Vogel der Woche (187): Der Eggshooter

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keine moderne Version von Hänsel&Gretel (mit im Walde ausgesetzten Playstation-Zocker-Kids), sondern ein echter Vogel der Woche nervt uns da im heimischen Tann!
Audio
03:22 min, 3160 kB, mp3
mp3, 128 kbit/s, Mono (44100 kHz)
Upload vom 30.05.2011 / 11:58

Dateizugriffe: 346

Klassifizierung

Beitragsart: Hörspiel
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Andere, Umwelt, Jugend, Kultur
Serie: Vogel der Woche
Entstehung

AutorInnen: hikE
Radio: RUM-90,1, Marburg im www
Produktionsdatum: 30.05.2011
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Beginn Sprechtext //

Der Eggshooter ist ein sehr nervöses und schnell gereiztes Tierchen in unauffälligem Gewande. Um so mehr fällt das Männchen allerdings durch sein soziopathisches Gebaren auf: es sitzt vor dem Eingang seines kastenförmigen Halbhöhlennestes, starrt unverwandt in dessen Eingang hinein und verursacht dabei einen erheblichen Lärm aus seinem Schnabel.

Typische Bestandteile des Gesangs eines Eggshoters sind: "Piu piou!" Sequenzen, die sich mit rasselnd-ratternden und trommelnden Geräuschen abwechseln, gelegentlich ist auch ein "kach kach kach" zu vernehmen.

Während dieser fast ganzjährig zu hörenden, mehrere Stunden bis Wochen ununterbrochen andauernden Gesänge manipuliert - besser gesagt: pedipuliert - das Eggshooter-Männchen mit seinen dicklichen Greiffüßen einen etwas dickeren Halm an der Aussenseite des Nestes. Hierbei entsteht im Beobachter der unumstößliche Eindruck, dass der Vogel unter großer Anspannung steht und eine erhebliche Hektik verbreitet.

Macht sich der Ornithologe den kleinen Spaß, einen Eggshooter vor seinem Nest anzusprechen, dann bekommt er eine verblüffende Antwort: der Vogel dreht sich um, richtet einen Finger- oder besser gesagt, Zeh - auf den Störenfried, krümmt ihn langsam und sagt: "fump - miiiee - BOUM!", bevor er sich wieder seinem Neste zuwendet und die Umwelt vergisst.

Man könnte ihn durchaus in solchen Momenten klauen, und dieses Schicksal würde dem Eggshooter auch tatsächlich häufiger widerfahren, wäre sein Gesang nur etwas lieblicher. Aber so passiert ihm höchstens, dass ihn der Vogelfreund, der ihn einsackte, heimlich wieder raussetzt, möglichst weit von seiner eigenen Wohnung entfernt. Selbst der Sperber, der sonst immer sehr gerne kleine Vögel klaut und aufisst, lässt den Eggshooter an seinem Neste in Ruhe und meidet diesen sogar in einem Umkreis von 50 Metern, weil ihm das Geballere auf den Luftsack geht.

Dass es so was wie eine Brutzeit gibt, verblüfft den kleinen Eggshooter selbst immer wieder. Jedes Jahr aufs Neue ist er nicht im Geringsten darauf vorbereitet, dass das Weibchen, das sich eines Tages ins Nest reingesetzt hat, plötzlich das Feuer erwidert und ihn mit einem Sperrhagel aus Eiern aus dem Nesteingang pustet. Der kleine Eggshooter lässt dann vor Schreck seinen Halm los und fällt rückwärts ins Gras, während das Weibchen flink eine Gardine mit den aufgestickten Worten "GAME OVER" im Nesteingang befestigt.

Wenn das Männchen nun nicht geistesgegenwärtig genug ist, mit einem flachen, rundlichen Leckerbissen aufzuwarten, dann fängt das Weibchen konventionell an zu brüten, und der kleine Eggshooter streift solange unmotiviert durch die Landschaft, biegt immer wieder einen Grashalm um, sammelt einen Wurm und sagt "Piu piu.", aber es ist nicht das richtige, nicht rund oder nicht flach genug.

Fast tut er einem leid während der fünf Wochen, in denen sein Spielnest "Game over" hat, aber dieses Mitlied verfliegt in der Sekunde, in der die Brut des Eggshooters ausgeflogen ist. Denn dann geht's wieder in voller Lautstärke ab - bis zur nächsten Brutzeit.

[Geräuschkulisse]

Guten Morgen.

// Ende Sprechtext