Ein Fall von Greenwashing?! Garteneröffnung bei Vattenfall in Berlin

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Am 1. April 2017 eröffnete Vattenfall feierlich einen Gemeinschaftsgarten vor dem Heizkraftwerk in der Köpenicker Straße in Berlin. Eine Gruppe von etwa 20 Gartenaktivist*innen wollte das Bild der harmonischen Gartenarbeit nicht unkommmentiert stehen lassen und hielten Schilder wie „Ey Vattenfall, Grünkohle gibt es nicht!“
Ihr hört nun einen gebauten Beitrag, in der die verschiedenen Meinungen gegeneinander geschnitten sind.
Anmoderation im Beitrag bis Sek 46.
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Upload vom 14.04.2017 / 12:02

Dateizugriffe: 2797

Klassifizierung

Beitragsart: Gebauter Beitrag
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Umwelt
Entstehung

AutorInnen: kyra
Radio: Freies Radio Berlin, Berlin
Produktionsdatum: 14.04.2017
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Aufgrund der Eröffnung des Vattenfall-Gartens gab es eine Erklärung von Gartenaktivist*innen, die hier zu lesen ist.
Weitere Informationen u.a. auf http://urbangardeningmanifest.de


Vattenfall eröffnete am 1. April seinen „Gemeinschaftsgarten“ in Berlin – Gartenaktivist*innen protestierten gegen den Greenwashing-Garten

Leider war es kein Aprilscherz: Am 1. April 2017 eröffnete Vattenfall feierlich einen Gemeinschaftsgarten vor dem Heizkraftwerk in der Köpenicker Straße. Es herrschte aufgezwungen heitere Aufbruchsstimmung. Zahlreiche Vattenfall-Mitarbeiter*innen räumten auf und legten Beete an. „Pflanz was!“, dazu riefen bereits im letzten Sommer tausende Plakate von Vattenfall auf. Daran scheint zunächst nichts auszusetzen, engagieren sich doch viele Menschen für ein grünere Stadt. Allein in Berlin existieren 120 urbane Gärten: Gemeinschaftsgärten, Nachbarschaftsgärten, Selbsterntegärten, interkulturelle Gärten, Gartenarbeitsschulen.
Diese Gemeinschaftsgärten sind gut für die biologische Vielfalt, das Mikroklima, das Überleben der Bienen und auch für das Zusammenleben von Menschen mit unterschiedlicher Herkunft. Ihre positiven Werte haben sich inzwischen weit herumgesprochen. Leider versuchen Marketingabteilungen unterschiedlichster Konzerne inzwischen immer aggressiver, sich die Bilder und Sprache der Urban Gardening Bewegung anzueignen, um sich ein grünes Image zu geben; auch wenn ihre Produkte und Unternehmenspolitik im krassen Gegensatz zu den sozialen und ökologischen Werten stehen, wie sie in Gemeinschaftsgärten gelebt werden. Nicht selten stehen sie für Industrialisierung der Landwirtschaft, Wachstumswahn, Klimakatastrophen und ungebremsten Konsum. Die Liste dieser Aneignungsbestrebungen ist inzwischen so illuster wie lang: IKEA, BMW, Aldi, … um nur die bekanntesten zu nennen. Gegen dieses sogenannte „Greenwashings“ - das ökologische Aufhübschen des Unternehmensimages - sowie die „zunehmende Privatisierung und Kommerzialisierung des öffentlichen Raums“ wendet sich auch das Urban Gardening Manifest.
Das schamlose kopieren und Vereinnahmen urbaner Gärten zu Werbezwecken wirkt zwar auf den ersten Blick ungewollt komisch, aber insbesondere auch die damit verbundenen teuren Kampagnen stellt eine Bedrohung für die urbane Gartenbewegung dar. Die politischen, sozialen und ökologischen Ziele, für die sich Menschen in den Gärten meist ehrenamtlich einsetzen, drohen in den Hintergrund gedrängt zu werden.
Berliner Gartenaktivist*innen setzten deshalb ein Zeichen gegen die peinliche Gartenaktion von Vattenfall. Eine Gruppe von etwa 20 Gartenaktivist*innen wollte das Bild der harmonischen Gartenarbeit nicht unkommmentiert stehen lassen und hielten Schilder wie „Ey Vattenfall, Grünkohle gibt es nicht!“ in die für die Eröffnung bereitgestellten Kameras. Mit Schwämmen und Bürsten bewaffnet, wurde der Gehweg vor dem eingezäunten Garten „grün gewaschen“. „Aber Vattenfall will doch dasselbe wie ihr: Urban Gardening“, stellte eine Besucher*in erstaunt fest. Gelegenheit sich über die Unterschiede zu unterhalten und deutlich zu machen, dass das Engagement für soziale und ökologische Gerechtigkeit mit den Unternehmenspolitik Vattenfalls nichts zu tun hat.
Mit dem vermeintlichen „Nachbarschaftsgartens“ soll gezielt davon abgelenkt werden, dass das Energieunternehmen zu den größten Umwelt-, Gesundheits- und Klimaschädigern in der Region gehört. Sein Geld hat es nicht zuletzt mit der Verfeuerung von Braunkohle aus der Lausitz verdient, bekanntlich einer der klimaschädlichsten Formen der Energiegewinnung überhaupt. Dagegen hat im letzten Jahr die Kampagne „Ende Gelände“ einen breiten Protest mobilisieren. Nachdem Vattenfall nun sein schmutziges Braunkohlegeschäft an ein als „Energieheuschrecke“ verrufenes Unternehmen weiterverkauft hat, will Vattenfall nun offensichtlich sein Image mit urbanen Gärten aufputzen. Während Vattenfall sich klammheimlich von seinen Altlasten befreit und von dem Neueigentümer kein Einsatz für Klimagerechtigkeit, Umwelt- und Gesundheitsschutz sowie das Reparieren der Schäden in der Region zu erwarten ist, wird jetzt billige Symbolpolitik betrieben statt echte Verantwortung zu übernehmen. Wer über Jahrzehnte Millionen mit dem ungebremsten Verfeuern fossiler Energieträger verdient hat und das auf Kosten des Klimas, der Umwelt und zukünftiger Generationen, der kann sich nicht einfach mit ein paar symbolischen Gärten von dieser Verantwortung reinwaschen.


Weiterführende Links:

Urban Gardening Manifest:
http://urbangardeningmanifest.de/

Netzwerkseiten von urbanen Gärten
https://anstiftung.de/
https://gruenanteil.net/
http://stadtacker.net/SitePages/Homepage...

Vattenfall-Garten, Selbstdarstellung:
http://pflanz-was.vattenfall.de/
https://www.youtube.com/watch?v=NoI6GpXZjqk

Urbane Gärten leisten Widerstand gegen Vereinnahmung
http://www.nachbarschaftsakademie.org/ev...
http://www.allmende-kontor.de/images/all...

Ende Gelände
https://www.ende-gelaende.org/de/

Kommentare
17.04.2017 / 22:51 Radio Aktiv Berlin, Free-Mumia-Bündnis
Übernahmne für 19. April im PiV um 16 Uhr
Danke für den Beitrag
 
19.04.2017 / 18:45 Juliane Z., Radio T
gesendet
am 17.4. im Detektor. Danke.
 
06.09.2017 / 10:23 Tagesredaktion, free FM, Ulm
wird gesendet
Sendung um 15 Uhr. Vielen Dank.