Ich seh so gerne in die Ferne - Außer bei Deutschen immer gegen die Reisefreiheit - Das Reisemagazin für Passbesitzer

ID 15403
 
Die Deutschen reisen wie selbstverständlich in alle Winkel der Welt. Anderseits ist es ausländischen Touristen nur sehr schwer möglich ein Touristenvisum von deutschen Behörden zu bekommen. Zu hören gibt es Straßenumfragen, Reiseberichte, u.a. einer Radtour durch Afrika. Wie wird eine Verpflichtungserklärung auf der Ausländerbehörde unterschrieben? Was war der Visaskandal? Was ist Schengen? Wie bekommt man ein Visum? Die letzten 4:33 min können weggeschnitten werden (Musik)
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01:01:22 h, 28 MB, mp3
mp3, 64 kbit/s, Stereo (24000 kHz)
Upload vom 24.01.2007 / 19:13

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Klassifizierung

Beitragsart: Reportage
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Wirtschaft/Soziales, Internationales, Politik/Info
Entstehung

AutorInnen: AL
Radio: coloradio, Dresden im www
Produktionsdatum: 24.01.2007
keine Linzenz
Skript
Reiseziele
Titel

Die Sendung der nächsten Stunde beschäftigt sich mit dem Thema Reisen. Wir erfahren, wohin und warum Leute verreisen. Wir hören Reiseberichte und lassen uns von einer Fahrradtour von Deutschland nach Südafrika erzählen. Wir sehen noch mal nach, wie das mit dem Visa-Skandal war. Außerdem erfahren wir wie schwierig ein Schengen-Touristenvisum erhältlich ist und wozu Sie eine Verpflichtungserklärung bei der Ausländerbehörde unterschreiben müssen. Wir gehen in eine Reisekneipe und lassen uns erklären, wie Leute mit wenig Geld dank wwoof und Servas reisen können.


Viel zu oft mussten und müssen Menschen unfreiwillig auf Reisen gehen, wenn Sie beispielsweise vor Krieg, Naturkatastrophen, Not, Unterdrückung oder Verfolgung flüchten müssen. Es gab unter den Menschen aber immer auch das Bestreben sich mit Dingen zu befassen, die über die Befriedigung der Bedürfnisse Nahrung, Wohnung und Kleidung hinausgehen. Nur so konnten Kunst, Kultur, Religion, Philosophie und Wissenschaft entstehen. Deshalb ist der Mensch ein Mensch. Dazu zählt auch die Neugier, wie es in der Ferne aussieht, wie es hinter der letzten bekannten Stadt, hinter dem Gebirge oder hinter dem Meer ist. Um diese Neugier zu befriedigen, müssen Menschen reisen. In sozial gegliederten Gesellschaften ist es meist für Angehörige höherer Schichten einfacher zu reisen, weswegen diese das auch öfters taten und tun. Das liegt zum einen an den finanziellen Möglichkeiten und zum anderen an der Freiheit zum Reisen. Im Mittelalter und in der frühen Neuzeit durften viele Bauern wegen ihrer Abhängigkeit unter der Herrschaft eines Grundherren nicht ohne Erlaubnis ihr Dorf verlassen. Neben der Neugierde an der Ferne spielt auch die Angst vor dem Ungewissen eine Rolle. Trotzdem wird es wohl immer Menschen gegeben haben, bei denen die Neugierde an der Ferne überwog. Wir wissen, dass viele antike griechische Philosophen vor ihrer philosophischen Tätigkeit lange Reisen unternahmen, von denen sie viele Ideen mitbrachten, ohne denen ihre Werke undenkbar wären. Thales von Milet war in Ägypten; Pythagoras in Ägypten, Babylon und Italien; Demokrit reiste im 5. Jh. v. Chr. nach Ägypten, Babylon, Persien und bis nach Indien. Im Mittelalter reisten Händler, Spielleute, Könige und Adlige, Künstler und Studenten herum. Marco Polo reiste im 13. Jh. bis nach China. Viele Menschen unternahmen auch Pilgerreisen. Das war und ist in vielen Religionen verbreitet. Moslems pilgerten nach Mekka. Westeuropäische Christen pilgerten nach Jerusalem, Rom, Santiago de Compostela und zu vielen anderen Orten. Im Spätmittelalter und der frühen Neuzeit mussten Handwerksgesellen, die in Zünften organisiert waren, für einige Zeit auf Wanderschaft, auf die so genannte Walz gehen, um ihr Können und Wissen zu erweitern. Reisen kann den Austausch von Ideen und Wissen fördern. Durch Reisen kann man Einblick und Verständnis für andere Lebensumstände erhalten und sich in andere Kulturen hineindenken.

Die UNO hat 1948 die Menschenrechte erklärt. Im Artikel 13 Absatz 2 dieser Erklärung heißt es: „Jeder Mensch hat das Recht, jedes Land, einschließlich seines eigenen zu verlassen, sowie in sein Land zurückzukehren.“ Dieser Artikel wäre also auch eingehalten, wenn die Einwohner von Deutschland die Möglichkeit hätten, Deutschland nur nach Luxemburg zu verlassen. Richtige Reisefreiheit erkennt die UNO also nicht als Menschenrecht an. Die DDR erlaubte ihren Bürgern nur die Ausreise in die Ostblockstaaten. Während der politischen Wende 1989 war die Forderung nach Reisefreiheit eine wichtige Forderung, die am 9. November 89 bekanntlich zum Fall der Berliner Mauer führte. Dass das nicht zu einer universellen Reisefreiheit führte, sondern dass fortan nur die Deutschen überall hin dürfen, werden wir gleich sehen.


Fluggastbefragung auf dem Flughafen Dresden-Klotzsche über Reiseziele.


Wir erinnern uns: Im Dezember 2004 veranlasste die CDU im Bundestag einen Untersuchungsausschuss zum so genannten Schleuser-Skandal. Der Visa-Untersuchungsausschussleiter Hans-Peter Uhl (CSU) bezeichnete den ehemaligen Staatsminister im Auswärtigen Amt, Ludger Volmer, als „einwanderungspolitischen Triebtäter“. Es ging um Korruption, Kriminalität, Ukraine, Illegale und Visen, so ist es jedenfalls in der Erinnerung hängen geblieben. In der Folgezeit gingen die Umfragewerte des damaligen Außenministers Joschka Fischers zurück und Rot-Grün verlor die darauf folgenden Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen; weswegen die Bundestagswahlen auf den September 2005 vorgezogen wurden. Seitdem regiert Angela Merkel mit CDU und SPD. Der Spiegel titelte am 5. Februar 2005: „Politik paradox: Innenminister Otto Schily bekämpft den internationalen Menschenhandel, Außenminister Joschka Fischer beförderte ihn: Weil die Realität nicht seinem Multikulti-Traum entsprach, wurde sie vom grün geführten Außenministerium ignoriert.“ Weiter hieß es: „aber monatlich kamen weiter Tausende illegal über die Grenze. Sie mussten nicht einmal die Oder durchschwimmen oder sich im Schutz der Nacht ins Land schleichen: Sie brauchten nur zur Botschaft in Kiew, Minsk oder Moskau zu gehen und zu sagen, dass sie gern den Kölner Dom besichtigen würden.“ In der Öffentlichkeit ist das Bild entstanden, als wäre Deutschland überrannt wurden von Kriminellen, Schwarzarbeitern und Menschenhändlern, als wären Ukrainer gleich kriminell und als hätten unzählige Ukrainer einfach so nach Deutschland reisen können. Am meisten deutsche Visen wurden 2001 an Ukrainer vergeben: knapp 300 000. Zum Vergleich: Im Jahr 2001 reisten 33 Mio Deutsche ins EU-Ausland und 10 Mio Deutsche ins Nicht-EU-Ausland. Würde man die 10 Mio Deutsche, die 2001 ins Nicht-EU-Ausland gereist sind auf die Einwohnerzahl der Ukraine runterrechnen, käme man auf 5 Mio Touristen. Im Rekordjahr 2001 haben aber nur knapp 0,3 Mio Ukrainer von deutschen Behörden ein Visum erhalten. Also, wie kam es zu dem ganzen Wirbel? Ein Touristenvisum für Deutschland und damit für Schengen ist sehr schwer erhältlich, jedenfalls nicht an der Grenze. Es wird nur von der deutschen Auslandsvertretung erteilt und nur unter Vorlage einer Einladung mit Verpflichtungserklärung und unter Preisgabe vieler persönlicher Details. Das Visum ist so schwer erhältlich, dass sich Vertreter der Wirtschaft, Menschenrechtsgruppen und sogar FDP und CDU-Abgeordnete über die strenge deutsche Visumvergabepraxis beschwert hatten. Daraufhin trat im März 2000 ein Erlass des damaligen Staatsministers im Auswärtigen Amt, Ludger Volmer, mit folgenden Wortlaut in Kraft: „Nicht jeder Zweifel an der Rückkehrbereitschaft, sondern erst die hinreichende Wahrscheinlichkeit der fehlenden Rückkehrbereitschaft rechtfertigt die Ablehnung eines Besuchervisums. Wenn sich nach pflichtgemäßer Abwägung und Gesamtwürdigung des Einzelfalls die tatsächlichen Umstände, die für und gegen eine Erteilung des Besuchervisums sprechen, die Waage halten, gilt: in dubio pro libertate – im Zweifel für die Reisefreiheit.“ Während der Visaskandal die Öffentliche Diskussion beherrschte, waren die Deutschen mehrheitlich gegen die Reisefreiheit der Ukrainer, obwohl sie doch Reiseweltmeister sind und zum deutschen Wende- und Einheitsmythos die Reisefreiheit in Form des Mauerfalls gehört. Übrigens dürfen EU-Bürger seit Mai 2005 visafrei in die Ukraine reisen.


Straßenumfrage über Urlaubs- und Reiseziele


Tatjana:
Ich heiße Tatjana. Ich bin aus Russland, Jekaterinburg. Ich bin zu Besuch bei der Familie meines Freundes. Ich bin in der dritten Woche hier. Ich fuhr von meiner Stadt Jekaterinburg nach Moskau, von Moskau nach Berlin mit dem Flugzeug.

coloRadio:
War es leicht nach Deutschland zu kommen?

Tatjana:
Einen Flug zu nehmen: ja. Aber wenn Sie meinen, wie lange es dauert ein Visum zu beantragen, ist es nicht so einfach. Zuerst ist es notwendig nachzudenken, wann Sie Ihre Reise planen, zum Beispiel um zu Ihren Freunden zu fahren. Normalerweise ist es einen Monat vorher, wann Sie das Datum bestimmen, weil Sie mit Ihrer Arbeit planen, dass Sie Urlaub nehmen. Und Ihre Freunde laden Sie ein. Aber gewöhnlich machen es die Bürokraten länger. Zum Beispiel brauchte ich zwei Monate, um eine Einladung, eine Einfache, von meinen Freunden zu erhalten, um mich einzuladen.

coloRadio:
So schrieb Ihr Freund eine Einladung und schickte Sie Ihnen per Post?

Tatjana:
Nicht so einfach. Das Problem war eine spezielle Behörde in Deutschland, welche verantwortlich für das Schreiben von Einladungen ist. Und die wollen einige bestimmte Dokumente von der Person, welche einlädt. Es dauert, denk ich, zu lange. Diesmal dauerte es zwei Monate, in denen Sie überlegten eine Einladung zu geben, unter welchen Bedingungen. Zum Beispiel wollten sie in ein Konto einsehen mit mehr als zwanzig tausend Euro für meinen Aufenthalt hier. Es ist undenkbar, meine ich.

coloRadio:
Und dann bekamen Sie die Einladung. Und was war der nächst Schritt, um ein Visum zu bekommen?

Tatjana:
Als nächstes ging ich zum Konsulat meiner Stadt mit meiner Einladung mit einem Papier von meiner Arbeitsstelle, mit dem genauen Datum, wann ich in Deutschland sein möchte. Dann wurde aufgeschrieben, wie viel ich verdiene. Dann musste ich ein Papier dabei haben, dass ich Bargeld, fünfzig Euros pro Tag, mithabe. Es ist auch möglich ein Bankkonto zu eröffnen. Aber ich füllte solch ein Papier aus, dass ich Bargeld dabei habe von eintausend dreihundert Euro. Ich musste mit Rubel Euro kaufen, weil es hier Euro sind. Sie stellten ein spezielles Papier aus, dass ich diese kaufte. Ich bezahlte solch einen Betrag Rubel, es sind über vierzig tausend Rubel in etwa und kaufte eintausend dreihundert Euro. Dieses Papier gab ich mit allen Dokumenten an das Konsulat in meiner Stadt. Und mit all diesen Papieren, wie Kopie meines Reisepasses, dem Visumantrag, dem Brief, wie ich mit meinen deutschen Freunden bekannt bin. Ich musste eine Geschichte aufschreiben, wie wir kommunizieren während dieser Zeit; wissen Sie; ein Bisschen komisches Dokument, aber sie verlangten es, O.k. ich schrieb es. Kopie meines Reisepasses, dann ein Dokument, das ich unterschrieb, dass ich zurückkommen muss nach meinem Besuch, zurück nach Russland. Und ein weiteres Dokument, dass ich dafür verantwortlich bin, dass ich nicht heirate in Deutschland. Ich musste das alles beim Konsulat abgeben, und sie sammelten die Dokumente ein, sahen sich diese an, sie sagten: „O.k. 50 Euro Gebühr für das Konsulat. Und in einem Monat“, überlegten sie sich, dass ich eine Antwort bekommen werde, ob ich das Visum bekomme oder nicht. Da ist die Aussicht, dass sie mich zu einem Gespräch bitten können. Das bedeutet, ich bin hier in Jekaterinburg Das ist zwei tausend Kilometer von Moskau entfernt. Ich musste um fünf Tage Urlaub bitten, um nach Moskau zum Gespräch zu fahren. Es ist ein Risiko für jeden, der ein Schengen-Visum beantragt, weil das Konsulat normalerweise nur in Moskau ist. Russland ist solch ein großes Land. Aber glücklicherweise waren alle meine Dokumente in Ordnung. Sie hatten keine Fragen an mich. So bekam ich Das Visum einen Monat nach dessen Beantragung. Mhmmm, und nun bin ich hier.
Sie wissen, bei der Passkontrolle gibt es eine EU-Bürger- und eine Nicht-EU-Bürger-Passkontrolle. Und da stehen Frauen und Männer in der Schlange und sie kontrollierten ihre Pässe, fragten einige Fragen ob sie Rückflugtickets haben oder ähnliches. Und da waren einige Männer. Sie fragten nach deren Rückflugtickets. Hauptsächlich waren in dem Flugzeug russische Staatsbürger, mit dem ich von Moskau nach Berlin flog, Viele Russen waren vor mir in der Passkontrolle. Dort waren Männer und Frauen und ich sah einige Männer passieren. Sie fragten nach ihren Pässen und Tickets. Frauen vor mir fragten sie nach Bargeld, keinem Mann vor mir. Und sie baten auch mich das Bargeld zu zeigen. Das betrachtet ist wirklich Diskriminierung.


Verreisen ist sehr populär in Deutschland. Die Deutschen unternahmen von allen EU-Bürgern im Jahr 2004 die meisten Auslandsreisen. Nach der Statistik von Eurostat waren das in dem ganzen Jahr 66 ½ Millionen Auslandsreisen mit mindestens 4 Übernachtungen. Inlandsreisen unternahm die Deutschen 37 Millionen mal im Jahr 2004. Der Auslandstourismus bis in alle Winkel der Welt ist eine wichtige Einnahmequelle für Reisebüros und Reiseveranstalter. Man kann von einer richtigen Tourismusindustrie sprechen. In vielen Städten gibt es sogar Reisemessen, bei denen potentielle Kunden für Reiseprodukte mit Diavorträgen angelockt werden. Neben den klassischen Reiseveranstaltern, die Busfahrten mit Übernachtungen im Hotel anbieten, gibt es Reiseveranstalter, die sich auf Abenteuerreisen spezialisiert haben. Da wird die Teilnahme an einem Skimarathon bei Murmansk, Gipfelbesteigung in den Anden oder Kameltrekking durch die Sahara angeboten. Es gibt spezielle Buchläden, in denen es nur Landkarten und Reiseliteratur zu kaufen gibt. In Dresden kann man in einer so genannten Reisekneipe internationale Speisen und Getränke am regelmäßig stattfindenden Sahara-Stammtisch oder Russland-Stammtisch zu sich nehmen. Bewirtet wird man von Kellnern, die selbst längere Zeit im Ausland verbracht haben. Wöchentlich werden Diavorträge von Globetrottern gehalten. Ich habe mich in der Reisekneipe umgehört:

Interview in der Reisekneipe


Tatjana:
Natürlich ist es hier wunderschön, zum Beispiel in Dresden die Galerie Alte Meister, die zu besuchen ich so glücklich bin. Und viele andere Dinge können Sie in Deutschland sehen. Ich selbst würde zum Beispiel in einige Länder fahren, wie viele Russen. Ich war selbst interessiert auf eine touristischen Fahrt zu gehen. Eine gemischte Mehrere-Länder-Fahrt: Deutschland und Benelux. Ich fragte in russischen Reisebüros, wie sie das machen, wo sie das Visa beantragen, für welches Land und das Reisebüro bat normalerweise die französische Botschaft ein Visum für solch eine Mehrere-Länder-Fahrt zu geben; ein französisches Schengen-Visum für solch eine Mehrere-Länder-Fahrt, welche Frankreich, Benelux und Deutschland einschließt. Zum Beispiel wenn ich und einige andere Bürger von Russland einen Visumantrag stellen, müssen sie vorher ein Dokument abgeben, über ihr Einkommen. Es sollte nicht weniger sein als fünf oder vier hundert Euro im Monat. Und sie müssen Bargeld haben. Fünfzig Euro am Tag. Ich bin nicht sicher ob jeder deutsche oder russische Student oder französische Student dazu in der Lage ist. Zum Beispiel können russische Studenten nicht solch einen Geldbetrag haben. So wird ihnen das europäische Visum verweigert. So kann er nicht in die europäischen Länder fahren. Wissen Sie? Sie würden es mögen zu reisen. Aber es ist nicht wirklich möglich. Es macht den Eindruck, dass sie nicht Gäste aus Russland wollen, die nach Deutschland kommen. Es ist seltsam, aber es ist so.
Im November hörte ich in russischen Radionachrichten; in der Zeitung sie schrieben über Tourismus. Bustourismus ist in Russland sehr beliebt. Leute kaufen eine ganz billige Tour. Sie benutzen den Bus und reisen in einige Länder. Das ist Griechenland, nochmal sind es die Benelux-Länder, Finnland, verschiedene Länder. Im November, im Dezember wollten viele Leute in die Neujahrsferien mit dem Bus fahren. Und sie sahen, dass viele Visa abgelehnt wurden, weil sie dachten, es sind arme Leute, die keine Neujahrsurlaub machen wollten sondern in den Ländern bleiben. Wissen Sie? Es war eine sehr schlechte Überraschung und ein schlechtes Neujahrsgeschenk für diese Leute, die diese Fahrt kauften und für die Reisebüros, welche Misserfolge mit diesem Geschäft hatten. Wissen Sie? Aber vor kurzem sagten sie „Die Schengen-Länder mögen nicht Leute, die eine touristische Fahrt mit dem Bus kaufen oder so reisen. Sie würden sie wahrscheinlich ablehnen.“ Wissen Sie? Zum Beispiel sollte es geändert werden, dass die Leute einfacher in die europäischen Länder fahren können. Zum Beispiel Wissenschaftler in Russland, deren durchschnittliches Einkommen ist über einhundert fünfzig, zweihundert Dollar im Monat. So ist es weniger als es benötigt wird für den Visumantrag. So können sie nicht in europäische Länder fahren, unglücklicherweise, weil sie ein geringes Einkommen haben. Aber sie könnten versuchen etwas Geld zu sammeln, einige Monate sparen um zum Beispiel eine Busfahrt zu kaufen. Ihr Einkommensnachweis wird zeigen, dass sie weniger als vierhundert Euro Einkommen im Monat haben. Sie werden wahrscheinlich abgelehnt mit dem Visum. Sehr angeschissen sind auch Künstler. Gewöhnlich sind das auch keine so reichen Leute. Und natürlich Studenten. Die sind einfach sehr arm. Die sind gewöhnlich auch angeschissen vom Kurs der Europäischen Union. Ich habe den Eindruck, dass normale Leute, die versuchen alle Regeln und Gesetze zu befolgen und die alles richtig und einwandfrei machen, dass sie mehr Probleme haben als die Leute einer Art Mafia. Die kennen den Weg überall hinzugehen. Die finden den Weg. Sie machen.... Ich weiß nicht was sie machen. Wahrscheinlich bestechen sie jemanden. Sie gehen zu jedem Ort, zu dem sie wollen. Gewöhnlich leiden normale Leute unter bürokratischen Schwierigkeiten. Diesen Eindruck habe ich.


Interview über eine Reise nach Südamerika


Interview mit einem Dresdner Bürger über die Schwierigkeiten, bei der Ausländerbehörde eine Verpflichtungserklärung zu unterschreiben um weißrussische Freunde einzuladen, die ohne Einladung kein Visum bekommen hätten.


Der Flugverkehr hat einen großen Anteil an der globalen Klimaveränderung. Im Durchschnitt könnte man bei gleichem Energieeinsatz und damit gleich hohem Ausstoß des Klimagases Kohlendioxid für 3000 Flugkilometer mit dem Auto 7000 und mit der Eisenbahn 17000 km zurücklegen. Neben Kohlendioxid ist auch Wasser Bestandteil der Flugabgase. In den großen Höhen gefriert Wasser zu Kondensstreifen und Zirruswolken, welche wiederum den Treibhauseffekt verstärken.
Wer Flüge vermeiden will, reist mit öffentlichen Verkehrsmitteln, mit Bus und Bahn, Schiff und Fähre, wandert zu Fuß oder fährt mit dem Fahrrad. Von Westfalen bis nach Kapstadt, Südafrika, sind Ina Seeger und Alexander Büsing mit dem Fahrrad gefahren. Sie waren 1 ¾ Jahre unterwegs:

Interview mit Alexander Büsing über die Fahrradtour von Deutschland nach Südafrika


Für Bürger der meisten Nicht-EU-Staaten ist es unmöglich einfach ein Touristenvisum für die Schengen-Staaten zu bekommen. Die deutschen Botschaften geben solch ein Schengen-Visum nur bei der Vorlage einer Einladung mit Verpflichtungserklärung vom Einladenden aus Deutschland. Die Verpflichtungserklärung muss der deutsche Einladende bei der Ausländerbehörde des jeweiligen Landkreises oder der kreisfreien Stadt unterschreiben. Ich fragte bei der Ausländerbehörde des Landkreises Meißen nach.

Interview zur Verpflichtungserklärung mit einem Sachbearbeiter auf der Ausländerbehörde des Landkreises Meißen


Für einige Länder benötigen Bürger mit deutschen Pass ein Visum. Das Visum für Russland bekommt man nicht an der Grenze sondern auf der russischen Botschaft, wenn man eine Einladung eines russischen Bürgers vorlegen kann. Oder man besorgt es sich in einem speziellen Reisebüro:

Interview mit der Betreiberin des Reisebüros


Mit der Unterzeichnung einer Verpflichtungserklärung verpflichtet sich die Einladende für alle eventuell anfallenden Kosten wie Lebensunterhalt, Krankenbehandlung und Abschiebung des Gastes aufzukommen. Das wird vom Aufenthaltsgesetz geregelt. Im Paragraf 68 Absatz 1 heißt es:

„Wer sich der Ausländerbehörde oder einer Auslandsvertretung gegenüber verpflichtet hat, die Kosten für den Lebensunterhalt eines Ausländers zu tragen, hat
sämtliche öffentlichen Mittel zu erstatten, die für den Lebensunterhalt des
Ausländers einschließlich der Versorgung mit Wohnraum und der Versorgung im
Krankheitsfall und bei Pflegebedürftigkeit aufgewendet werden.“

Der Paragraf 66 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes erklärt genauer, was mit „Abschiebekosten“ gemeint ist: „Kosten, die durch die Durchsetzung einer räumlichen Beschränkung, die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung entstehen.“ Wie gesagt, es handelt sie um ein Gesetz für Touristen, die Deutschland besichtigen wollen.

Das Aufenthaltsgesetz ist erst seit 2004 bundesweit in Kraft:

Originalton Ausländerbehörde Meißen

Ob jemand in der Lage ist, für all die Kosten aufzukommen, wird von jeder Ausländerbehörde unterschiedlich entschieden. Eine genaue Reglung gibt es nicht, lediglich einen unverbindlichen Anwenderhinweis des Bundesinnenministeriums. Die entsprechenden Landesinnenministerien dürfen dazu unterschiedliche Erlasse geben. Ich habe auf Ausländerbehörden nachgefragt.
Bei der Einladung eines Gastes für 2 Wochen hätte in Dresden eine alleinstehende Person ohne Kinder und mit einer Monatsmiete von 250 Euro ca. 700 Euro im Monat brutto verdienen müssen. Im Vogtlandkreis hätten es schon 1050 Euro sein müssen. In Dresden wäre alternativ die Hinterlegung einer Kaution von 2500 Euro möglich. Wir haben in dieser Reportage gehört, dass ein Einladender im Vogtlandkreis 25 000 Euro hinterlegen musste. Nach meiner Anfrage hätte die Möglichkeit der Kaution dort lange diskutiert werden müssen. Im Vogtlandkreis hätte ich alles offenlegen müssen: die Einkommensnachweise, den Mietvertrag und den Personalausweis. Angaben hätte ich machen müssen zu Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Dritten, z.B. Kindern, eigenen Krankenversicherungen, Beiträgen zur Altersversorgung, Darlehen und Krediten sowie deren Höhe. Da es keine einheitlichen Vorschriften für alle Ausländerbehörden gibt, kann also auch eine fremdenfeindliche Leitung solch einer Behörde den Besuch von Freunden aus dem Ausland verhindern.


Ich sprach mit einem Vortragenden in der erwähnten Reisekneipe über seine Reise durch Südamerika.

Interview


Haben Sie Ihre finanzielle Situation in Deutschland auf der Ausländerbehörde offen gelegt, müssen Sie noch 25 Euro Gebühr bezahlen. Dann kann, wenn alles ausreicht, die Behörde „Bonität ist nachgewiesen“ ankreuzen. Hat die Behörde „Bonität ist nicht nachgewiesen“ angekreuzt, so muss der Antragsteller des Visums im Ausland sehr viel Geld auf der Botschaft nachweisen. Doch egal wie reich der Antragsteller des Visums ist, eine Einladung benötigt er trotzdem. Sie müssen die unterschriebene Verpflichtungserklärung Ihrem zukünftigen Gast zuschicken. Der muss damit persönlich bei der entsprechenden deutschen Auslandsvertretung erscheinen und folgendes mitbringen:
Die von Ihnen unterschriebene Verpflichtungserklärung, Passfotos, den Nachweis einer schengenweit gültigen Krankenversicherung mit einer Mindestdeckung von 30 000 €, einen aktuellen Kontoauszug als Nachweis der eigenen Finanzmittel, eventuell den Nachweis der Hotelunterkunft, Nachweise, die für seine Rückkehrwilligkeit sprechen, wie der Nachweis eines regelmäßigen Einkommens durch Arbeits- und Verdienstbescheinigung im Original und Vorlage des Arbeitsbuches, die Registrierung der eigenen Firma, Nachweis von Wohneigentum, Personenstandsurkunden wie Heiratsurkunden und Geburtsurkunden der Kinder.
Ich habe auf dem Konsulat in Sankt Petersburg angerufen: Die deutschen Botschaften und Konsulate prüfen die finanziellen Mittel, die Rückkehrbereitschaft und familiäre Verwurzlung des Antragstellers und stellen nur unter bestimmten Bedingungen ein Visum aus. Dieses kostet je nach Staat 35,- oder 60,- Euro. Für die Entscheidung, ob ein Visum erteilt wird, gibt es keine konkreten Vorgaben. Es geht also nach Einzelfall, oder anders ausgedrückt, nach der Willkür des Sachbearbeiters. Deutsche Auslandsvertretungen stellten im Jahr 2005 18 % weniger Visen aus als im Jahr 2004.

Hat jemand endlich das 3-monatige Touristenvisum bekommen, dann darf er damit auch in alle anderen Schengenstaaten. Die Auslandsvertretungen anderer Schengenstaaten, z.B. von Frankreich, sind nicht so hart bei der Erteilung von Schengenvisen, wie die Deutschen. Auf europäischer Ebene werden die Einreisevoraussetzungen von der EU-Verordnung (EG) Nr. 562/2006 festgelegt, auch Schengener Grenzkodex genannt, der etwas weniger streng als die deutschen Gesetze ist und z.B. nicht unbedingt eine Einladung mit Verpflichtungserklärung vorschreibt.


Reisende haben einen unterschiedlich großen Geldbeutel. Eine Kreuzfahrt oder die Übernachtung in Hotels mit Essen im Restaurant ist sehr teuer. Andere Reisende übernachten im Schlafsack kostenlos in der Wildnis, ernähren sich von Butterbrot und Nudelgerichten und fahren per Anhalter durch die Welt. Gerade in der Jugend ist es am spannendsten zu reisen und Erfahrungen zu sammeln. Gerade da haben die Meisten nicht viel Geld. Wer seine Reise verlängern möchte, versucht seine Reisekasse durch Arbeiten in der Ferne aufzubessern. Aber oft bleibt dies wegen gesetzlicher Beschränkungen in vielen Ländern auf Schwarzarbeit beschränkt. Manche arbeiten für freie Kost und Logis und lernen neue Freunde kennen. Manch eine hat in einem Kibbutz in Israel gearbeitet oder sich an einem Workcamp beteiligt. Wer mit wenig Geld reisen will, kann sich auch an diversen, fast globalen Netzwerken beteiligen, bei denen sich Reisende gegenseitig kostenlose Übernachtungen anbieten. Da gibt es Servas, für Radreisende gibt es die Warm-Showers-List, für Esperanto-Sprecher gibt es den Pasporta Servo und für Freunde der ökologischen Landwirtschaft gibt es die Liste von „World Wide Opportunities On Organic Farms“, kurz wwoof-Liste. Informationen über Servas, Warm-Showers-List, Pasporta Servo und WWOOF gibt es auch im Internet.

Interview mit Michael Michel über kostenlose Übernachtungen mit Servas und WWOOF.


Das Schengener Durchführungsübereinkommen ist nach dem kleinen Ort Schengen in Luxemburg benannt, wo es 1985 beschlossen wurde. Es sieht vor, die Grenzkontrollen zwischen den EU-Ländern für Waren- und Personenverkehr wegfallen zu lassen. Gleichzeitig ist die Zusammenarbeit der Polizei und die Weitergabe von Daten z.B. bei der Visumbeantragung zwischen den Schengenstaaten vereinbart. Der Wegfall der Binnengrenzen geht einher mit der stärkeren Absicherung der Außengrenzen, was auch als Festung Europa bezeichnet wird. Die strenge Visavergabepraxis der Schengenstaaten ist ein Teil davon. Nicht alle EU-Staaten sind Mitglied von Schengen im Sinne des Wegfalls der Binnengrenzkontrollen für Personen. Die Britischen Inseln gehören nicht dazu wie auch die neuen osteuropäischen Beitrittsländer. Letztere treten, mit Ausnahme von Bulgarien und Rumänien, voraussichtlich im Januar 2008 dem Schengenabkommen bei. Schengenmitglieder sind auch Nicht-EU-Staaten wie Norwegen, Island und einige Kleinstaaten.

Staatsbürger von Australien, Japan, Kanada, Neuseeland, Schweiz, USA und einigen anderen Ländern dürfen ohne Visum nach Schengen reisen. Es kommt also darauf an, ob man einen Reisepass eines erwünschten reichen Industrielandes besitzt, oder einen wertlosen Pass eines armen 3.-Welt-Landes. In dieser Hinsicht ist die Welt geteilt. Die globale Minderheit hat das Privileg überall hin zu reisen. Der Rest ist davon ausgeschlossen. Außer bei Deutschen und anderen 1.-Welt-Bürgern also immer gegen die Reisefreiheit?


Tatjana:
Aber es sollte geändert werden, es wäre schön.


Musik: Silly: Die Ferne

Kommentare
02.02.2007 / 14:53 Niko Martin, Alltag u. Geschichte, Radio Darmstadt
gesendet
Dieser Beitrag wurde bei uns am 29. Januar gesendet. Geplant war zu diesem Termin allerdings eine andere Sendung: Eine Sendung zu Mumia Abu Jamal von Walter Kuhl. Walter Kuhl wurde am 8. Januar 2007 vom Programmrat von Radio Darmstadt ein Sendeverbot ausgesprochen. Die Sendung von Walter Kuhl gibt es auf FRN - dort auch mit ein paar Hintergründen zu dem, meiner Meinung nach ungerechtfertigten, Sendeverbot: http://www.freie-radios.net/portal/content.php?id=15448
 
04.11.2007 / 10:49 Frau Mann, Wüste Welle, Tübingen
gesendet
gesendet in Full Moon am 3.11.2007. Hat mir inhaltlich sehr gut gefallen, aber bitte spart das nächste Mal nicht so an der Tonqualität!
 
21.05.2008 / 03:00 AL, coloRadio, Dresden
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