentechnik-GegnerInnen Gentechnik-Äcker bleiben öffentlich

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Gen-Mais Das Bundesverfassungsgericht hat mit einem Urteil zur Gentechnik in der Landwirtschaft die Seite der Gentechnik-GegnerInnen gestärkt. In einem heute in Karlsruhe verkündeten Urteil setzt das Gericht der Gentechnik enge Grenzen. So bleibt entgegen einer Klage der Gentechnik-Lobby das Register zur Veröffentlichung von Flurstücken, auf denen genmanipulierte Pflanzen angebaut werden, öffentlich.

Die Vorschriften des Gentechnik-Gesetzes zum Anbau genmanipulierter Pflanzen seien legitim und verhältnismäßig, erklärten die RichterInnen in Karlsruhe. Zudem seien die Regelungen mit der Berufsfreiheit, der Eigentumsgarantie und dem Gleichheitssatz vereinbar. Die Gesetzgebung des Bundes müsse das Gentechnik-Recht umfassend regeln, da die Gentechnik in die "elementaren Strukturen des Lebens" eingreife und die langfristigen Folgen noch nicht abschließend geklärt seien. Damit blieb die Klage des Landes Sachsen-Anhalt erfolglos.

Das Bundesverfassungsgericht hat mit einem Urteil zum Gentechnik-Gesetz den Schutz der Umwelt gestärkt, was von Umweltverbänden wie dem Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und dem World Wide Fund For Nature (WWF) sowie der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AGBL) begrüßt wird. Der BUND sieht im Urteil eine "Abmahnung für die Befürworter einer genmanipulierten Landwirtschaft".

Die "schwarz-rote" Landesregierung von Sachsen-Anhalt hatte vor dem höchsten deutschen Gericht geklagt, weil es die im Gesetz formulierten strengen Auflagen für den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen für verfassungswidrig hielt. Kritisiert wurden etwa die Vorschriften zum für die Öffentlichkeit zugänglichen Standortregister und zur Haftung der LandwirtInnen. Hinter der 2005 eingereichten Verfassungsklage stand damals eine "schwarz-gelbe" Landesregierung. Die Klage wurde jedoch mit der Regierungsbeteiligung der "S"PD 2007 nicht in Frage gestellt, obwohl bekannt wurde, daß diese vorrangig im Interesse des Chemie- und Agro-Konzerns Monsanto formuliert worden war. Der BUND kritisiert, daß sich die PolitikerInnen damit "zum wiederholten Mal zu Lobbyisten bestimmter Industriezweige gemacht" hätten.

Der Vize-Präsident des Bundesverfassungsgerichts Ferdinand Kirchhof sagte bei der Urteilsverkündung: Zwar werde durch das Standortregister das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung sowie in die Berufs-, Eigentums- und Wissenschaftsfreiheit eingeschränkt,. dies sei "jedoch durch legitime Gemeinwohlziele hinreichend gerechtfertigt". Auch die strengen Regelungen der Berufsausübung der LandwirtInnen seien mit Blick auf die Rechte Dritter und den verfassungsrechtlich gebotenen Schutz der Umwelt legitim, so Kirchhof.

Das Urteil bringe Planungssicherheit für Politik und Landwirtschaft, heißt es in einer Stellungnahme der Landesregierung Sachsen-Anhalt. Für Deutschland bedeuteten die jetzt bestätigten strengen Regelungen des Gesetzes jedoch einen Standortnachteil. Der Gentechnik-Branchenverband "BIO Mitteldeutschland" nahm das Urteil mit Enttäuschung auf. Eine Entscheidung zugunsten der Klage wäre ein wichtiges Signal für die Branche gewesen, weil damit eine überproportionale Belastung der Anbauwilligen bei der Haftung anerkannt worden wäre, sagte deren Geschäftsführer Jens Katzek. Viele LandwirtInnen und ForscherInnen wollten und könnten sich nach eigenen Angaben unter den Bedingungen des geltenden Gesetzes nicht bei der pflanzlichen "Biotechnologie" engagieren. Dem Verband gehören etwa 15 Firmen und Institutionen der "grünen" und auch "roten" Gentechnik an.

Der Deutsche Bauernverband, der durch das Übergewicht industriell orientierter LandwirtInnen pro Gentechnik orientierte, erklärte, angesichts der Karlsruher Entscheidung zur Haftungsfrage könne er den LandwirtInnenen weiterhin nur vom Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen abraten. Die verschuldensunabhängige Haftungsregelung berge für LandwirtInnen, die genmanipulietre Pflanzen anbauen, trotz gesetzeskonformen Verhaltens unkalkulierbare und nicht versicherbare Risiken.

Offen bleibt nach dem Urteil des Bundesverfassungsgericht die Frage, ob die sogenannte Koexistenz zwischen industriell-chemischer Landwirtschaft auf der einen Seite und gentech-freier konventioneller und biologischer Landwirtschaft auf der anderen Seite auf die Dauer möglich ist, ohne daß letztere durch schleichende Gen-Kontamination am Ende unmöglich gemacht wird.

In Umfragen zeigt sich seit Jahren eine stabile Mehrheit der Deutschen von 70 bis 80 Prozent gegen den Einsatz der Gentechnik in der Landwirtschaft und bei der Lebensmittelproduktion.
Audio
05:21 min, 5016 kB, mp3
mp3, 128 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 29.01.2011 / 22:27

Dateizugriffe: 476

Klassifizierung

Beitragsart: Magazin
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Politik/Info, Umwelt, Internationales, Wirtschaft/Soziales
Serie: Burning Beds
Entstehung

AutorInnen: Burning Beds
Radio: RDL, Freiburg im www
Produktionsdatum: 29.01.2011
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
24.11.2010

Bundesverfassunggericht stärkt Gentechnik-GegnerInnen

Gentechnik-Äcker bleiben öffentlich

Gen-Mais Das Bundesverfassungsgericht hat mit einem Urteil zur Gentechnik in der Landwirtschaft die Seite der Gentechnik-GegnerInnen gestärkt. In einem heute in Karlsruhe verkündeten Urteil setzt das Gericht der Gentechnik enge Grenzen. So bleibt entgegen einer Klage der Gentechnik-Lobby das Register zur Veröffentlichung von Flurstücken, auf denen genmanipulierte Pflanzen angebaut werden, öffentlich.

Die Vorschriften des Gentechnik-Gesetzes zum Anbau genmanipulierter Pflanzen seien legitim und verhältnismäßig, erklärten die RichterInnen in Karlsruhe. Zudem seien die Regelungen mit der Berufsfreiheit, der Eigentumsgarantie und dem Gleichheitssatz vereinbar. Die Gesetzgebung des Bundes müsse das Gentechnik-Recht umfassend regeln, da die Gentechnik in die "elementaren Strukturen des Lebens" eingreife und die langfristigen Folgen noch nicht abschließend geklärt seien. Damit blieb die Klage des Landes Sachsen-Anhalt erfolglos.

Das Bundesverfassungsgericht hat mit einem Urteil zum Gentechnik-Gesetz den Schutz der Umwelt gestärkt, was von Umweltverbänden wie dem Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und dem World Wide Fund For Nature (WWF) sowie der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AGBL) begrüßt wird. Der BUND sieht im Urteil eine "Abmahnung für die Befürworter einer genmanipulierten Landwirtschaft".

Die "schwarz-rote" Landesregierung von Sachsen-Anhalt hatte vor dem höchsten deutschen Gericht geklagt, weil es die im Gesetz formulierten strengen Auflagen für den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen für verfassungswidrig hielt. Kritisiert wurden etwa die Vorschriften zum für die Öffentlichkeit zugänglichen Standortregister und zur Haftung der LandwirtInnen. Hinter der 2005 eingereichten Verfassungsklage stand damals eine "schwarz-gelbe" Landesregierung. Die Klage wurde jedoch mit der Regierungsbeteiligung der "S"PD 2007 nicht in Frage gestellt, obwohl bekannt wurde, daß diese vorrangig im Interesse des Chemie- und Agro-Konzerns Monsanto formuliert worden war. Der BUND kritisiert, daß sich die PolitikerInnen damit "zum wiederholten Mal zu Lobbyisten bestimmter Industriezweige gemacht" hätten.

Der Vize-Präsident des Bundesverfassungsgerichts Ferdinand Kirchhof sagte bei der Urteilsverkündung: Zwar werde durch das Standortregister das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung sowie in die Berufs-, Eigentums- und Wissenschaftsfreiheit eingeschränkt,. dies sei "jedoch durch legitime Gemeinwohlziele hinreichend gerechtfertigt". Auch die strengen Regelungen der Berufsausübung der LandwirtInnen seien mit Blick auf die Rechte Dritter und den verfassungsrechtlich gebotenen Schutz der Umwelt legitim, so Kirchhof.

Das Urteil bringe Planungssicherheit für Politik und Landwirtschaft, heißt es in einer Stellungnahme der Landesregierung Sachsen-Anhalt. Für Deutschland bedeuteten die jetzt bestätigten strengen Regelungen des Gesetzes jedoch einen Standortnachteil. Der Gentechnik-Branchenverband "BIO Mitteldeutschland" nahm das Urteil mit Enttäuschung auf. Eine Entscheidung zugunsten der Klage wäre ein wichtiges Signal für die Branche gewesen, weil damit eine überproportionale Belastung der Anbauwilligen bei der Haftung anerkannt worden wäre, sagte deren Geschäftsführer Jens Katzek. Viele LandwirtInnen und ForscherInnen wollten und könnten sich nach eigenen Angaben unter den Bedingungen des geltenden Gesetzes nicht bei der pflanzlichen "Biotechnologie" engagieren. Dem Verband gehören etwa 15 Firmen und Institutionen der "grünen" und auch "roten" Gentechnik an.

Der Deutsche Bauernverband, der durch das Übergewicht industriell orientierter LandwirtInnen pro Gentechnik orientierte, erklärte, angesichts der Karlsruher Entscheidung zur Haftungsfrage könne er den LandwirtInnenen weiterhin nur vom Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen abraten. Die verschuldensunabhängige Haftungsregelung berge für LandwirtInnen, die genmanipulietre Pflanzen anbauen, trotz gesetzeskonformen Verhaltens unkalkulierbare und nicht versicherbare Risiken.

Offen bleibt nach dem Urteil des Bundesverfassungsgericht die Frage, ob die sogenannte Koexistenz zwischen industriell-chemischer Landwirtschaft auf der einen Seite und gentech-freier konventioneller und biologischer Landwirtschaft auf der anderen Seite auf die Dauer möglich ist, ohne daß letztere durch schleichende Gen-Kontamination am Ende unmöglich gemacht wird.

In Umfragen zeigt sich seit Jahren eine stabile Mehrheit der Deutschen von 70 bis 80 Prozent gegen den Einsatz der Gentechnik in der Landwirtschaft und bei der Lebensmittelproduktion.