Disrupt! Widerstand gegen den technologischen Angriff

ID 87825
 
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Über die Herrschaftsförmigkeit der Technologisierung sprach Lars von der Gruppe Çapulcu in dem Vortrag:
"Disrupt! Widerstand gegen den technologischen Angriff."
https://capulcu.blackblogs.org/
Audio
01:37:18 h, 67 MB, mp3
mp3, 95 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 04.03.2018 / 17:16

Dateizugriffe: 5022

Klassifizierung

Beitragsart: Anderes
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Andere, Wirtschaft/Soziales, Arbeitswelt, Politik/Info
Serie: Resonanz Con(tra)sens
Entstehung

AutorInnen: Resonanz Con(tra)sens
Radio: WW-TÜ, Tübingen im www
Produktionsdatum: 21.02.2018
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
"Technologie ist nie neutral, sondern immanent politisch." (Çapulcu)

Bereitwillig teilen Kund*innen und Nutzer*innen ihre Daten und ihr Geld, um mehr Daten und Geld zu produzieren und finanzieren so ihre eigene Fremdbestimmung.

Hinter Big Data stehen in Europa in erster Linie ökonomische Interessen.
Erst kommt das Sammeln von Daten, danach die Manipulation.


Wenn Daten gesammelt werden, geschieht das nicht ohne ein bestimmtes Interesse. Die Akteure der Digitalisierung und Technologisierung sind vor allem privatwirtschaftliche Unternehmen wie Amazon, Google, Facebook. Dabei steht aber nicht nur die Vereinfachung von Arbeitsprozessen und von alltäglichen Vorgängen wie Einkaufen im Vordergrund, sondern die eigene Profitmaximierung. Die Erfindung einer Technik ist dabei abzugrenzen von einer Technologisierung, die auf der Erfassung und Bewertung allerlei persönlicher Daten basiert: Arbeitsleistungen, Einkaufsmuster, Lebensgewohnheiten, Kommunikationswege werden vermessen und die Daten einer Statistik zugeführt. Auf dieser Basis werden Normen errechnet, die zur Bewertung persönlicher Lebensstile führt und zur "Entwertung" abweichender Verhaltensmuster. Es geht also um Verwertung ganz allgemein: Unternehmen machen sich die gesammelten Daten zueigen, und Betriebe "rationalisieren" ihre Arbeitsprozesse. Dahinter steht ein Profitinteresse, welches der Autonomie der Menschen entgegensteht. Big Data hilft dem Kapitalismus, sich schnell zu erneuern, ist aber auch abgekoppelt vom einbettenden Wirtschaftssystem kritisch zu betrachten: allein schon die Entblößung der individuellen Merkmale, zur (Selbst-)Optimierung erfasst, sind ein technologischer Angriff auf die Selbstbestimmung.
Die Auswertung von statistischen Daten findet in fast allen Bereichen Anwendung, zum Beispiel in der dynamischen Preisanpassung bei Versicherungstarifen - je nach Ernährungs- und Lebensgewohnheiten - oder im Supermarkt - angepasst an die individuelle Kaufkraft und Bedarf. Dabei spielt auch die anvisierte Abschaffung von Bargeld eine essentielle Rolle, denn nur so können Einkaufsgewohnheiten genau mitgeschnitten werden. Um bei nicht-normativem Verhalten nicht entwertet zu werden, oder um den eigenen "Sozialkredit" möglichst hoch zu halten, steigt der Anpassungsdruck auf den Menschen. Während in China die staatliche und soziale Kontrolle bereits über Social Scoring gehandhabt wird, können sich die persönlichen social-media-Kontakte hier beispielsweise auf die Wohnungssuche auswirken. Eine Regulierung von sozialen Fragen über technokratische Mittel führt zur Lenkung und Manipulation der IT-Nutzer*innen. Das Zusammenspiel von Big Data aus allen Bereichen ist die Grundlage des "technologischen Angriffs".
Dabei besteht eine fundamentale Kritik an der Technologisierung der Gesellschaft auch darin, dass kausale Zusammenhänge eine kleinere Rolle spielen als (zufällige) statistische Korrelationen. Ohne in irgendeiner Weise theoriegeleitet bzw. wissenschaftsorientiert zu sein, wird unser Zusammenleben von Abermillionen gesammelten Daten gelenkt.

http://www.wueste-welle.de/sendung/view/...