Räumung in Flensburg - / So formatiert sich das, was sich Hamburg nennt

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Olivgrün ist auch eine Farbe

In Flensburg – ein Ort in den viele Szenegeflüchtlinke gezogen sind – ausgerechnet dort hat die wohl nächstgelegene Wagenplatzräumung, mit Sinnmerkmalen der Zerstörung des Sozialen Zentrums in Norderstedt mit dem entsprechenden Polizeiaufriss stattgefunden. Hamburg wäre der dafür bevorzugte Ort gewesen. Daß dem nicht so war, ist einer der Gründe, aus denen der ehemalige Bezirksamtsleiter seit nun 4 oder 5 Jahren auf die Rückkehr aus dem „dass es ein Leben außerhalb der Politik gibt“ wartet. Einer der Gründe auch, die dem Wagenplatz Zomia Schanzenstarre verleiht.
Das, was in Flensburg geschieht, ist für Hamburg angezeigt mit dem Wechsel des Innensenators, angekündigt mit einem 3 Tage turn von Massenabschiebungen aus der Freien und Hansestadt, einem Abschiebegefängnis auf dem Flughafen und einem Rammbock für Hausdurchsuchung in der Nähe des Dammtorbahnhofes. Back to the nineties und zu Schill unter moderierter Führung eines Bezirksamtsleiters, dessen Qulifikationsmerkmal zu dem Amt des Innensenators die Polizeieinsätze gegen das KoZe gewesen sind.

Wir dokumentieren zwei heute eingegangene Erklärungen und Mitteilungen:
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13:14 min, 12 MB, mp3
mp3, 128 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 03.02.2016 / 23:40

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Entstehung

AutorInnen: Nachmittagsmagazin für subversive Unternehmungen; nfsu
Radio: FSK, Hamburg im www
Produktionsdatum: 03.02.2016
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
I Wir bekamen die: „Stellungnahme der Ankettaktion zur Räumung der Luftschlossfabrik

Am 3.2 haben sich zwei Aktivisten in einem selbstgebauten Turm auf dem Gelände der Luftschlossfabrik angekettet, um die drohende Räumung zu verkomplizieren. Sie richteten sich dabei ganz bewusst gegen die von der Stadt vorgeschlagene „konfliktfreie Räumung“. Dazu erklärt die Aktivistin Chiara B.:
„Einen Freiraum zu zerstören, um ein Gebiet für potentielle Investoren attraktiv zu machen, richtet sich vollkommen gegen unsere Vorstellungen eines selbstbestimmten, freien Lebens.““

Nach knapp über fünf Stunden waren beide wieder aus dem Betonfass herausgelöst, das sich auf der ersten Ebene eines Turms befand. Beide wurden nach Feststellung der Personalien vom Gelände verwießen. Anders sieht die Situation bei den Menschen die sich auf dem Dach eines der Gebäude verschanzt hatten. Einige von ihnen sitzen weiterhin in der Gefangenensammelstelle. Ihnen wird schwerer Landfriedensbruch und Widerstand gegen die Staatsgewalt vorgeworfen. Die immer wieder aufkommende Debatte um die Legitimation von Gewalt in politischen Konflikten, die Widerstand in Kategorien wie „gut“ und „böse“ einteilt ist verkürzt.

„Wir soldidarisieren uns klipp und klar mit allen Aktivist_innen, die für Freiräume und ein Leben jenseits kapitalistischer Stadtentwicklungsvorstellungen kämpfen. Friedlich und militant sind
dabei keine sinnvollen Kategorien. Nicht solange über die strukturelle Gewalt der herrschenden Wirschaftsordnung, oder die ganz konkrete Gewalt der Polizei gar nicht geredet wird“, So die Aktivist_innen in einer Presseerklärung.“


II. 2016refugeesupport schrieb uns:

„Gewaltsame Massenabschiebungen in Hamburg

Am Dienstag, Mittwoch und Donnerstag der letzten Januarwoche 2016 haben in Hamburg Massenabschiebungen stattgefunden – heimlich und ohne Öffentlichkeit. Zu unterschiedlichen Zeiten versammelten sich in der Nacht mehrere Wannen mit Bereitschaftspolizist_innen und leere Reisebusse, um nachts in die Räume von Menschen einzudringen, diese aus ihrem Schlaf zu reißen und wenige Stunden später per Flugzeug abzuschieben.

In diesen Nächten wurden mehrere Familien abgeschoben. Betroffen sind auch Mitglieder der Gruppe Romano Jekipe Ano Hamburg. Im Stadtteil Billstedt ist die Polizei mehrfach und gewaltsam vorgegangen. Sie schlugen ein 13-jähriges Mädchen und zogen die Familie sofort aus dem Haus, ohne, dass diese ihre Habseligkeiten einpacken konnte. Die Handys wurden ihnen weggenommen. In einem weiteren Fall wurde ein Familienvater um 4.00 Uhr morgens aus seiner Wohnung abgeholt und um 6.20h per Flugzeug nach Belgrad abgeschoben. Dabei hat dieser Mann gar kein Asyl beantragt, sondern lebt und arbeitet seit über 20 Jahren in Deutschland, seine Kinder sind hier geboren und er hat noch knapp zwei Jahre Aufenthaltsrecht. Als sich morgens, nachdem der Familienvater schon nach Belgrad geflogen wurde, Anwälte einschalteten, musste die Ausländerbehörde zugeben einen „Fehler“ gemacht zu haben. Nachdem er 540€ für seine unrechtmäßige Abschiebung selbst zahlen musste, durfte der Mann nun Samstag nach Deutschland zurückkehren.

An diesen Abschiebungen beteiligte sich bisher immer das recht kleine private Hamburger Busunternehmen „Hansa-Rundfahrt“. Dieses Unternehmen steht im engen Kontakt mit Hamburger Behörden und führt deshalb sehr oft Fahrten für Schulen durch. Wer möchte die eigenen Kinder in einem Bus fahren lassen, in dem Stunden zuvor Menschen gewaltsam abgeschoben wurden? Nicht nur Eltern sollten hierüber ihren Unmut kundtun: Post und mehr direkt an: Hansa Rundfahrt GmbH, Hegholt 57, 22179 Hamburg.

Schreibt eine Mail an 2016refugeesupport@riseup.net, wenn ihr regelmäßig Informationen zu diesem Thema erhalten möchtet. An diese Adresse könnt ihr euch auch wenden, wenn ihr selber Informationen weitergeben könnt oder die Gruppe Romano Jekipe Ano Hamburg finanziell oder materiell unterstützen möchtet. Diese benötigt dringend Hilfe, insbesondere in Form von haltbaren Lebensmitteln und Windeln. Solltet ihr mitbekommen, dass sich Polizei vor der Ausländerbehörde sammelt, dann habt ihr etwa eine halbe Stunde Zeit, bevor die Abschiebungen durchgeführt werden. Informiert uns oder die möglichen Opfer dieser Polizeieinsätze, damit diese gewarnt sind und sich vorbereiten können. Ein Infotelefon wird noch eingerichtet. Versucht Leute zur Ausländerbehörde zu mobilisieren, macht Fotos und dokumentiert alles, versucht den reibungsfreien Ablauf zu stören. Bringt diese menschenverachtende Abschiebepraxis in die Öffentlichkeit.

Berücksichtigt mensch, dass in dem sich in Bau befindlichem Abschiebelager am Flughafen Menschen bis zu vier Tage vor ihrer Abschiebung inhaftiert werden können, dann wird klar, dass hierzulande ein Paradigmenwechsel in der Abschiebepraxis stattfindet, der spätestens jetzt eine Reaktion alternativer Politiken fordert. Die Politik spricht sich hier auch ausdrücklich dafür aus, Kinder und Jugendliche zu inhaftieren, um das „Abtauchen“ einzelner Familienmitglieder zu verhindern.

Organisiert euch und achtet auf Ankündigungen. Erschaffen wir Strukturen und ein solidarisches
Miteinander mit Geflüchteten, setzen wir der Abschiebepraxis gemeinsam etwas entgegen und
bieten den Geflüchteten Schutz soweit es geht.“


III. Von Freund*innen des AZ Wuppertal erhielten wir am Montag folgende Korrespondenz:

„11. April 2015
Vor nicht einmal einem Jahr am 11. April 2015 wurde vor dem Autonomen Zentrum ein Antifaschist mit türkischem Migrationshintergrund von drei HoGeSa-Nazis angegriffen und mit mörderischer Gewalt durch mehrfache Messerstiche in den Rücken, Schlägen und Tritten lebensgefährlich verletzt.
Die Polizei verstärkt durch ihr Vorgehen den mörderischen Nazi-Angriff!

Im Anschluss an den Angriff agierte die Wuppertaler Polizei, konkret die Beamt*innen der Elberfelder Hauptwache Hofkamp, wie folgt:
Die Polizei, allen voran der Einsatzleiter dieses Abends Lonken, ging von Beginn an, ohne zu zögern von einer Täterschaft aus dem Autonomen Zentrum, sprich aus den Umfeld der von Polizei/Justiz und Staat verhassten Autonomen aus. Das führte dazu, dass die Ermittlungen sich nur auf das Autonome Zentrum konzentrierten. Ob es nur ein anti-emanzipatorischer Reflex war oder eiskalte Berechnung bleibt noch offen.
Die Polizei ging so weit, dass sie die bereits mit der Rettung des Opfers beschäftigten Rettungskräfte aus dem AZ kommandierte, da diese dort angeblich nicht sicher seien. Ein Rettungsassistent sagte jedoch deutlich vor Gericht aus, dass sie zu keiner Zeit in einer irgendeiner Gefahr ausgesetzt waren. Die Polizei zog ihr Programm dennoch durch und schleppte den lebensgefährlich Verletzten schließlich am Gürtel aus dem AZ.

Nur aufgrund der Tatsache, dass aus dem Täter-Umfeld heraus ein Krankenwagen in die Innenstadt gerufen wurde – da sich der brutale Nazi-Messerstecher selbst verletzt hatte – griff die Polizei noch in der Nacht den jetzt als Haupttäter vor Gericht stehenden Patrick Petri auf. Spätestens ab diesem Moment muss der Wuppertaler Polizei sonnenklar gewesen sein, wie falsch sie mit ihrem auf das AZ gerichteten Handeln lag. Aber anstatt sich ordentlich zu schämen und eines Besseren zu besinnen, verschleiert die Polizei, durch ihre noch in aller Frühe veröffentlichte Pressemitteilung, die wahren Ereignisse der Nacht mit eiskalten, berechnenden und dreisten Lügen. Die Besucher*innen des Autonomen Zentrums wurden als solch Durchgeknallte beschrieben, die sich lieber eine Schlacht mit der Polizei liefern als einem schwerstverletzten Freund zu helfen. Das ist besonders widerwärtig vor dem Hintergrund, dass es die Polizei war, die es in Kauf nahm die Situation für das Opfer noch einmal zu verschärfen. Auch die angeblich eingesetzten Schlagstöcke und das Pfefferspray müssen so dezent eingesetzt worden sein, dass es keine*r außer der Polizei selber, merkte.
Die Lügen in der Pressemitteilung waren aber nur der Anfang!

In der Folge des mörderischen Nazi-Angriffs – in der Nacht hat die Polizei übrigens außerdem noch das AZ durchsucht und trotz angebotenem Schlüssel alle Türen eingetreten – setzte die Polizei ihren Angriff auf die verhassten Autonomen, Punks usw. fort. Viele der anwesenden AZ-Besucher*innen erhielten Vorladungen als Beschuldigte in einem Verfahren wegen Mordversuch!
Die Wuppertaler Polizei verschickte diese auch noch, nachdem sie mit Petri schon einen dringend Tatverdächtigen hatte. Die Staatsanwaltschaft setzte das Vorgehen der Polizei eifrig fort.

Vergessen werden wir in dem Zusammgenhang auch nicht, die in den nächsten Monaten folgende Drangsalierung einzelner Aktivist*innen und die brutalen Übergriffe auf das Punx-Treffen im Sommer 2015 am Brunnen in der Elberfelder Innenstadt.

Es hört nicht auf!
Vor Gericht trat jetzt noch einmal Ungeheuerliches zu Tage. Thomas Pick, einer der Täter, der bekanntermaßen an dem versuchten Überfall auf eine Gedenkveranstaltung anlässlich des NSU-Bombenanschlags in der Kölner Probesteigasse am 19.01.2015 beteiligt war, hatte bereits am 23.Januar 2015 auf richterlichen Beschluss seine Handys der Polizei übergeben müssen. Über diese Handys stieß die Polizei auf eine “WhatsApp”-Gruppe mit mindestens hundert teilnehmenden Nazis und rechten Hooligans, die dort verschiedene Angriffsziele und Szenarien berieten und planten. Unter anderen wurde bereits zu diesem Zeitpunkt dort das Autonome Zentrum Wuppertal als ein Angriffsziel genannt. Als eine mögliche Angriffsart wurde auch ein Brandanschlag, mit Menschen im Haus(!), diskutiert. Die Polizei hielt es offensichtlich nicht für notwendig, die betroffenen Institutionen zu warnen oder etwa dieses Wissen in die Ermittlungen zu dem mörderischen Messerangriff einfließen zu lassen.