Lampedusa - wo die Schemata der Migrationspolitik explodieren. Gesamtversion des Focus-Interviews mit Nicola Grigion

ID 40276
 
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Lampedusa wurde gar nicht von Strömen illegaler Migrantinnen überschwemmt. Sondern von der italienischen Regierung. Und die Bevölkerung will nicht primär die Migranten loswerden, sondern ärgert sich über diese Politik - meint der Journalist Nicola Grigion vom Projekt Meltingpot. Wir haben mit ihm über die Ambivalenz der durchlässigen Grenzen Europas gesprochen.
Audio
11:36 min, 11 MB, mp3
mp3, 128 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 08.04.2011 / 10:53

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Klassifizierung

Beitragsart: Interview
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Wirtschaft/Soziales, Internationales, Politik/Info
Serie: Focus Europa Einzelbeitrag
Entstehung

AutorInnen: Johanna Wintermantel
Radio: RDL, Freiburg im www
Produktionsdatum: 08.04.2011
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Die Nachrichten über die Überforderung Italiens mit den Flüchtlingen aus Afrika reißen nicht ab. Am 6. April kenterte vor Lampedusa ein überfülltes Boot mit ca. 300 Menschen an Bord, nur ein Bruchteil von ihnen konnte gerettet werden.
Damit wird Italien von dem eingeholt, was Gaddafi früher von Europa abzuhalten hatte: Flüchtlinge aus afrikanischen Konfliktregionen, die weder nach Libyen oder Tunesien wollten noch nach Italien – erst recht nicht nach Lampedusa. Vielmehr ist es der italienischen und eurpäischen Grenzpolitik zu zuzurechnen, dass die Ankommenden auf kleinen Inseln und in Dörfern regelrecht gestapelt werden. Das bauscht den sogenannten Flüchtlingsstrom dramatisch und medienwirksam auf, ist aber in der Sache wenig praktikabel. Selbst Tunesien meistert trotz aller politischen Umbrüche die Versorgung der Flüchtlinge aus Libyen weitaus besser als das EU-Land Italien.

Ebenfalls am 6. April ist es dem italienischen Innenminister Maroni gelungen, mit seinem tunesischen Amtskollegen Habib Essid von der Übergangsregierung schärfere Grenzkontrollen zu vereinbaren. Dagegen blieb Tunesien bei der Weigerung, 20.000 bereits in Italien eingereiste tunesische Migrantinnen sofort wieder zurückzunehmen. Sie gelten in Italien als aufmüpfiger und bloße Wirtschaftsflüchtlinge und sind daher noch weniger gern gelitten als Flüchtlinge aus Zentralafrika.

Über diese Verhandlungen und darüber, wie die repressive italienische Grenzpolitik aus den Nähten platzt, haben wir mit Nicola Grigion gesprochen. Er schreibt für das Projekt Meltingpot, eine Informations- und Serviceplattform für und über Migranten in Italien und der EU. Meltingpot hat sich auch für die Neuankömmlinge auf Lampedusa engagiert – und dabei die Erfahrung gemacht, dass die italienische Bevölkerung bei weitem nicht so dumm und rassistisch ist, wie rechte Politiker und regierungstreue Medien uns und sie selbst immer wieder glauben machen wollen.