Freitaler Geruch

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CM auf FSK 93.0 Megahetz(e) - Kolumne des Café Morgenland - Juli 2015.
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16:29 min, 15 MB, mp3
mp3, 128 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 03.08.2015 / 18:52

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Entstehung

AutorInnen: Redaktion 3
Radio: FSK, Hamburg im www
Produktionsdatum: 03.08.2015
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Freitaler Geruch

Bevor wir in die Diskussion einsteigen, ist es unabdingbar, den Rahmen abzustecken, in dem sich die Rede hier bewegen wird. Und wer kann es besser wiedergeben, als die Freitaler und -innen selber? Wir wollen uns nicht vorwerfen lassen, wir würden die „Sorgen der Menschen“ in diesem Land nicht ernst nehmen. Daher sollen einige wenige (von den tausenden) ihrer Äußerungen hier zitiert werden, allesamt aus dem Blog „Perlen aus Freital“, eine Ansammlung von deren „Sorgen“, entnommen.
Silvio Harlaß: Es stellt sich die Frage:“was ist teuerer? Eine niedergebrannte Asylunterkunft oder das Gesindel durchfüttern?“ In letzter Zeit brennt es ja öfter
Mikey Welling: Aufräumen, Deutschland muss wieder sauber werden wie zu Opas Zeiten
Krenn Thomas: Ok sollen sich umbringen erspart uns die tötungskosten
Klaus-dieter Herz: Ich hätte denen gerne das essen gebracht etwas versüßt natürlich (Rattengift) ist Günstig und fast 100% sicher..
Mike Heß: Von mir aus können Flüchtlinge im Mittelmeer ersaufen! Was sind Leute die den helfen, Helden? Wenn das Mittelmeer zu Europa gehört, dann hat das Mittelmeer genug Flüchtlinge für Europa aufgenommen! HaHaHa
Jack: ach hätte noch ein paar plätzchen frei im kz mit feiner brause und top hochleistungsöfen, die kuschelig warm geben
Monika klein: in ein Loch und den Hahn auf geht am schnellsten
Günther Julian Greiner: Jedes mal wenn ich so etwas lese denke ich immer für solche „Gaskammer statt Dönerfleisch“.
Holger Weiser: Dazu sage ich nur eins!! Schlägt sie endlich Tod die schwarzen schweine!!! Ohne wenn und aber!!! Ueberall und immer wo sie sind!!!
Ein anderer: Ab in der Gaskammer… zyklon B
Maxima Friedrich: Nein zu Heim! Dieses Viehzeug allesamt gehören AUSGEROTTET
Ein anderer schrieb, am besten, er lasse seine Kinder, den Flüchtlingskinder den Schädel einschlagen. Als Minderjährige sind unmündig und daher kann denen nichts passieren, resümiert er nüchtern.
Das ist der Sachstand. Eine Vielfalt deutscher Stimmen, die sich aus der sprudelnden Kreativität im Erfinden von Tötungsarten ergibt. Bei aller differenzierten Analyse die man anstellen könnte, die Absicht eint sie alle: Sie müssen getötet werden. Da gibt es keine Meinungsverschiedenheiten, nur Ergänzungen.

Dass wir uns ausschließlich mit den Tätern beschäftigen, liegt nicht an der Natur der Sache, sondern gehört zu den wenigen Selbstverständlichkeiten von Café Morgenland. Daher werdet ihr von uns weder Elegien über herzzerreisende Schicksale von Geflüchteten noch Fürbitten für sie und ihre Sehnsüchte hören. Es gehört nicht zu unserer Denkweise, das Geschäft mit den Opfern voranzutreiben. Das einzige vielleicht, was uns in diesem Zusammenhang relevant erscheinen könnte, wäre unser Wunsch, dass die Gejagten zu Jägern werden. Den Rest überlassen wir gern den Sozialarbeitern, Pädagogen, Integrationsbeauftragten usw.
Vor ca. 13 Jahren, schrieben wir – anlässlich einer Überschwemmung – über solche Gebiete:
„Dort, wo die Kultur dieser Population wächst und eskaliert. Dort, wo sie deutsch ist und wird. Dort, wo die Bilder von abgefackelten Flüchtlingsheimen bejubelt und mit dem rassistischen, aktivistischen Nachwuchs manch Bierfass auf erfolgreiches „Fidschiklatschen“ geleert wird. Dort, wo die Alten Hass und Neid predigen und jedes Kleinkind schon innerlich zerfressen, moralisch ruiniert wird. Dort, wo der rassistische Mord geplant und der Völkermord gedacht und gefordert wird.“ (aus „Dammbrüche“, Sept. 2002)
Der Ottonormalvergaser ist wieder aktiv. Die vorangegangenen Äußerungen weisen auf zwei für die Diskussion wesentliche Elemente hin. Das eine ist, dass die meisten der Sprüche, mit Klarnamen geschrieben werden, was heißt, dass sie der festen Zuversicht sind, dass sie nichts aber gar nichts zu befürchten haben. Das zweite ist das, worauf wir zu einer anderen Gelegenheit schon mal hingewiesen haben: Es ist der Ausschwitz-Joker, das Prahlen mit dem technischen Know-how ihrer Vorfahren zu den Arten möglichst effizienten Tötens, gekoppelt an ein selbstgewisses, zünftiges: „Ja, wir können!“.
Der Schmiss und der Schmackes mit dem Ausdrücke wie Zyklon B, Gaskammer, KZ, totschlagen, Schmarotzer, Viehzeug, usw., in Umlauf gebrach werden bezeugen eine historisch bruchlose Weitergabe der Erfahrungen vorangegangener Generationen und auch die Bereitschaft, diese Erfahrungen und Möglichkeiten zu aktualisieren und zu erweitern, etwa wenn das Ersaufen im Mittelmeer oder die effektvolle Nutzung von Rattengift mit bedacht werden.
Die Transparenz mit der das in aller Öffentlichkeit geäußert wird, ist selbsterklärend. Es fehlen die Gegner. Weit und breit. Dafür aber gibt es zu wenigen Anliegen so viel Diskussions- und Dialogbereitschaft. Von Sigmar Gabriel bis zu Landtagsfraktionen, Bürgermeistern, Analysten usw.: Man kümmert sich! In Bürgerversammlungen wie auch in der geordneten Verteilung der Aufgaben (Angezündet wird erst, wenn die Kameras aus sind – man hat aus der dilettantischen Öffentlichkeitsarbeit der frühen 1990er gelernt).

Es ist lange, viel zu lange her, dass wir als die einzig wirksame Handlung etwas propagierten, was von den meisten despektierlich als „Strafexpedition“ bezeichnet wurde. Sie besagte, dass das Er- und Ausleben von Vernichtungsphantasien und -praktiken mit hohen Kosten verbunden sein muss. Erst wenn es auch dem blödesten aus der Meute (oder aus der Nachbarschaft) klar gemacht worden ist, dass der Kostenaufwand sichtlich höher läge als die Wonne und die Lebensfreude, die man sich von der Übung versprechen möchte, kann darauf gehofft werden, dass notgedrungen auf die Glückseligkeit verzichtet werden würde.
Erst dann wäre mit einer gewissen Bändigung und Abstinenz zu rechnen. Wenn – sagen wir mal – Freital vor einem solchen Besuch anders aussehen würde als danach. Umgestaltet, verschönert, Ruinös. – dürfte man berechtigte Hoffnung hegen. Von nichts dergleichen aber ist heute die Rede.
Dabei wären nur zwei Voraussetzungen nötig: a) ein Wille, also eine Breitschaft dazu und b) eine ausreichende Anzahl Mitwirkender. Das zweite ist vorhanden, wenn man z.B. die Anzahl der gegen die EZB demonstrierenden betrachtet. Rätselhat bleibt – heute wie damals –, was mit der ersten Voraussetzung ist. Und da zeigt sich das Ganze Elend des Antirassismus, des Linksradikalismus und der anderen -ismen. Man hat noch was vor mit dieses Land und sein Inventar: Revolte, Bewegung, Massenproteste gegen die Macht der Konzerne, der NSA usw. Es kann gut sein, dass damals der Spruch von Karl Liebknecht „Der Hauptfeind steht im eigenen Land“ seine Gültigkeit hatte. Heute wäre seine Präzisierung unabdingbar: „Der Hauptfeind ist das eigene Land“.
Es ist 23 Jahre her – und immer noch aktuell -, als geschrieben wurde:
„Die deutsche linksradikale Szene tut sich außerordentlich schwer mit der Bevölkerung dieses Landes. Sie will und kann die Deutschen nicht so beurteilen, kritisieren oder bekämpfen, wie es dem Bewusstsein und den Handlungen der Deutschen angemessen wäre: Dieses Volk ist rassistisch, antisemitisch, revanchistisch, chauvinistisch und kulturimperialistisch, in Theorie und Praxis. Seit der Wiedervereinigung mit neuem Selbstbewusstsein ausgerüstet, diskutiert es zu Hause, am Tresen und Stammtisch, auf der Arbeit, in den Medien, im Parlament "Lösungen" des "Asylantenproblems" (wie sie und ihre Regierung es nennen), die vom "soften" Rassismus (Multikultur) bis zum Rückgriff auf bekannte deutsche Methoden reichen. Konzentrationslager, Gaskammern, Dachau und Auschwitz sind für Deutsche keine Tabus. Diese "Lösungen" sind für ganz normale Mitglieder dieser Bevölkerung möglich, denkbar und machbar. Und weil Deutschland die Durchführbarkeit von "Endlösungen" praktisch bewiesen hat, wird sich das Volk seiner Traditionen immer erinnern und in ihre "Lösungsvorschläge" mit einbeziehen. Dieses Vernichtungspotential im deutschen Volk 
begründet sich vor allem in der Ermordung der europäischen Juden.“ (aus Fluchschrift, Juni 1992).
Die Unterscheidung zwischen der sog. Zivilgesellschaft und dem Mob ist vor allen anderen Dingen ein Produkt der Erwerbstätigkeit der sog. Geistes- oder Sozialwissenschaftler. Diese standardisierten und universalisierten Begriffsapparaturen und Verfahrensweisen sind zweifellos kostbare „Vermögenswerte“, die bei Bedarf schnell flüssig gemacht werden können. Im Zusammenhang mit den hier zu Debatte stehenden Angelegenheiten jedoch sind sie gleichartig. Aus der Sicht der angegriffenen, verhunzten, verstümmelten, verbrannten, hingeschlachteten unterscheidet sich ein Täter aus der Zivilgesellschaft etc. von einem aus den Reihen des Mobs etc. herzlich wenig. Ob sich die Konzipierung und Durchführung des Mordes demokratisch gestaltet oder halt pöbelhaft, ist eine Frage, die mitmordet.
Und so verhält es sich mit dem, was man in jüngerer Zeit „Willkommenskultur“ nennt. Eine vollkommene Verfehlung des Problems. Wo es anstehen würde, die (kommenden) Täter zu ‚adressieren‘ – gemäß der jeweiligen Ressourcen und Fähigkeiten – verhalten sich heute viele Antirassisten so als ginge es darum von den (kommenden) Opfern gemocht zu werden.
Es muss bedacht werden, dass Menschen, die durch welche Umstände und mit welchen Zielen auch immer in Deutschland leben müssen, ein Recht darauf haben sich weder für selbstgemachten Kuchen netter Nachbarn noch für deren Bildungsangebote zu interessieren.
Die aus unserer Sicht einzige angemessene Reaktion auf die Angriffe ist, so gut und effektiv wie es geht, direkt gegen die Angreifer vor zu gehen.
Sonst werden wir zu Bestandteil einer harmonische Symbiose. Eine Symbiose, z.B. zwischen dem Kampf gegen das Flüchtlingsheim in der Nachbarschaft und den Kampf gegen das Finanzkapital. Eine Symbiose zwischen dem Basteln von Brandsätzen und dem Basteln von Willkommenstranspis. Eine Symbiose zwischen Pogrom- und Partystimmung. Und ab und zu wird diese Idylle von Hinrichtungen am Arbeitsplatz, an einem Gemüsestand z.B., in einem Imbissbude oder in einem Internetcafe unterbrochen.
Wir wollen kein anderes, keine antikapitalistisches, kein antideutsches, kein antiimperialistisches, kein ökologisches sondern gar kein Deutschland.
Café Morgenland, 22.07.2015