Focus Europa #036 vom 29.04.2010

ID 33766
 
I. Nachrichten

1. Fortschritte bei den Verhandlungen über das Griechenland-Rettungspaket
2. USA verletzen mit ihren Drohnenangriffen in Pakistan das Völkerrecht, so Juristen in einem Ausschuss des US-Repräsentantenhauses
-3.EU-Parlamentspräsident Buzek besucht Washington
4. Bei einem Angriff auf internationale Beobachter in der Nähe von Oaxaca sind zwei Menschen getötet worden
5. Neues Abkommen zwischen EU und Indien erschwert künftig Versorgung vieler Drittweltländer mit Medikamenten
6. Verband Entwicklungspolitik deutscher Nichtregierungs-Organisationen (VENRO) fordert Nachbesserungen bei der EU-Afrika-Strategie


II. Die heutige Bedeutung des 1.Mai in Osteuropa

"Mir Trud Mai" - Die "Frieden-Arbeit-Mai"-Parolen sind in Osteuropa längst vergessen. Während es in Westeuropa zu großen Massendemonstrationen mit Ausschreitungen kommt, verliefen die Demonstrationen in den meisten osteuropäischen Ländern sehr gemäßigt oder fanden gleich gar nicht mehr statt.


III. Der Iran und der Westen - Ein Interview mit dem Oppositionspolitiker Harun-Mahdavi

Dr. Massoud Harun-Mahdavi, zur Zeit des Schahs im Iran Bürgermeister einer der größten Städte des Landes, heute einer der wichtigsten Oppositionspolitiker, stand uns für ein Interview zur Verfügung.
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Klassifizierung

Beitragsart: Magazin
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Politik/Info, Kultur, Umwelt, Religion, Arbeitswelt, Internationales, Wirtschaft/Soziales
Serie: Focus Europa
Entstehung

AutorInnen: Alex und Viktoria
Radio: RDL, Freiburg im www
Produktionsdatum: 29.04.2010
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
I. Nachrichten:

- Fortschritte bei den Verhandlungen über das Griechenland-Rettungspaket

Die Vertreter von EU und IWF einigten sich über die Grundsätze eines milliardenschweren Sanierungs-Pakets für Griechenland.
Über alle Details der damit verbundenen Sparmaßnahmen, die der griechischen Regierung auferlegt werden sollen, wurde noch nicht entschieden.Am heutigen Donnerstag hieß es nach einem Treffen des Ministerpräsidenten Papandreou mit Arbeitgeberpräsidenten und Gewerkschaftsführern, die Bezüge von Rentnern und Staatsbediensteten sollen deutlich gekürzt werden. Außerdem solle die Mehrwertsteuer von derzeit 21 Prozent um 2 Punkte erhöht werden. Auch die steuerlichen Abgaben auf Benzin, Tabak und Alkohol sollen steigen. Ziel sei es, das griechische Staatsdefizit von derzeit 13,6% innerhalb von drei Jahren um zehn Prozent zu verringern.

Zugleich kündigten die beiden großen griechischen Gewerkschaftsverbände für kommende Woche einen weiteren umfassenden Generalstreik an. Die Arbeitsniederlegungen sind für den 5. Mai in Athen geplant. Die Gewerkschaften haben zusammen rund 1,3 Millionen MitgliederInnen. Der für 24 Stunden angesetzte Streik soll sich gegen den Sparkurs der griechischen Regierung und die Maßnahmen der Europäischen Union, der Europäischen Zentralbank und des Internationalen Währungsfond richten.

Olli REHN, Mitglied der Eropäischen Kommission für Wirtschaftsfragen, verkündete am heutigen Donnerstag in einer Pressekonferenz die Einigung auf das Maßnahmenpaket und betonte. dass die Rettungsmaßnahmen nicht nur für Greichenland, sondern für die ganze EU, die Beschäftigung und den Binnenmarkt von großer Bedeutung seien:
(O-Ton Nachricht Griechenland)


- USA verletzen mit ihren Drohnenangriffen in Pakistan das Völkerrecht, so Juristen in einem Ausschuss des US-Repräsentantenhauses.
Die Juristin Mary Ellen O'Connell beurteilte die Aktionen des Geheimdienstes CIA als klare Verletzung des Völkerrechts, und der Jurist Kenneth Anderson kritisierte die Geheimhaltung über die MAßnahmen des Programms. Andere Stimmen in dem Ausschuss sagten dagegen, feindliche Kräfte seien stets ein legitimes Angriffsziel.


- EU-Parlamentspräsident Buzek besucht Washington
Am heutigen Donnerstag, den 19. April, eröffnete Jerzy Buzek, der Präsident des Europäischen Parlaments, in Washington ein Verbindungsbüro für die Beziehungen zum US-Kongress. Im Rahmen seines Washington-Besuchs hatte Buzek am Dienstag und Mittwoch u.a. Gespräche mit Vizepräsident Joe Biden, Außenministerin Hillary Clinton und der Präsidentin des Repräsentantenhauses Nancy Pelosi geführt.
Buzek betonte bei dieser Gelegenheit, dass die USA und die Europäische Union angesichts der gemeinsamen Herausforderungen enger zusammenarbeiten sollten. Außenministerin Clinton gegenüber gestand der Parlamentspräsident ein, dass [Zitat] "die EU von dieser Seite des Atlantiks aus gesehen manchmal ziemlich kompliziert erscheinen mag. Aber die EU ist recht erfolgreich  und es ist auf jeden Fall besser, langweilig zu sein, als sich zu bekriegen.“, so Buzek.
(O-Ton Buzek Pressekonferenz)
Am kommenden Donnerstag, den 6. Mai, wird im Gegenzug der US-Vizepräsident Joe Biden die EU besuchen und im Plenum des Europäischen Parlaments sprechen, verriet der Pressesprecher von Jerzy Buzek, Richard Freedman, Radio Dreyeckland in einem telefonischen Exklusivinterview.

- Bei einem Angriff auf internationale Beobachter in der Nähe von Oaxaca sind zwei Menschen getötet worden.
Maskierte Männer hatten die Gruppe von Beobachtern vor dem Dorf San Juan Copala beschossen. Unter den Angegriffenen befanden sich auch Journalisten und Vertreter der Volksversammlung von Oaxaca, so die Menschenrechtsorganisation Pro Juarez.

- Neues Abkommen zwischen EU und Indien erschwert künftig Versorgung vieler Drittweltländer mit Mediakmenten
Ein geplantes Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und Indien droht die Behandlung von Aids und anderen schweren Krankheiten in Entwicklungsländern zu verteuern. Der Zugang zu günstigeren Generika, das heißt Nachahmer-Medikamenten mit gleichen Wirkstoffen, werde durch die neue Regelungen erheblich erschwert. Das sagte der Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen für das Recht auf Gesundheit, Anand Grover, gegenüber der Presse. So sollen für die Patente der Medikamente längere Laufzeiten gelten, bislang waren es 20 Jahre. Indien ist ein großer Produzent von Ersatzmedikamenten, was für die Hersteller der wesentlich teureren Original-Medikamente ein erhebliches Ärgernis darstellt. Mit den bisher in Indien hergestellten Medikamenten werden vor allem Enwticklungsländer versorgt.

Verband Entwicklungspolitik deutscher Nichtregierungs-Organisationen (VENRO) fordert Nachbesserungen des Aktionsplans der EU-Afrika-Strategie.
In Reaktion auf die Ergebnisse eines Ministertreffen zwischen Vertretern afrikanischer Regierungen und der EU in Luxembourg forderten NGO-Experten Korrekturen vor allem bei der Geschlechtergerechtigkeit und der Unterstützung ländlicher Regionen. Ulrich Post von VENRO bezeichnete die Vorschläge als in keiner Weise zufriedenstellend. Mit den offenen Fragen solle sich der kommende Afrika-EU-Gipfel im November in Tripolis befassen.


II. Die heutige Bedeutung des 1.Mai in Osteuropa

"Mir Trud Mai" - Die "Frieden-Arbeit-Mai"-Parolen sind in Osteuropa längst vergessen. Während es in Westeuropa zu großen Massendemonstrationen mit Ausschreitungen kommt, verliefen die Demonstrationen in den meisten osteuropäischen Ländern sehr gemäßigt oder fanden gleich gar nicht mehr statt.
Der Erste Mai ist immer noch gesetzlicher Feiertag in vielen osteuropäischen Staaten, aber es ist nur ein arbeitsfreier Tag, aber kein richtiger Feiertag als Tag der Arbeit oder Kampftag der Arbeiterbewegung, wie beispielsweise in Polen. Beschrieben wird auch die Bedeutung des 1. Mais in Tschechien und Russland, rechtsradikale Aufmärsche an dem Tag und die Aktionen des Künstlers Artem Loskutov.
Artem Loskutov, ein bekannter zeitgenössischer Aktions- und Videokünstler aus Novosibirsk, wurde am 15. Mai 2009 auf offener Straße von einer Antiextremismuseinheit der russischen Miliz festgenommen. Unterstellt werden ihm „extremistische Vorbereitungen" und Drogenbesitz. Der eigentliche Grund ist seine Kunst und die unbequemen Fragen, die er stellt.

Was ist normal: diese Frage stellen die Künstler der Gruppe „Die Omi nach dem Begräbnis" und Artem Loskutov unter dem Motto: „Das Absurde der Macht kann nur mit Absurdem beantwortet werden“. Durch Brüskierung und Provokation zwingen die Künstler ihre Zuschauer, eigene Positionen zum Zustand der russischen Gesellschaft zu beziehen.
"Es kann nur eine Antwort auf den unendlich vielfältigen Appetit der Macht geben: Die Zukunft gehört unserem Lachen!" „Yyyt!“, „Spülen Sie, wenn Sie fertig sind!“, „Wo bin ich?“, "Gehirne für das Volk" – sind seit 5 Jahren Parolen auf der alternativen 1. Mai-Demonstration in Nowosibirsk – die neben und gegen die „normalen“ vor allem nationalistischen Parolen der traditionellen Demonstranten stehen.



III. Der Iran und der Westen - Interview mit Oppositionspolitiker Harun-Mahdavi

Dr. Massoud Harun-Mahdavi, zur Zeit des Schahs im Iran Bürgermeister einer der größten Städte des Landes, heute einer der wichtigsten Oppositionspolitiker, stand uns für ein Interview zur Verfügung. Er lebt heute im Exil in Deutschland. Hier hatte er ursprünglich auch studiert und seine zukünftige Ehefrau kennengelernt. Später war er noch zur Zeit des Schahs Bürgermeister einer größeren Stadt im Iran, wurde dann aber verhaftet und kam ins Gefängnis. Nach der Revolution von 1979 hatte er dann als Ingenieur für das Verteidugungsministerium gearbeitet, bevor er aufgrund seiner Vorstellungen eines säkularen und demokratischen Irans Schwierigkeiten bekam und aus politischen Gründen das Land verlassen musste.

Wir haben mit Dr. Harun-Mahdavi über die heutige Situation im Iran gesprochen, das Atomprogramm der Regierung und die Bedeutung wirtschaftlicher Sanktionen der EU und des Westens gegenüber dem totalitären Regime.