25.05.2010 23 Jahre Volkszählungsboykott

ID 34192
 
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Martin Wiedemann war einer der zentralen Organisatoren des Volkszählungsboykotts in der Boykotthochburg Freiburg im Breisgau. Er gibt Auskunft über die Hintergründe sowie den ablauf der aktion und verortet den Boykott im Kontext der Sozialen Bewegungen.
Achtung: Beitrag für FOCUS EU 25.05.2010
Audio
07:27 min, 10 MB, mp3
mp3, 192 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 23.05.2010 / 18:32

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Klassifizierung

Beitragsart: Interview
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Politik/Info
Entstehung

AutorInnen: Benedikt Strunz
Radio: RDL, Freiburg im www
Produktionsdatum: 23.05.2010
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Vorschlag Anmoderation:
Das Thema Datenschutz ist heute aktueller denn je. In Zeiten, in denen Fingerabdrücke pro Forma auf Reisepässen gespeichert werden. In Zeiten in denen Überwachungskamera-Netze immer lückenlosere Bewegungsprofile ermöglichen und in denen die RFID-Technik das Horrorszenario einer voll personalisierbaren Demonstration, längst in den Bereich des Möglichen gerückt hat, scheint George Orwells Roman „1984“ ein gutes Stück weit Realität geworden. Denn: Der Staat verfügt heute über so viele Informationen über seine Bürger, wie niemals zuvor in der Geschichte. Und das gilt nicht nur für die BRD sondern nahezu für alle europäischen Staaten. Und die Datensammelwut geht weiter. Aktuelle Beispiele hierfür lassen sich in den unlängst beschlossenen Versammlungsgesetzen in Baden-Württemberg und Bayern finden. Aber auch im neuen ELENA-Verfahren oder in der immer dichteren elektronischen Überwachung von Demonstrationen.

Doch so aktuell das Thema Datenschutz hierzulande auch sein mag, es ist keineswegs ein neues Thema, sagt auch Martin Wiedemann. Wie tausende anderer Menschen in der BRD werte sich Martin Wiedemann 1987 gegen die Volkszählung. Innerhalb weniger Monate nach bekanntwerden der Idee, einer Zählung und Erfassung der Deutschen Bevölkerung, in der u.a. auch sehr intime Details erhoben werden sollten, formierte sich hierzulande ein beträchtlicher Widerstand, der sich von der Radikalen Linken, über das Bürgerliche Spektrum, bis hinein in SPD, Grüne und FDP erstreckte. Die Politik reagierte ziemlich nervös. KritikerInnen wurden unter Terrorismusverdacht gesteckt, die Jung-Liberalen mancherorts gar unter Beobachtung des Verfassungsschutzes gestellt.
Heute vor 23 Jahren sollte dann eigentlich der Stichtag der Volkszählung 1987 sein. Über 1 Million Menschen folgten damals dem Boykottaufruf, viele andere machten bewusst falsche Angaben. Bis heute sind deshalb die statistischen Ergebnisse der letzten großen Volkszählung höchst umstritten.