Feindbild Bürger

ID 44847
1. Teil Feindbild Bürger (Hauptteil)
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Zum Thema Polizei und fehlende Bürgernähe ein Interview in fünf Teilen mit Thomas Wüppesahl, Bundessprecher der Bundesarbeitsgemeinschaft Kritischer Polizistinnen und Polizisten, auch Hamburger Signal genannt. Das Interview stammt vom November 2010 im Anschluss an den damaligen Castortransport.

Tonqualität mäßig
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13:56 min, 13 MB, mp3
mp3, 128 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 06.12.2011 / 09:26

Dateizugriffe: 657

Klassifizierung

Beitragsart: Interview
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Arbeitswelt, Kultur, Politik/Info
Serie: Polizeigewalt
Entstehung

AutorInnen: Jürgen Apitzsch
Radio: ZUSA, Uelzen im www
Produktionsdatum: 06.12.2011
Folgende Teile stehen als Podcast nicht zur Verfügung
2. Teil Feindbild Bürger
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18:38 min, 17 MB, mp3
mp3, 128 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 06.12.2011 / 09:33
3. Teil Feindbild Bürger
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15:56 min, 15 MB, mp3
mp3, 128 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 06.12.2011 / 09:39
4. Teil Feindbild Bürger
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14:30 min, 13 MB, mp3
mp3, 128 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 06.12.2011 / 10:02
5. Teil
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09:10 min, 8596 kB, mp3
mp3, 128 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 06.12.2011 / 10:08
 
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09:10 min, 8596 kB, mp3
mp3, 128 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 06.12.2011 / 10:25
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Skript
Ein Kritischer Polizist klärt im Interview auf

Er wünscht sich eine zivilgesellschaftlichere Rolle unserer Polizei und stellt doch fest, dass das Gegenteil der Fall ist. Thomas Wüppesahl, Bundessprecher der Bundesarbeitsgemeinschaft Kritischer Polizistinnen und Polizisten ist besorgt. Die Rolle unserer Gesetzeshüter verändert sich hin zu einer Ordnungsmacht, die dem fünfundfünfzigjährigen ehemaligen Bundestagsabgeordneten und Wirtschaftskriminologen aus dem Hamburger Raum einiges an Skepsis abverlangt.

Die Liste der Vorwürfe über die Fehlentwicklungen in den eigenen Reihen ist lang. So stößt ihm beispielsweise die derzeitige Praxis polizeilicher Berichterstattung auf. Während die Verantwortlichen in den Führungsetagen sich noch in medialer Sicherheit wähnten, stritten sie konsequent ab, dass ausländische Polizeikräfte an der Niederschlagung der diesjährigen Castorproteste beteiligt gewesen seien. Erst als Fotos von Castorbeamten mit der Rückenaufschrift POLICE auftauchten, gestanden sie deren Anwesenheit ein, wenn auch ausschließlich zu Beobachtungszwecken. Dann weitere Fotos, welche klar belegten, dass ein französischer Flic hingebungsvoll mit der Faust auf einen Castorgegner einprügelte, der bereits zusammengekrümmt auf dem Boden lag, ohne jegliche Gegenwehr zu leisten. Na dann eben ein Ausnahmefall, genauso wie dessen Kollegen aus Polen und Kroatien.

Wüppesahl ist ärgerlich. Die Gewalt bei diesem Einsatz ging eindeutig nicht von den Demonstranten aus, sondern von der Polizei. Einer Polizei, die einst mit Hilfe bester Fachschulen darauf geschult worden war, mit psychologischem Geschick und fachlichem Können selbst schwierige Situationen souverän zu meistern. Seit den 90ern wird, federführend unter Ex-Innenminister Schäuble, die Qualität an diesen Polizeifachschulen konsequent zurückgefahren. Das Lehrvolumen an diesen Einrichtungen verflacht zusehends mit dem Ergebnis, dass heute Polizeischüler mit fachlichem Frakturwissen und ohne ausreichendes soziologisches Verständnis in den Dienstalltag entlassen werden. Die Hintergründe für dieses Desaster sind bekannt. Das politische und wirtschaftliche Prekariat wünscht sich wieder „Richtige Polizisten“, echte Kerle, die auch mal ordentlich hinlangen können, anstatt für jedes Problem Verständnis zu zeigen. In dem Maße, indem Schäuble und sein Nachfolger de Maizière von einer Militarisierung im Inneren träumen, um gegen all die sozialen Unruhen gewappnet zu sein, die bereits jetzt drohend ihre Schatten vorauswerfen, realisiert sich deren düsteres Hirngespinnst bereits heute in Form von Wasserwerfern, die mit 20 Bar Wasserdruck Stuttgarter Rentnern die Augen herausschießen und Beamten, die sich immer routinierter das Blut protestierender Bürger von ihren Schlagstöcken wischen.

Dass die Polizei in Gorleben 2010 sogar logistische Unterstützung der Bundeswehr erhielt, verurteilt Wüppesahl auf das Schärfste. Am liebsten sähe er keinerlei Art von Zivil Militärischer Zusammenarbeit, damit gar nicht erst ein Gewöhnungseffekt an solche Verhältnisse eintritt. Auch findet er, dass die Verhältnissmäßigkeit der Mittel von Polizeibeamten gegenüber Demonstranten immer öfter in Schieflage gerät. „Der flächendeckende Beschuss mit Gasgranaten auf ein Waldstück, indem sich Demonstranten aufhalten,“ so Wüppesahl, „ist ein Mittel, dass man im Krieg einsetzt um einen Feind zu vernichten. Die Gasgranaten sind zwar nicht tödlich, deren Einsatz liegt jedoch außerhalb jedweder Verhältnissmäßigkeit.“
Der Kripobeamte wörtlich: „Es gibt ein ausgeprägtes Feindbild in den Köpfen von viel zu vielen Polizeibeamten.“