Indien hat letzte Woche eines der weitreichensten Gesetzte zur Netzneutralität festgeschrieben

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Anmod:
Während in den USA die Netzneutralität vorerst abgeschafft wurde, wurde in Indien letzte Woche eines der weitreichensten Gesetze für Netzneutralität festgeschrieben.
Eine groß angelegte Kampagne hat das Thema Netzneutralität seit 2015 ins Interesse der Öffentlichkeit gebracht. Eine beliebte Satiresendung hat die Auswirkungen wenn die Neutralität abhanden kommt sehr anschaulich dargestellt. Dann sind Indiens Softwareingenieure, Ingenieurinnen und Startups auf den Plan gekommen, dass ein paketisiertes Internet innovativen neuen Diensten im Weg steht. Herausgekommen ist ein weitreichendes Gesetz, das die Netzneutralität festschreibt. Letzte Woche ist die im IT-Ministerium angesiedelte Telekommunikationskommission dem Vorschlag der Telekom-Aufsicht TRAI gefolgt. Damit ist festgelegt, dass TK-Anbieter und Internet Service Provider alle Daten im Internet gleich behandeln müssen. Im Interview: Pavi, Free Software Aktivist aus Indien. Das Interview wurde letzten Dezember geführt, letzte Woche wurde das Gesetz von der Telekommunikationkommission des IT-Ministerimus bestätigt.

Abmod:
Das Interview wurde letzten Dezember geführt, inzwischen ist der Review abgeschlossen und letzte Woche wurde das Gesetz von der Telekommunikationkommission bestätigt. Das Gesetz gilt als eines der weitreichensten Gesetze für Netzneutralität weltweit.
Audio
07:41 min, 12 MB, mp3
mp3, 218 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 16.07.2018 / 21:23

Dateizugriffe: 1343

Klassifizierung

Beitragsart: Interview
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Wirtschaft/Soziales
Serie: Congress Radio
Entstehung

AutorInnen: fredi, congressradio
Radio: radio flora, Hannover im www
Produktionsdatum: 16.07.2018
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Wann hat die Diskussion um Netzneutralität in Indien angefangen und was war der Auslöser?

Pavi:
Die Diskussion um Netzneutralität in Indien hat angefangen, als Facebook einen neuen Tarif, namens Free Basics auf den Markt gebracht hat. Free Basics erlaubt dir den Zugriff auf ein Basisangebot an Webseiten. Wobei das Wort Basics von Facebook definiert ist. Das beinhaltet Wikipedia, Facebok, Twitter und andere Services, die Facebook gefallen. Und diese Dienste sind dann die einzigen, dies über den Free Basics Tarif umsonst gibt.

Als Facebook das Angebot auf den Markt gebracht hat, gab es eine groß angelegte Kampagne dagegen. Wie kam es dazu, dass sich eine große Bewegung gegen einen Internettarif gebildet hat.

Pavi:
Ich glaube es war schlechtes Marketing von Facebook. SIe haben eine große Werbekampagne gestartet, versprochen, das sie Free Basic anbieten, in etwa wie Free Food, als ob sie dem armen Indien eben etwas gutes für umsonst tun. Die Werbung hat also versprochen dem ganzen land einen großen Gefallen zu tun, wobei sie eben nur ihren Fuß in die Tür von Indiens Webindustrie bekommen wollten.

Nach dieser Kampagne gegen Facebook hat Indien jetzt eines der forschrittlichsten Gesetze, das die Netzneutralität festschreibt.

Pavi:
Indien ist ein sehr IT affines Land, es gibt sehr viele IT Ingenieure, die den Internet Protokollstack verstehen. Wir haben sehr viele Softwareingenieure, die verstehen, was ein Netzwerk ist und was eine Verbindung. Dieses Basiswissen wird in der IT-Ausbildung sehr gut abgedeckt. Als diese Leute eine Idee bekamen, was da grade abgeht, das es da nur noch Paketversionen des Internets geben soll und es die Neutralität verliert, das hat die ganzen gut ausgebildeten Leute irritiert.

In anderen Ländern versuchen Bürgerrechtsorganisiationen und die Free Software Bewegung das Thema Netzneutralität bekannt zu machen. Wer hat in Indien das Thema an die Öffentlichkeit gebracht?

Ja es war die Free Sofware Bewegung in Indien, die den Kampf angefangen hat. Es war eine sehr gut orchestrierte Kampagne gegen Facebook. Facebook hatte diese Webseite internet.org, das diese paketisierte Version des Internets angeboten hat. Die Free Software Bewegung hat dann die Webseite savetheinternet.in gestartet, die in der gleichen Farbe und Design wie die Facebook-Seite gestaltet war. Um sie zu verwirren, um den eigenen Content zu promoten. Die hatten damit wirklich erfolg. Es waren eine Menge Leute notwendig um dieses Netzneutralitätsgesetz durchzubekommen. Wir benötigen Leute in der Regierung, Lobbyisten, Leute aus der IT Industrie wir brauchen Leute, die den Diskurs über das Thema ändern. Ich glaube, die Free Software Bewegung hatte Erfolg darin. Und sie waren in der Lage die Medienaufmerksamkeit auf das Thema zu lenken. Die Massenmedien waren wirklich wichtig bei der Sachen. Insbesondere ein kleines Video von einer Comedy TV-Show namens All India Bakchod oder AIB. AIB ist eine Hindi-Englische sarkastische Comedyshow. Die Show hat das Thema Netzneutralität massenkompatibel und einfach aufbereitet. Was ist Netzneutralität und wie betrifft uns das. Ich empfehle allen das Video anzusehen. Ich hebe dieses Viseo so hervor, weil es wirklich geschafft hat die große öffentlichkeit, die Schüler und die normalen Leute auf der Straße zu erreichen. Ein lustiger Aspekt dabei ist, dass das Video gegen Facebook sehr stark über Facebook weiterverbreitet wurde. Nachdem das Youtube Video so weit verbreitet wurde ist auch die Mainstream Presse auf das Thema aufgesprungen und hat interviews mit den beteiligten Leuten gemacht und so weiter.

Als das Thema in den Medien diskutiert wurde sind die Startups aufgewacht und Indien hat viele Startups gerade im IT Bereich, die Ihre eigenen Webservices betreiben. Dass jemand wie Facebook kommt und alle anderen aus dem Netz schmeißen will, hat die Startups aufgerüttelt. Als sich dann noch die Startups in den Medien für Netzneutralität ausgesprochen haben hatte facebook verloren.
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Welche Inhalte hat das Gesetz genau? Es gibt ja verschiedene Formen die Netzneutralität einzuschränken. Was Facebook da in Indien probiert hat als einen großen Teil des Internets zu blicken war sicher ein besonders krasser Fall. Aber auch ander Methoden wie Zero-Rating, also die kommerziellen Besserstellung einzelner Services schränken ja die Netzneutralität ein. Wie weit geht das gesetz in Indien?

Pavi:
Laut dem neuen Gesetz darf kein Service Provider diskriminierende Tarife anbieten. Das bedeutet, dass du als Service Provider keinen unterschied zwischen Beispielsweise Inhalten von Netzflix und Youtube machen darfst.
Eine andere Regel, die festgelegt wurde war, dass kein Service Provider einen Vertrag mit Dritten eingehen darf , der das Verbot umgeht. Dass heißt du darfst keinen Vertrag eingehen, wenn dabei diskriminierende Tarife rauskommen. Das gab es in Indien schon als Atel, eine große Telekommunikationsfirma einen Vertrag mit Facebkok eingegangen ist und einen Tarif namens Facebook Zero angeboten hat. Dieses Angebot ist unter dem neuen Gesetz illegal. Und Atel muss eine Strafe zahlen.
Dies ist auch im Gesetz abgebildet, dass Strafzahlung als Abschreckmittel definiert wurden. Außerdem wurde beschlossen diese Gesetze nach zwei Jahren einem Review zu unterziehen, das ist jetzt bald. Es wird also demnächst erneute eine Debatte zu dem Thema in Indien geben.