Fritsches Fische - Neues aus dem Bundessicherheitshauptamt

ID 61717
 
Kritische Bestandsaufsnahme zu den Personalrochaden in und um das Bundesinnenministerium vor dem Hintergrund der NSU- und NSA-"Skandale", sowie zur Rolle des neuen Geheimdienstkoordinators der Bundesregierung, Fritsche.
Audio
10:40 min, 15 MB, mp3
mp3, 192 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 04.04.2022 / 10:42

Dateizugriffe: 958

Klassifizierung

Beitragsart: Kommentar
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Internationales, Politik/Info
Serie: mikro.FM
Entstehung

AutorInnen: mikro.fm
Radio: FRBB, Berlin und Brandenburg im www
Produktionsdatum: 03.02.2014
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
<titel>Fritsches Fische - Neues aus dem Bundessicherheitshauptamt</title>

Was haben nicht alle gestaunt, als bekannt geworden war, dass Ursula, Zensursula, von der Leyen Kriegsministerin dieses beschaulichen Landes in der Mitte Europas werden sollte. Gleich war sie in Afghanistan, gleich gab's, zwischen den Jahren, auf allen Kanaelen, vom Deutschlandfunk incl. Militaergottesdienst bis zum Rauf und Runter der ARD den Quatsch von der Mutter der Truppe, von der Vereinbarkeit von Familie und Beruf am Beispiel der netten Toetungsmaschinerie von nebenan. Und waehrend's bei der Truppe menschelt, wird's bei den Drohnen ernst. Das bestellte Haus, das Karl-Theodor Maria Nikolaus Johann Jacob Philipp Franz Joseph Sylvester Freiherr von und zu Guttenberg zu hinterlassen vorgeben hatte, das laesst sein Nachfolger, der Cheforganisator der CDU, Dr. de Maizere, nun auch tatsaechlich zurueck. Die Bundeswehr ist wieder da - nicht nur auf der Muenchener Sicherheitskonferenz.

Ihr Einsatz im Innern ist hoechstrichterlich bestaetigt. Die Einschrumpfung der Truppe auf ihren militanten Kern ist auf dem Gleis. Die Aufruestung des Drohnenprogramms ist in Angriff genommen. Jetzt warten wir nur noch auf die Bilder von Zensursula im Drillich auf einem Leoparden, einem der Leopard-2-Kampfpanzer vielleicht, die Krauss-Maffei-Wegmann im vergangenen Jahrzehnt fuer 1,7 Milliarden Euro nach Griechenland liefern konnte, nachdem die Nr. 3 der deutschen Ruestungsbetriebe geflissentlich Athener Regierungsbeamte bestochen hatte. Millionen und Abermillionen flossen, denn, wir ahnen es, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf - la cosa nostra costa cara.

Da wir gerade bei Familie sind, bei den Personal-Rochaden der Regierungspartei - es gibt, uebrigens, nur _eine_ Regierungspartei, freilich mit einem Anhang, der samt und sonders aus der Altlast Schroeder stammt und der nur darum mitmacht, damit ihr Chef beim naechsten mal selber als Kanzlerkandidat gegen Frau von der Leyen scheitern kann - die Personalpolitik der Bundesregierung trieb unlaengst eine Bluete, die weitgehend unerkannt ihr Dasein fristen musste. Nur heise.de war's eines Kommentares wert.
http://www.heise.de/newsticker/meldung/K...

Die Personalie heiszt Klaus-Dieter Fritsche und war Staatssekretaer im Bundesministerium des Innern - nun ist der ehemalige Staatssekretaer Fritsche, einer derer aus dem Polit-Stall des bayrischen Grand Seigneur der Repression, Guenter Beckstein, nun ist Klaus-Dieter Fritsche ins Bundeskanzleramt umgezogen. Dort ist er, wie schon vor einigen Jahren, Geheimdienstkoordinator der Bundesregierung, eine Position, die zuvor von einem Abteilungsleiter bekleidet wurde, nun aber mit dem Posten eines Staatssekretaers bewehrt ist. Das ist, in der Sprache der IT, eine Art Sicherheitsupgrade - das Ronald Pofalla abloest, der in Zukunft weiter bei der Bahn seiner Fruehpensionierung entgegengreisen darf. Vorbei sind die Zeiten einwandfrei gestolperter Begriffe wie
<einspieler>internetknotenpunktbetreiber
das sind Betreiber von Punkten, die Knoten ins Internet machen.
Jetzt wird der Ronald fehlerfrei Woerter sagen muessen wie Eisenbahnknotenpunktbetreiber. - das sind Betreiber von Punkten, die Knoten in die Eisenbahnen machen, bis es quietscht. Ronald "Eisenhans" Pofalla, der einzige, den einzig Hartmut Mehdorn je uebertreffen kann. Wobei: vielleicht wird der Ronald ja auch demnaechst in Berlin-Schoenefeld gebraucht, beim Pannenhafen von Berlin, wo ja wenigestens die Abschiebeknaeste schon funktionieren.

Doch bekanntlich ist Regieren nicht ein Handkasperlespiel, das allabendlich wahlweise um 19h, 20h, 21h30 oder eigentlich immer und neuerdings auch in Full-HD im Fernsehen angeschaut werden kann. Regieren ist bekanntlich das Agieren, das Handeln der Apparate. Und da hat sich einiges getan bei der neuen Regierung. De Maiziere ist ins Innenministerium zurueckrochiert, waehrend Dr. Hans-Peter "der Pudel" Friedrich seine Rolle als Pausenclown und Supergrundrechts-Man beenden und in das Hollywood der chemischen Industrie, ins Landwirtschaftsministerium, einreiten konnte. Das also war des Pudels Kern. Der Ministerdarsteller Friedrich, der zwei Jahre lang wie ein Pappkamerad in der politischen Landschaft herumstand, waehrend sein maechtiger Apparat und dessen Staatssekretaer Klaus-Dieter Fritsche im Hintergrund weiter an der Sicherheitsarchitektur eines scharfen Staats schrauben konnten.

Die Affaeren um den NSU wusste Fritsche vielfaeltig zu nutzen: Vor dem Bundestagsuntersuchungsausschuss zum NSU wurde er pampig und produzierte einen Eklat, indem er behauptet, das das
(zitat)“Staatswohl wichtiger [ist] als parlamentarische Aufklärung”. (zitatende)
Doch damit nicht genug, der langjaehrige Vizepraesident des Verfassungschutzes, der fruehere und bald neue Geheimdienstkoordinator der Bundesregierung verweigerte vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestages die Aussage mit der Begruendung:
(zitat)"Es dürfen keine Geheimnisse bekannt werden, die das Handeln des Staates beeinträchtigen könnten.”(zitatende)
Und so war denn das Handeln des Staates, des scharfen Staates, sein wichtigstes Anliegen in seiner Zeit als Staatssekretaer, als, wie der 'STERN' schrieb, "maechtigster Beamter der Republik".
http://blogs.stern.de/der-investigativ-b...

Die Verschraenkung von Polizeien und Geheimdiensten, die bereits der Totalrenegat Schily forciert hatte, wurde also weiter ausgebaut. Bei Bundespolizei und Bundesverfassungsschutz wurden die Spitzen teilweise komplett entfernt und durch Ministerialkader ersetzt.
http://www.behoerden-spiegel.de/icc/Inte...
Der Prozess um Beate Zschaepe und andere versickert gerade medial und auch die "Projektgruppe NSU" beim Bundesministerium des Inneren konnte aufgeloest werden. Die infolge veraenderter Algorithmen wie aus den Nichts aufgetauchten rund 800 Todesfaelle, die vielleicht doch von Nazis begangen sein koennten - liegen auf Jahre beim BKA, das demnaechst auch eine neue Spitze bekommen wird. Und bei der NSA, nun, da haben das Sommerloch und ein sinnloser Wahlkampf geholfen, dass sich das Bundesinnenministerium duemmer stellen konnte als die Polizeien und Dienste von Entenhausen, Littletown und South Park zusammen.

Und jetzt, nachdem Untergebene des Staatssekretaers Fritsche in beispiellosen Karrierespruengen zu den jeweiligen Direktoren von Bundespolizei und Bundesverfassungsschutz befoerdert worden sind, kommt heimlich, still und leise auch der Fritsche selbst zu Brot und Wuerden. Jahrelang stand er als Staatssekretaer den Abteilungen vor, die als das Kerngeschaeft des Innenministerium gelten duerfen: den Abteilungen OeS - Oeffentliche Sicherheit, Abteilung B - Angelegenheiten der Bundespolizei, Abteilung KM Krisenmanagement und Bevoelkerungsschutz sowie der Abteilung M - Migration, Integration, Fluechtlinge, Europaeische Harmonisierung. Das alles mag erst einmal reichlich langweilig klingen. So langweilig, wie etwa Verwaltungshandlungsrahmen von Ministerial-Direktor/inn/en, Ministerial-Dirigent/inn/en, Ministerial-Raeten und Regierungdirektor/innen nun einmal klingen.

Anders toenen da schon die Namen der zugehoerigen Referate:
Waffen- und Sprengstoffrecht, Nationales Waffenregister, Schutz Kerntechnischer Anlagen, Fuehrungs- und Einsatzangelegenheiten der Bundespolizei, modernes Grenzkrontrollmanagement, Luft- und Seesicherheit, Asylrecht, Auslaenderterrorismus und -extremismus, internationale Angelegenheiten der Terrorismusbekaempfung, internationale polizeiliche Zusammenarbeit undsoweiter und so fort - es ist das Who is who der Repression, das nun, mit Klaus-Dieter Fritsche auf
<zitat Berliner Tagesspiegel>" einen durchsetzungsstarken Kenner" <zitatende>
verzichten muss. Allerdings nur, um nunmehr auf neuem Niveau von vorne aufgerollt zu werden.

Denn es ist so, als ob dasselbe Spiel noch einmal stattfindet, nur eben auf einem neuen Niveau, einer anderen Etage. Gab es vor der NSU-Affaere die Hierarchie von Minister, Staatssekretaer und Abteilungsleitern, die mit externen Behoerden, also den Geheimdiensten, vermitteln, so haben wir inzwischen, nach der NSA-Affaere, ein Minister, der, bestens eingespielt, direkt mit seinen Kadern in den ausgelagerten Behoerden, also Bundespolizei und Geheimdiensten verhandeln, kann.

Ganz so, als sei das Ministerium eine Larve, die sich nun entpuppt. Als Arbeitszusammenhang mit erweiterten Befugnissen, als eine gestaerkte, im Fuehrungspersonal gestraffte Struktur. Minister de Maizere ist zurueck im Innenministerium, Fritsche ist zurueck im Kanzleramt, und ihre Wassertraeger aus dem Ministerialstab sind Leiter von Bundesamt fuer Verfaschungsschutz, pardon, Verfassungsschutz und Bundespolizei. Noch offen ist die Nachfolge des bereits angezaehlten, amtierenden BKA-Praesidenten Joerg Ziercke. Aber da scharren wahrscheinlich schon die Hufe diverser Ministerialraete und -dirigenten und -direktoren.

Der Apparat, das Ministerium des Inneren und seine Dienste machen also bei der NSA-Affaere weiter, wo sie bei der NSU-Affaere aufgehoert haben. Statt Befugnisse von Diensten einzuschraenken, sollen diese ausgebaut werden. Statt die unheilvolle Zusammenarbeit von Inlands- wie Auslands-Diensten einzuschraenken oder gar zu beenden, wird die Verschraenkung dieser Dienste ausgebaut.

Wir erleben einen weiteren Schritt zum Aufbau eines Bundessicherheitshauptamts. Vorbei die Zeiten des Stammelns und Wuergens a la Pofalla. Jetzt wird, wenn auch in Filz gefaltet, jetzt wird, mit der Groszen Koalition im Ruecken, jetzt, wo das Parlament, der Bundestag unter nachgerade ungarischen Verhaeltnissen an der Wand steht, jetzt wird geklotzt.

Kommentare
03.02.2014 / 17:48 Michael:Rasenspieler, bermuda.funk - Freies Radio Rhein-Neckar
on air@sonar
gesendet am 03.02.14-Danke für´s Bereitstellen