Nicolette Krebitz über »Wild«

ID 76778
 
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Wir sprachen mit Nicolette Krebitz über ihren Film »Wild«
Audio
11:33 min, 26 MB, mp3
mp3, 320 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 28.04.2016 / 21:42

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Klassifizierung

Beitragsart: Interview
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich:
Entstehung

AutorInnen: Redaktion Filmriss
Radio: RadioBlau, Leipzig im www
Produktionsdatum: 28.04.2016
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Jetzt da Leo DiCaprio endlich seinen Oscar hat, darf man’s vielleicht sagen: Die Szene mit dem Bären war enttäuschend. Das mag an den computergenerierten Bildern liegen, in denen die animalische Präsenz der Bärenmutter nicht wirklich spürbar wird. Als Gegenbeispiel kann man jetzt Nicolette Krebitz’ neuen Film bewundern, dessen männlicher Hauptdarsteller eigentlich ein Wolf namens Nelson ist, der mit der Volksbühnen-Schauspielerin Lilith Stangenberg eine Art Liebesbeziehung eingeht. »Wild« ist ein überwältigend originelles Experiment, dessen Balance in Sachen Geschmack und Stimmigkeit an manchen Stellen ins Wanken gerät, sich aber immer wieder um Haaresbreite fängt und damit unvergessliche Szenen schafft. Die blasse, dünnstimmig schüchterne Ania arbeitet als Mädchen für Alles in einer Agentur in Halle. Eines Tages trifft sie in einem Park in der Neustadt auf einen stattlichen Wolf. Fortan ist eine Sehnsucht in ihr entbrannt und sie schmiedet beherzt den Plan, ihn in ihre Plattenbauwohnung zu entführen. Anias Chef ist derweil fasziniert von ihrer neugefundenen Wildheit. Seine Angewohnheit, Ania mit einem Tennisballwurf an die dünne Trennwand ins Chefzimmer zu beordern, fängt in einem Bild seine kaum verborgene Aggressivität gegen Ania, aber auch die innere Gefangenheit in seiner Rolle als männlicher Boss ein. Das setzt ihn wiederum auf komplexe Weise mit Anias animalischem Liebhaber in Verbindung. Die Geschichte mit dem Wolf kann man mit Worten nicht erklären und sollte man auch nicht, um ihre archaische Wucht nicht zu banalisieren. »Wild« wird nicht jedem gefallen, weil man der Grundidee leicht mistrauen kann oder bei der Umsetzung – etwa in der »Liebeszene« zwischen Ania und dem Wolf – nicht mitgehen möchte. Nicolette Krebitz unterstreicht mit ihrem zweiten Film, dass sie eine der spannendsten Regisseurinnen Deutschlands ist und das entfesselte Spiel von Lilith Stangenberg fasziniert bis zuletzt.