Die Slowakei (Buchbesprechung)

ID 51983
 
AnhörenDownload
Interview mit Hannes Hofbauer, einem der beiden Autoren des Buchs "Slowakei. Der mühsame Weg nach Westen", Promedia Verlag 2012, auf der Frankfurter Buchmesse.Das Interview ist eingebunden in mein Sendemanuskript auf
http://www.waltpolitik.powerbone.de/kv/k...
Audio
09:56 min, 9307 kB, mp3
mp3, 128 kbit/s, Mono (44100 kHz)
Upload vom 08.11.2012 / 19:01

Dateizugriffe: 604

Klassifizierung

Beitragsart: Interview
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Internationales, Politik/Info
Entstehung

AutorInnen: Walter Kuhl
Kontakt: info4(at)waltpolitik.de
Radio: dissent, Darmstadt im www
Produktionsdatum: 08.11.2012
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
1993 spaltete sich die damalige Tschechoslowakei in die Tschechische Republik und die Slowakei. Während im ehemaligen Jugoslawien mit tatkräftiger Mithilfe deutscher Regierungen die Sezessionen von Waffengewalt begleitet waren, verlief die Trennung von Tschechien und der Slowakei friedlich. Daß diese Trennung eine lange Vorgeschichte aufweist, die auf wirtschaftlicher und sozialer Diskriminierung beruht, belegen Hannes Hofbauer und David Noack in ihrem zur Buchmesse im Promedia Verlag erschienen Buch über die Slowakei. Dabei erscheinen Slowakinnen und Slowaken aber nicht einfach als die Guten, sondern als soziale, politische und wirtschaftliche Akteure, Akteure unter Vielen.

Bevor die beiden Autoren zur Darstellung des langen und mühsamen Weges der Slowakei nach Westen kommen, beginnen sie ihr Werk streng chronologisch mit der Bronzezeit, der Völkerwanderung und dem ersten Großmährischen Reich im frühen Mittelalter, eine Vorgehensweise, die sich als sinnvoll erweisen wird. Hieraus leiten sie soziale Schieflagen ab, die dazu führten, daß die in der heutigen Slowakei lebenden Menschen erst als Sklavinnen und Sklaven, später als Leibeigene fremden Herren zu dienen hatten. Wo sich die Produktions­bedingungen wandeln und der Kapitalismus so langsam Einzug hält, erweist sich der slowakische Teil als eher rückständig. Dies liegt weniger an den dort lebenden Menschen, sondern an Verhältnissen, die ganzen Regionen eine bestimmte anhängige und ausbeutbare Position im Weltmarkt zuweisen.

Das Buch ist angenehm unprätentiös geschrieben, die Autoren weigern sich, die aus Sicht der herrschenden Klassen geschriebene Geschichte unbesehen zu übernehmen. Es wird eine Empathie für die Unterdrückten und Ausgebeuteten deutlich. Dieser angenehme Zug des gut lesbaren Buchs zieht sich durch die Habsburger Doppelmonarchie, die erste Tschecho­slowakische Republik, den slowakischen Vasallenstaat im Zweiten Weltkrieg bis hin zum sogenannten Sozialismus nach 1948. Wer besser als einer der beiden Autoren, nämlich Hannes Hofbauer, kann uns ein Land näher bringen, von dem wir so gut wie gar nichts wissen? An Hannes Hofbauer schätze ich seine unkonventionelle, aber hintergründige, offizielle Wahrheiten hinterfragende Art, mit der er neue Aspekte erschließt und Zusammenhänge herstellt, die der mediale Mainstream bewußt ausblendet. Von Wien aus hat er sich einen Blick auf Ost- und Südosteuropa erschlossen, den ich immer wieder spannend und lehrreich finde. Ich traf ihn am Stand des Promedia Verlages auf der Frankfurter Buchmesse.

[hier der hochgeladene Audioteil]

Ausführlich beschreiben Hannes Hofbauer und David Noack den Privatisierungsprozeß, der nach dem Zerfall des Realsozialismus begann. Die Raubritter aus dem Westen suchten sich Verbündete im tschechischen und slowakischen Teil des Landes. Wie auch in anderen Ländern Südosteuropas wurden die einheimischen Roma weitgehend ausgegrenzt, auch wenn der Rassismus im tschechischen Teil zum Entzug der Bürgerrechte führte, in der Slowakei hingegen nicht. Als Experimentierfeld neoliberaler Wirtschaftspolitik muß die Slowakei auch unser Interesse finden, denn dort wurde und wird ausprobiert, was hierzulande nutzbar gemacht werden kann. Das Buch über die Slowakei mit dem Untertitel „Der mühsame Weg nach Westen“, geschrieben von Hannes Hofbauer und David Noack, ist im Wiener Promedia Verlag erschienen. Es umfaßt 248 Seiten und kostet 17 Euro 90.