Liebe in der Kulturindustrie Teil 1/2

ID 29245
 
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Die Gruppe "Wider die Natur" richtet vom 15.8. bis zum 5.10. eine Veranstaltungsreihe in Erfurt aus, in der Spielfilme auf Liebesbilder und -modelle hin untersucht werden sollen. Die Filmanalysen sollen Aufschluss über das historisch entstandene Liebesleben in der bürgerlichen Gesellschaft geben. Im Anschluss daran soll eine Kritik der romantischen Zweierbeziehung formuliert werden. Ein Gespräch mit einem der Veranstalter.
Audio
04:09 min, 974 kB, mp3
mp3, 32 kbit/s, Mono (22050 kHz)
Upload vom 29.07.2009 / 23:48

Dateizugriffe: 1019

Klassifizierung

Beitragsart: Interview
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Frauen/Lesben, Schwul, Kultur
Entstehung

AutorInnen: Lukas
Radio: corax, Halle im www
Produktionsdatum: 29.07.2009
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
„Ich schau Dir in die Augen, Kleines“ – Liebe in der Kulturindustrie

15.8.-5.10.2009, Erfurt: Liebe in der Kulturindustrie
Ein Tagesworkshop „interdisziplinäre Filmanalyse“ und drei Filmabende

Sexismus als strukturelles Machtverhältnis zwischen Männern und Frauen ist heute wie vor 65 Jahren alltäglich. Obwohl die rechtliche Gleichstellung fast vollständig erkämpft ist, verdienen Frauen in der Regel immer noch weniger als Männer, haben in den selben Arbeitsbereichen die niedriger angesehen Jobs und kümmern sich mehr um Kinder als um Autoreparaturen. Ein wichtiger Baustein zur Erklärung dieser Beobachtung ist die romantische Zweierbeziehung. Mann und Frau, als gegensätzlich aber sich ergänzend konstruiert, kommen hier zusammen, um ihrer Bestimmung als Paar nachzukommen. Fragt man dann nach, warum sie das tun und warum in der Beziehung die Männer mehr Zeit mit Lohnarbeit verbringen als mit Windelnwechseln, erfährt man oft, daß man sich partnerschaftlich darauf geeinigt hat. Man sieht: Die Subjekte, die sich in sexistischen Verhältnissen bewegen (müssen), empfinden so, daß das Erfüllen geschlechtsspezifischer Anforderungen als eigener, echt empfundener Wunsch daher kommt.
Wir wollen diese Verhältnisse an Beispielen aus der Kulturindustrie untersuchen. Hollywood und Babelsberg stricken am Bild von echten Kerlen und sinnlichen Frauen, epischen Dramen und der Erlösung in den Armen des oder der signifikanten Anderen. Dabei sind die gezeigten Szenen zwar oft übertrieben und stereotypisiert, gleichwohl aber nahe genug an den Erfahrungen der ZuschauerInnen, um erkennbar und erstrebenswert zu sein. Zur Auseinandersetzung mit vergeschlechtlichenden und vergeschlechtlichten Liebesszenen veranstalten wir einen Tagesworkshop und drei Filmabende mit zeitgenössischen Filmen, in denen Liebe eine wichtige Rolle spielt.
Im Tagesworkshop am 15.08.2009 werden wir den Film „Haben (oder nicht)“ (Frankreich 1995) einer interdisziplinären Filmdiagnose unterziehen. Die anschließenden Filmabende bieten Zeit zur Diskussion entlang der jeweiligen Liebesgeschichten.

Interdisziplinäre Filmanalyse als Zeitdiagnose

Für viele ist es paradox, dass mit Unterhaltungskino (Spielfilm) Bildung vermittelt werden kann. Wir verstehen Bildungsvermittlung als ein Nachzeichnen von Wegen eigener Erkenntnis. Spielfilme, die wir für unser Konzept der politischen Filmbildung als geeignet empfinden, erzählen Geschichten von Erkenntnissen im gesellschaftspolitischen Kontext. Die grundsätzliche Bedeutung von Konflikten für die menschliche Entwicklung ist dabei ein Kern unseres Konzeptes der politischen Filmbildung. Deshalb sehen
wir für unser Konzept der politischen Filmbildung ausschließlich Spielfilme vor, die nicht nur Erkenntnis vermitteln, sondern auch den Weg zur Erkenntnis zeigen. Der Film bietet zudem als Medium die Möglichkeit für Gruppen, den ProtagonistInnen des Films gleichzeitig und gemeinsam beim Denken und Fühlen zuzuschauen. Die gestalterische Komplexität der Erzählung durch Ton und Bild wird als leibliche Erfahrung mit vielerlei emotionalen Reizen erlebt. Dadurch ist das Medium u. E. näher an Bildung als z.B. der Roman. Der Film erlaubt das gemeinsame Erleben eines gemeinsamen Wissensstands (Reproduzierbarkeit des Films) als Ausgangsbasis, dessen Gestaltung und Inhalt in der Gruppe durch gemeinsame Deutungsarbeit zugänglich gemacht werden kann. Es ist uns wichtig, darauf hinzuweisen, dass wir in unserem Konzept der politischen Filmbildung dem Spielfilm gegenüber nicht von vornherein ideologiekritisch vorgehen, sondern an den jeweiligen Film zuerst dessen immanente Kategorien anlegen. Unser Konzept sieht deshalb vor, die Gefühle der RezipientInnen, die die Filmsichtung provoziert, als Übertragung der eigenen Lebensentwürfe auf den Film bzw. die Filmhandlung zu deuten und diese für die Filmanalyse fruchtbar zu machen. Erst am Ende der Analyse widmen wir uns explizit dem konkreten gesellschaftlichen Kontext, mit dem der Film und unsere Deutungen zu lesen sind.

Termine:

15.08.2009, 10.30-18.30 Uhr, Altes Innenministerium
Tagesworkshop: Interdisziplinäre Filmanalyse als Zeitdiagnose: Liebe im Kapitalismus. Mit Anke Prochnau und Felix Lenz. Bitte anmelden unter widerdienatur@arranca.de

07.09.2009 – 20.30 Uhr, Offene Arbeit Erfurt, Film: Casablanca

21.09.2009, 20.30 Uhr, Offene Arbeit Erfurt, Film: Im Staub der Sterne

05.10.2009, 20.30 Uhr, Offene Arbeit Erfurt, Film: Matrix

Eine Reihe von Wi(e)der die Natur, in Kooperation mit dem Bldungskollektiv Biko, der Offenen Arbeit Erfurt und der Rosa-Luxemburg-Stiftung

Kommentare
11.08.2009 / 10:41 theo,
gesendet 10.8.2009 zw. 21.00-21.30 in "Vermischtes"
danke