"Wir erzeugen künstlich einen gescheiterten Staat": Harald Schumann über Griechenland und die Zukunft Europas

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Interview mit Harald Schumann, investigativer Journalist (Der Tagesspiegel), Buchautor ("Die Globalisierungsfalle", "Der globale Countdown") und Protagonist der Filme "Staatsgeheimnis Bankenrettung" und "Macht ohne Kontrolle" über die Griechenlandkrise.
Audio
40:49 min, 47 MB, mp3
mp3, 160 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 13.08.2015 / 14:12

Dateizugriffe: 39

Klassifizierung

Beitragsart: Interview
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Politik/Info
Entstehung

AutorInnen: Kontext TV
Radio: , Berlin im www
Produktionsdatum: 13.08.2015
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Griechenland habe mit den jüngsten Kreditprogrammen zwar den Euro behalten aber die Demokratie verloren. Das Land sei zu einem Protektorat der anderen Eurostaaten degradiert worden. Die Troika-Institutionen agierten im rechtsfreien Raum, sie seien für keine ihrer Handlungen rechenschaftspflichtig, so Schumann. Die EZB verweigere bis heute Aufklärung über Korruptionsfälle.
Der Bundesregierung gehe es mit dem dogmatischen Festhalten an einer ökonomisch widersinnigen Kürzungspolitik darum, an Syriza ein Exempel zu statuieren: Eine Alternative zum von Deutschland dominierten Krisenregime solle scheitern, um potentielle Nachahmer etwa in Italien, Frankreich oder Spanien abzuschrecken. Schützenhilfe erhalte die Bundesregierung von deutschen Medien, die in der Krise auf breiter Front versagt hätten: von Falschberichterstattung bis zur Verbreitung rassistischer Ressentiments.
Währenddessen nutzen die marktradikalen Kräfte in der EZB die Krise, um den europäischen Wohlfahrtsstaat zu schleifen. Statt ihrem Auftrag nachzugehen, Banken liquide zu halten, habe die EZB den Bank Run in Griechenland vorsätzlich erzeugt.
Ökonomisch destruktiv sei auch der Zwangsverkauf griechisches Flughäfen an die deutsche Fraport AG. Das sei, so Schumann, Privatisierung als Kolonisierung.
Die Eurozone sei zutiefst undemokratisch und neoliberal geprägt und habe in dieser Form keine Zukunft. Doch eine Auflösung des Euro sei mit enormen Kosten verbunden und würde in eine schwere europaweite Rezession führen. Zu befürchten sei außerdem, dass nationalistische Kräfte weiter Auftrieb erhalten und Europa eine Neuauflage von Konflikten erlebt, die nach dem 2. Weltkrieg überwunden schienen. Daher sei ein Kampf für die Demokratisierung Europas sowie die Einrichtung eines Eurozonenparlaments dringend notwendig.