Focus Europa # 19 vom 31.03.10

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1. Nachrichten
2. Interview mit Constanze Kurz vom Chaos Computer Club zum Thema Sperrung von kinderpornographischen Internetseiten
http://www.rdl.de/index.php?option=com_c...
3. Interview mit Andreas Linder vom Flüchtlingsrat Baden-Württemberg zu Sozialleistungen für AsylbewerberInnen
http://www.rdl.de/index.php?option=com_c...
Audio
28:22 min, 26 MB, mp3
mp3, 128 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 31.03.2010 / 19:15

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Klassifizierung

Beitragsart:
Sprache:
Redaktionsbereich: Wirtschaft/Soziales, Internationales, Arbeitswelt, Politik/Info
Serie: Focus Europa
Entstehung

AutorInnen: Julia, Niels
Radio: RDL, Freiburg im www
Produktionsdatum: 31.03.2010
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Nachrichten:
1
Nach den Anschlägen in der Moskauer U-Bahn am Montag bleibt die Lage gespannt. Am Mittwochmorgen haben zwei Selbstmordattentäter im russischen Nordkaukasus mindestens zwölf Menschen mit in den Tod gerissen. Die Täter zündeten ihre Sprengsätze kurz hintereinander in Kisljar in der Republik Dagestan.
Wie die russische Nachrichtenagentur Itar-Tass meldet, detonierte ein in einem Auto vor einer Schule. Zum Zeitpunkt der Explosion seien keine Kinder in dem Gebäude gewesen. Bei dem zweiten Anschlag habe es sich um einen Selbstmordattentäter gehandelt, der sich in einer Polizeiuniform in die Luft sprengte. Dabei wurde der Polizeichef der Region getötet.
Muslime in Moskau beklagen, dass sich die Haltung der Bevölkerung bereits nach den Anschlägen vom Montag geändert habe. Als “nicht-slawische” Personen werden sie nun häufiger von der Miliz kontrolliert. Wie in „Euro-News“ berichtet, wurden heute zwei Kopftuchträgerinnen in der U-Bahn angerempelt. Die neuen Anschläge in der Republik Dagestan könnten die Situation für russische Muslime weiter verschärfen.

2
Das serbische Parlament hat sich für das Massaker von Srebrenica während des Bosnienkriegs im Juli 1995 entschuldigt. Nach langer Diskussion stimmten die Abgeordneten in der Nacht zum Mittwoch mit knapper Mehrheit einer Resolution zu, in der sie den Hinterbliebenen ihr Mitgefühl aussprechen. Die Kriegsverbrechen wurden scharf verurteilt. Vertreter der muslimischen Minderheit kritisieren aber, dass das Wort „Völkermord auf Druck von Nationalisten gestrichen wurde. Erst danach war eine Entscheidung für die Entschuldigung überhaupt möglich geworden.
Vom UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag war das Massaker in mehreren Urteilen gegen Beteiligte als Völkermord eingestuft worden.
Das Massaker gilt als das größte Kriegsverbrechen in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg. Serbisches Militär und paramilitärische Truppen unter dem Kommando General Mladics hatten im Juli 1995 dort bis zu 8000 Muslime getötet. Das Massaker zog sich über mehrere Tage hin und verteilte sich auf eine Vielzahl von Tatorten in der Nähe von Srebrenica. Die Täter vergruben tausende Leichen in Massengräbern. Mehrfache Umbettungen in den darauf folgenden Wochen sollten die Taten verschleiern.
3
Die deutsche Bundesregierung verweigert sich dem Klimaschutz.
Der vergangene Woche vom Bundeswirtschaftsministerium präsentierte Vorschlag zur Umsetzung einer EU-Richtlinie zur Energieeffizienz wird von verschiedenen Seiten scharf kritisiert. So prophezeit die Verbraucherzentrale Bundesverband, der deutsche Gesetzentwurf werde kaum etwas ändern.
Ziel der EU-Richtlinie mit dem sperrigen Titel "Endenergieeffizienz und Energiedienstleistungen" ist die Erhöhung der Energie-effizienz in der Europäischen Union. Die Mitgliedss
taaten wollen dadurch innerhalb von 9 Jahren 9 % Energieeinsparung erreichen.
Die Bundesrepublik hat die Umsetzung dieser Richtlinie über Jahre verschleppt Ein nationales Gesetz wäre bereits 2008 fällig gewesen und musste von der EU durch die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens forciert werden.
Christian Noll, Experte für Energie-effizienz beim BUND kritisierte den aktuellen deutschen Gesetzentwurf gegenüber Radio Dreyeckland wie folgt:

AudioZITAT

4
Die EU-Komission legt am heutigen Mittwoch einen Entwurf für das Europäische Bürgerbegehren vor.
Demnach werden eine Million Unterschriften notwendig sein, um die EU-Kommission zu einer Gesetzesinituiative aufzufordern.
Unklar ist noch, wieviele Mitgliedsländer sich an einem europäischen Bürgerbegehren beteiligen müssen, damit es wirksam wird. Ebenso offen ist, ob digitale Unterschriften akzeptiert werden und wie eine Umsetzung des Bürgerbegehrens durch die Kommission sichergestellt werden kann.
Der Entwurf muss auch noch von Parlament und Ministerrrat gebilligt werden.
Die Möglichkeit eines europäischen Bürgerbegehrens ist im Lissabonvertrag festgeschrieben, harrt aber noch der konkreten Umsetzung.

5
In Europa geht die Debatte um ein Verbot gegen die Vollverschleierung muslimischer Frauen in eine neue Runde. So ist auch Belgien auf dem Weg zu einem möglichen Burka-Verbot. Ein Parlamentsausschuss billigte am Mittwoch einstimmig einen Gesetzesentwurf, der die vollständige Verschleierung von Körper und Gesicht in der Öffentlichkeit untersagt. Noch im April soll der Entwurf dem Parlament zur Abstimmung vorgelegt werden.
Danach dürften Kleidungsstücke wie Burka und Nikab, die das Gesicht ganz oder fast ganz verhüllen, in der Öffentlichkeit nicht mehr getragen werden. Das Verbot würde Straßen, Parks, Sportanlagen und öffentliche Gebäude einschließen. Würde eine Frau voll verschleiert angetroffen, müsste sie mit einer Geldstrafe und/oder Haft bis zu sieben Tagen rechnen.
Der Entwurf wird von der Regierungsmehrheit getragen, aber auch von Oppositionsparteien wie den Grünen und dem rechtsextremen Vlaams Belang.
Bereits am Dienstag wurde einer muslimischen Lehrerin im wallonischen Charleroi wegen ihres Kopftuches erneut der Zugang zu ihrer Klasse verwehrt. Eine städtische Vorschrift verbietet Lehrern "jedes religiöse oder philosophische Symbol" im Unterricht. Die Stadt hatte die Vorschrift nach einem Rechtsstreit erst am Montag verabschiedet.
Auch in Frankreich, wo die meisten Musliminnen in Europa leben, ist die Debatte in vollem Gange. Die französische Regierung plant, ein umfassendes Burka-Verbot einzuführen. Der französische Staatsrat beurteilte diese Pläne jedoch als verfassungswidrig.
Diskussionen um das Kopftuch als Symbol des Islam und ähnliche Kleidungsstücke spalten immer wieder Europas Bevölkerung. Bei der Debatte geht es um den Ganzkörperschleier Burka und den Nikab, eine Kopf- und Gesichtsbedeckung, die nur einen schmalen Schlitz für die Augen freilässt.

2. Interview zu Internetsperrung
Die Sperrung von Seiten mit kinderpornographischem Inhalt wurde in der Bundesrepublik lange heiß diskutiert – zuletzt jedoch nicht mehr verfolgt. Justizministerin Leutheuser-Schnarrenberger propagiert nun stattdessen die Löschung von Kinderporno-Seiten, womit sie die Zustimmung von KritikerInnen wie dem Chaos Computer Club erhält
Eben erst verschwunden aus der deutschen Debatte, taucht nun das Thema Internetsperren
auf europäischer Ebene wieder auf: Diesen Montag hat die EU-Kommission den Vorschlag einer Richtlinie zum Schutz der Kinder vorgestellt, die wieder Internetsperren als zentrales Mittel vorsieht.
Wir sprachen mit der Sprecherin des Chaos Computer Club, Constanze Kurz, über ihre Haltung zu Internetsperren.

3. Interview Sozialleistungen Asylbewerberinnen
Hartz IV bleibt im Gespräch. Die einen freuen sich über das Verfassungsurteil vom Februar und hoffen auf mehr Geld, die anderen heizen die Sozialdebatte mit Gerede über Sozialschmarotzer und Arbeitsscheue an. Doch kaum jemand spricht über die wirklichen Verliererinnen der deutschen Sozialgesetzgebung. Flüchtlinge bekommen in Deutschland bislang noch viel weniger Sozialleistungen als Deutsche, denn sie unterliegen dem Asylbewerberleistungsgesetz. Können sie nun auf eine Angleichung hoffen? Andreas Linder vom Flüchtlingsrat Baden-Württemberg bezweifelt das.

Kommentare
04.04.2010 / 10:10 theo,
gesendet 1.4.2010 / 20.00
danke