Nazi-Überfall in Mecklenburg-Vorpommern

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Nach den Riots im alternativen Studentenviertel in Rostock in der letzten Woche, die sich gegen einen Naziladen richteten hat die NPD Mecklenburg Vorpommern offenbar zu einem Rache-Feldzug aufgerufen. Und dieser Aufruf richtet sich an die brutale Neo-Nazi- Schlägertruppen aus den sogenannten freien Kameradschaften. Am Samstag kam es, in einem Dorf bei Rostock zu einem der übelsten Neonazi-Überfälle der letzten Wochen:

Der Angriff ereignete sich in dem Dorf Pölchow, wenige Kilometer vor Rostock. Etwa 70 Menschen wollten an den Gegenveranstaltungen zu einem NPD Aufmarsch teilnehmen und stiegen in Schwaan in den Zug in die Hansestadt. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich etwa 100 Neonazis in der Bahn. Zeugen machten unter ihnen auch die NPD-Landtagsabgeordneten Udo Pastörs, Stefan Köster und Tino Müller aus.

Am Haltepunkt Pölchow starteten die Neonazis ihren offensichtlich gut vorbereiten Angriff. Sie sperrten Fluchtwege ab und drangen von mehreren Seiten in den Zug ein. Ein Rechter mit Militärmütze und Lederhandschuhen, der bereits mehrmals vor dem Neonazi-Laden in Rostock gesehen wurde, brüllte: "Jetzt seid ihr dran". Daraufhin zerschlugen die Neonazis mehrere Scheiben, zogen mit äußerster Brutalität ihre Opfer einzeln aus dem Zug, traten und prügelten mit Zaunlatten auf sie ein. Ein Opfer wurde über einen Zaun eine mehrere Meter tiefe Böschung hinuntergeworfen. Mehrere Personen wurden bewusstlos geschlagen und hatten nach dem Angriff Gedächtnislücken. Ein Kleinkind erlitt Schnittwunden durch die eingeschlagenen Scheiben. Auf dem Bahnsteig lagen ganze Büschel ausgerissener Haare der Opfer. Zeugen berichten, dass die Neonazis ihren Angriff mit Digitalkameras und Handys fotografierten und filmten. Augenscheinlich befanden sich keine Polizeibeamten in dem Zug, die die Anreise der Neonazis zu überwachten oder gegen den Angriff einschritten. Erst nach 30 Minuten trafen Polizeieinheiten in Pölchow ein. Statt gegen die rechten Angreifer aktiv zu werden, nahmen sie die Personalien einiger Betroffenen auf und begannen damit, sie zu filmen. Festnahmen der Neonazis erfolgten nach Zeugenaussagen nicht. Anschließend wurden die Betroffenen zurück in den Zug gebracht und mussten mit den Tätern in einem Zug Rostock fahren. Dort wurden die Personalien der restlichen Angegriffenen aufgenommen. Zeugen beklagen, dass einige der traumatisierten, zitternden und weinenden Betroffenen von den anwesenden Polizeibeamten verhöhnt worden sind.

Die Angreifer unter anderem aus Berlin, Güstrow, Wismar, den Landkreisen Ostvorpommern und Bad Doberan konnten in Rostock unbehelligt an der Demonstration der NPD teilnehmen. Obwohl sie auf ihren Handys und Digitalkameras Beweismaterial mit sich trugen, griff die Polizei nicht ein. Judith sprach mit Tim.
Er arbeitet beim Verein Lobby- einem Netzwerk für die Beratung von Opfern rechter Gewalt in Mecklenburg-Vorpommern. Wir wollten wissen in wie weit denn die NPD, aus ihrer Sicht, in Nazi-Überfälle verwickelt ist.
Audio
08:40 min, 12 MB, mp3
mp3, 192 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 10.07.2008 / 10:25

Dateizugriffe: 563

Klassifizierung

Beitragsart: Interview
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Andere, Politik/Info
Serie: Corax-Widerhall
Entstehung

AutorInnen: tagesaktuelle Redaktion
Radio: corax, Halle im www
Produktionsdatum: 02.07.2007
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Kein Skript vorhanden.

Kommentare
03.07.2007 / 09:54 RDL, Radio Dreyeckland, Freiburg
gesendet
zip-fm vom 3. Juli