Congress Radio 24C3 - Interview Anne Roth "Was ist Terrorismus?" - Eine Bloggerin geht in die Öffentlichkeit und macht ihr Schicksal von totaler Überwachung in Deutschland öffentlich

ID 20349
 
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Ein Leben als Terroristin/Verdächtige abseits der Normalität. In vielen
medialen Berichten ist von Überwachungsszenarien zu lesen und die
Folgen. Aber nur die Vorstellung allein ist zu abstrakt um sich real
davon ein Bild zu machen.

Realität wurde dies vor wenigen Monaten für eine Berliner Familie. Früh
morgens: Ein Sturmtrupp der Polizei stürmt eine Wohnung in Berlin.
Nichts ahnend wird in die Wohnung eingedrungen und der Familenvater wird
wegen Verdachts als Mitglied einer Terrorzelle, genannt "militante
Gruppe", verhaftet und abgeführt.

Ab diesem Zeitpunkt ist das Leben weder für den Familienvater der in
Untersuchungshaft in Moabit einsitzt normal noch für die zurück
gebliebene Mutter mit 2 Kindern.

Das Leben beginnt wie in schlechten Filmen zu einem Albtraum zu werden.
Die Familie wird 24 Stunden überwacht, Emailverkehr gelesen, Telefone
werden abgehört und kein Schritt mehr im öffentlichen Raum, egal ob auf
der Strasse oder in der Strassenbahn, ohne Begleitung von Mitarbeitern
des Verfassungsschutzes getan.

Als unbescholtene Bürger werden sie auf Schritt und Tritt begleitet und
das, obwohl Anne Roth nur die Lebensgefährtin ist und nicht wegen
Terrorismus so wie ihr Lebensgefährte in Untersuchungshaft sitzt,
sondern sich frei bewegen kann. Dennoch ist nichts mehr wie es war.

Egal ob ein Gespräch mit der Mutter oder anderen Verwandten, Freunden.
Alle mit ihr stehenden Personen werden ab sofort in das Radar der
Polizeiermittlungen eingebunden und überwacht.

Dies unter dem Hintergrund der in Deutschland geltenden BKA-Gesetze, die
ja in der aktuellen politischen Debatte gerade noch weiter verschärft
werden sollen.

Es genügt scheinbar am falschen Ort zur falschen Zeit sich aufzuhalten,
um in die Rasterfahndung und Totalüberwachung der Behörden zu geraten.

Es kann jeden von uns treffen, die Lage ist ernst.

Scheinbar braucht es Opfer des Überwachungswahnsinns die auch mediale
Bedeutung erlangen, damit die Überwachungsbedürfnisse der Behörden auch
sichtbar werden, um zu realisieren wie ernst die Lage ist u. wie ernster
sie noch werden kann, wenn erst mal die Vorratsdatenspeicherung in
Europa flächendeckend greift.
Audio
25:42 min, 24 MB, mp3
mp3, 128 kbit/s, Stereo (48000 kHz)
Upload vom 07.03.2008 / 05:10

Dateizugriffe: 1814

Klassifizierung

Beitragsart: Interview
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Andere, Politik/Info
Serie: Congress Radio
Entstehung

AutorInnen: Manfred Krejcik / netwatcher.at / ORANGE 94.0 Wien
Kontakt: radio(at)netwatcher.at
Radio: , Wien im www
Produktionsdatum: 29.12.2007
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Manfred Krejcik(Radio Netwatcher / ORANGE 94.0 das Freie Radio
in Wien) sprach mit Anne Roth über den Alltag der Totalüberwachung
mitten in Deutschland u. wie man damit zurecht kommt, dass jedes
gesprochene Wort, jede Videoüberwachung durch das Schlafzimmerfenster
penibel genau dokumentiert wird und vom Verfassungsschutz kommentiert
ohne Einfluss zu haben ob die Aufzeichnungen einer sachlichen
Richtigkeit entsprechen.

Ein Interview das betroffen macht und jede/n von uns erwischen kann.
Wenn man keinen Rückhalt hat, schnell Job, Wohnung u. Existenz verlieren
kann und damit ins totale Aus stürzen kann.

Anne Roth hat sich nach der Verhaftung ihres Lebensgefährten
entschlossen an die Öffentlichkeit zu gehen und ihr Schicksal zu
bloggen. Damit bekam dieser Fall von Überwachungswahnsinn gegen
politisch links stehende und andersdenkende Menschen eine besondere
Facette von Realität und kein Film mit schlechtem Drehbuch.

Link zum Weblog von Anne Roth
http://annalist.noblogs.org/

Bericht Indymedia
http://austria.indymedia.org/node/9042

Kommentare
01.01.2008 / 12:07 theo,
gesendet am 30.12.2007 19.00 - Sendeplatz "Frei für Aktuelles, Wissenswertes, auch Lockeres aus Politik und Gesellschaft"
danke für diesen wirklich wichtigen Beitrag
 
01.01.2008 / 13:42 Manfred Krejcik / Red. Netwatcher v. O94, Orange 94.0
Feedback von Anne Roth auf unseren Beitrag
Anne Roth verlinkte sofort dieses Interview von ihrem Weblog und hat uns nachher nochmal aufgesucht. Sie bat uns noch darauf hinzuweisen, dass man strickt trennen muss. Sie als normale Familie um die Ecke zu bezeichnen trifft hier in diesem Fall nicht zu. Da sie engagierte, politisch Aktive Menschen sind, Anne u. ihr Lebensgefährte trifft die Rasterfahndungen u. die derzeitige Totalüberwachung sie besonders, weil sie zu jenen gehören die immer dann ins Radar der Mächtigen fällt, wenn man politisch aktiv ist, wenn man sich für Gegenöffentlichkeit engagiert, wenn man einer Minderheit oder einer bestimmten Volksgruppe angehört. Sie sind politsch aktive links stehende Menschen und werden daher auch ins Visier genommen. Wir in der Redaktion meinen aber der nächste Schritt einfach dann wenn alle politisch andersdenkende mal verfolgt wurden, Minderheiten ebenfalls ins Überwachungsradar fällt. Dann ist der Schritt zur totalen Überwachung für jeden nur noch der logische Schritt. Das zeigt die Geschichte die sich immer wieder wiederholt. Das zeigen Interviews mit BM-Innenminister Schäuble mit der TAZ, wo er auf Fragen wie dem nächsten Schritt oder wie es in der Zukunft sein wird. Nicht mal mehr abschreitet, dass all dies nur ein Vorgeschmack ist auf das was uns noch bevorsteht. Denn erbegründet sein tun damit, dass auch Sicherheit ein Menschenrecht sei. Nur mit "Freiheit statt Angst" scheint er wenig anfangen zu können sondern ist derart nur in eine Richtung gepolt. Überwachung, Überwachung .. willkommen im Jahr 1984 gruss aus Wien, Manfred
 
01.01.2008 / 13:55 Manfred Krejcik / Red. Netwatcher Wien, Orange 94.0
Hinweis auf einen 2. Beitrag mit Anne Roth
Da dieser Fall sehr exemplarisch ist, wie es in der Realität aussieht, wenn man mal davon betroffen ist. Da man ja so lange ein Thema wie Überwachung nur sekundär wahrnimmt so lange man selbst nicht betroffen ist. Das wäre vergleichbar wie Armut, Rassismus, Umweltkatastrophen, etc. ... das Abhören von Telefonen oder das Mitlesen von Emails wird ja meist nicht wahrgenommen passiert im Hintergrund unbemerkt oder was passiert, wenn Betroffene von der Übewachung Kenntnis erlangen, dann passen sie ihre Sprache u. ihr Verhalten an. Damit wird Überwachung zur Farce, weil man dann bewusst Fehlinformationen streut, das nennt die Exekutive Konspiratives Verhalten. Dabei spielt Subversives Verhalten eine logische Rolle um diesen psychischen Druck etwas entgegen zu halten. Bei Rückfragen an unsere Redaktion: radio at netwatcher.at Jetzt der Hinweis auf das 2. Interview, ebenfalls auf dem 24C3 aufgenommen: In jedem Fall gibt es noch ein 2. Interview mit Anne Roth, Besonderheit ist, dass Anne Roth von einer Frau interviewt wurde und dies besonders spannend ist. link: http://www.freie-radios.net/portal/content.php?id=20354