Focus Europa #054 vom 3.6.2010

ID 34396
 
Nachrichten:

1. Die europäische Kommission legt Vorschläge vor für neue Rechtsvorschriften zur europaweiten Überwachung von Kredit-Ratingagenturen.
2. Staatlichen Übergriffe gegen indigene Bevölkerungsgruppen im indischen Odisha setzen sich trotz internationaler Proteste fort.
3. Großteil der Aktivisten der Gaza-Hilfsflotte von Israel wieder freigelassen.
4. Entwicklungsminister Niebel will nun doch mehr Geld für die Entwicklungszusammenarbeit einsetzen.
5. Fußball-WM in Südafrika liegt laut aktueller Studie im wirtschaftlichen Abseits

Beitrag 1:
Karawane Festival für die Rechte von Flüchtlingen und MigrantInnen im Juni 2010 in Jena
Vereint gegen koloniales Unrecht – unter diesem Motto findet vom 4. bis 6. Juni 2010 in Jena das Karawane-Festival für die Rechte von Flüchtlingen und MigrantInnen statt.
Zahlreiche Gruppen sind in das Karawane-Netzwerk eingebunden – die Initiative ging dabei vor allem von der Organisation „The Voice – Africa/Refugee-Forum“ aus.
Wir sprachen mit Osaren Igbinoba, Gründungsmitglied von The Voice und Mit-Koordinator des Karawane-Festivals.

Beitrag 2:
Wie bildet sich die Europäische Identität?
Sind Menschen mit Migrationshintergrund die „besseren“ Europäer?
Ist so etwas wie eine „europäische Identität“ bei Menschen, die schon wegen ihres Migrationshintergrundes bereits mehrere Identitäten haben, vielleicht sogar eher zu finden?
Viktoria hat mehrere kurze Interviews mit „neuen Deutschen“ zu diesem Thema geführt.
Audio
27:54 min, 26 MB, mp3
mp3, 128 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 03.06.2010 / 20:20

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Klassifizierung

Beitragsart: Magazin
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Politik/Info, Kultur, in anderen Sprachen, Umwelt, Sport, Arbeitswelt, Internationales, Wirtschaft/Soziales
Serie: Focus Europa
Entstehung

AutorInnen: Alex, Viktoria, Johanna
Radio: RDL, Freiburg im www
Produktionsdatum: 03.06.2010
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Nachrichten:

1. Die europäische Kommission legt Vorschläge vor für neue Rechtsvorschriften zur europaweiten Überwachung von Kredit-Ratingagenturen.
Erste Vorschläge zu Vorschriften für Kredit-Rating-Agenturen waren bereits im Rahmen des neuen EU-Systems für die Überwachung der Finanzindustrie entwickelt worden und sind im vergangenen Jahr von den EU-Staats- und Regierungschefs verabschiedet worden. Doch im Zuge der Finanzkrise werden von Experten jetzt noch strengere Kontrollen für diese privaten Unternehmen gefordert.
Investoren verlassen sich auf Ratingagenturen, um sich über das Risiko bestimmter Vermögenswerte zu informieren. Diese Agenturen haben daher großen Einfluss auf die Stabilität der Finanzmärkte, aber auch auf die Verfügbarkeit und vor allem die Kosten von Krediten. Die Agenturen waren kritisiert worden, weil sie die Risiken zu gering eingeschätzt und damit erheblich zur Finanzkrise beitgetragen hatten. In den letzten Wochen wurde ihnen außerdem vorgeworfen, die Finanzkrise in Griechenland durch ihr Handeln massiv verschärft zu haben.
Bis jetzt erfolgte die finanzielle Überwachung zumeist auf nationaler Ebene. Mit dem geplanten neuen System wird die Schaffung einer Europäischen Aufsichtsbehörde gefordert, die alle in der EU registrierten Rating-agenturen direkt überwachen soll, also auch die europäischen Niederlassungen außereuropäischer Agenturen, von denen viele in New York ihren Sitz haben.
Nach den am Mittwoch vorgelegten Vorschlägen hätte die ab 2011 arbeitsfähige Aufsichtsbehörde das Recht, Ermittlungen einzuleiten, Untersuchungen an Ort und Stelle vorzunehmen sowie Strafen und Geldbußen vorzuschlagen. Die zentrale Beaufsichtigung der Agenturen soll zu größerer Transparenz der Agenturen und einem besseren Schutz der Anleger führen, außerdem sollen langfristig Instrumente zur Kontrolle von leitenden Angestellten der Agenturen entwickelt werden.

2. Staatlichen Übergriffe gegen indigene Bevölkerungsgruppen im indischen Odisha setzen sich trotz internationaler Proteste fort.
Survival International, die Organisation für die Rechte indigener Völker, fordert eiligst eine Untersuchung der zunehmenden Gewalt gegen indigene Gruppen im Bundestaat Odisha in Indien. Unter anderem habe die indische Polizei in eine Menschenmenge geschossen, die unter anderem gegen das Unternehmen TATA demonstrierte.
Auch die Tochterunternehmen Jaguar, Land Rover und Corus gehören zur TATA-Gruppe. Bereits letzten Monat hatte die Polizei das Feuer auf indigene Gruppen eröffnet, die gegen ein geplantes Stahlwerk von TATA auf ihrem Land demonstrierten. Ein Mann kam dabei ums Leben, weitere wurden verletzt. Der Vorfall ereignete sich in der Kalinganagar Region im indischen Bundesstaat Odisha.
Ein Mitglied des Munda-Volkes, starb bei den Übergriffen. Mindestens neun weitere Personen wurden verletzt, als die Polizei und private Milizsoldaten in die Menge der Demonstranten schossen. Der Protest richtete sich gegen das Stahlwerk und den damit einhergehenden Straßenbau.
Der Neffe des Verstorbenen berichtet als Augenzeuge: „Die Polizei griff an, vertrieb uns aus unserem Dorf und schlug uns alle zusammen – alte Frauen, Kinder und kleine Mädchen. Mein Onkel trug mein Kind auf dem Arm, als man ihm in den Rücken schoss.”
Die indigene Bevölkerung der Kalinganagar Region wehrt sich bereits seit Jahren gegen das TATA Projekt. Im März diesen Jahres gab es 20 Verletzte, als die Polizei und andere das Feuer auf ein Dorf der indigenen Baligotha eröffneten. Zeugen sagten aus, dass die Häuser zerstört wurden und Kerosin in Trinkwasserbrunnen geschüttet wurde.
Auch in einer anderen Region in Odisha unterstützen die Behörden den Übergriff eines Konzerns auf die Landressourcen einer indigenen Bevölkerungsgruppe:
Die Dongria Kondh von den Niyamgiri Bergen in Odisha protestieren gegen eine auf ihrem Land geplante Mine. Der Bergbaukonzern Vedanta Resources will gegen den Willen der ansässigen Bevölkerung Minen einrichten. Auch hier berichten unabhängige Beobachter in den letzten Wochen von zunehmenden polizeilichen Übergriffen gegen die indigene Bevölkerung.

3. Großteil der Aktivisten der Gaza-Hilfsflotte von Israel wieder freigelassen.
Reporter ohne Grenzen hatte in einer Meldung vom Mittwoch Abend von den israelischen Behörden die Freilassung der restlichen, sich noch in Haft befindenden Journalisten gefordert. Von den ursprünglich rund 60 inhaftierten 60 Medienschaffenden seien am Abend des 2. Juni noch 16 in der Haftanstalt in Be’er Scheva festgehalten worden, meldete die Nichtregierungsorganisation.

„Wir rufen die israelischen Behörden dazu auf, alle Journalisten freizulassen und ihnen ihre vom Militär beschlagnahmte Ausrüstung zurückzugeben“, forderte Reporter ohne Grenzen am Mittwoch abend.
Mittlerweile seien laut internationaler Pressemeldungen vom Donnerstag fast alle der Inhaftierten wieder freigelassen worden. Ob sich unter den wenigen nicht wieder Freigelassenen noch Journalisten befinden, ist zur Stunde noch nicht sicher feststellbar.
Der türkische Außenminister Davutoglu bezeichnete die Stürmung des türkischen Schiffs durch die Militärs als einen (Zitat) „Akt der Piraterie“, wogegen das israelische Sicherheitskabinett die Stürmung des Schiffs und die Gefangennahme der Aktivisten noch einmal rechtfertigte. Es habe sich (Zitat) „um einen Akt der Selbstverteidigung gehandelt“, so die israelische Regierung.

4. Entwicklungsminister Niebel will nun doch mehr Geld für die Entwicklungszusammenarbeit einsetzen.
Die entwicklungspolitische Organisation ONE hat in einer Meldung vom Donnerstag die Notwendigkeit von Steigerungen des Entwicklungsetats betont. Sie begrüßt daher das Engagement von Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel, der sich laut Medienberichten nun doch für eine Erhöhung seines Haushalts einsetzen will.
„Niebels Einsatz für eine Etatsteigerung ist wichtig“, kommentierte der Deutschlandchef von ONE, Tobias Kahler. „Es geht mitten in der Krise nicht um weltfremde Rufe nach mehr Geld“, betonte Kahler. Ein stabiler und prosperierender Nachbarkontinent Afrika sei darüber hinaus auch eine Chance für Deutschland und Europa. Dieser Zukunftsinvestition habe sich Deutschland bisher nicht ausreichend gestellt.
Der „DATA Bericht“ der Organisation ONE zeigt auf, dass Deutschland nur ein Viertel seiner 2005 gegebenen Zusage an Geldern für Afrika einhalten wird. Verschiedene Entwicklungspolitische Nichtregierungsorganisationen setzen sich deshalb in diesen Tagen mit einer flächendeckenden Plakatkampagne dafür ein, dass in den laufenden Haushaltsberatungen Deutschlands Versprechen für mehr und auch qualitativ bessere Entwicklungszusammenarbeit angemessen berücksichtigt werden.

5. Liegt die Fußball-WM in Südafrika im wirtschaftlichen Abseits?
Allgemein wecken Fußball-Weltmeisterschaften auch in wirtschaftlicher Hinsicht hohe Erwartungen. Für den Gastgeber Südafrika scheinen sich diese Hoffnungen aber kaum zu erfüllen: im laufenden WM-Jahr dürfte der zusätzliche Konjunktureffekt bei maximal 0,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts liegen, rechnen Experten der Berenberg Bank vor, die sich gemeinsam mit dem Hamburgischen Weltwirtschaftsinstitut HWWI in einer Studie den Entwicklungsmöglichkeiten Afrikas gewidmet haben.
Während der WM sind es die Touristen, die die Wirtschaft des Gastgebers beleben. Der Studie zufolge wird das Großereignis allerdings weniger Touristen nach Südafrika locken als ursprünglich erhofft. Die für dieses Jahr geschätzte Besucherzahl sei mittlerweile auf 350.000 gesenkt worden. Ursprünglich waren die Organisatoren des Spektakels, das am 11. Juni beginnt, von 450.000 Besuchern ausgegangen.
Für den Weltfußballverband FIFA dagegen ist die WM bereits vor dem Anpfiff hochprofitabel. "Kommerziell ist es ein Erfolg - wir haben unser Einkommen in Südafrika um 50 Prozent gegenüber dem gesteigert, was wir 2006 in Deutschland erzielt haben", sagte FIFA-Generalsekretär Jerôme Valcke. Das Geld würde auch in Fußball-Entwicklungshilfe gesteckt.

Beitrag 1:
Karawane Festival für die Rechte von Flüchtlingen und MigrantInnen im Juni 2010 in Jena

Vereint gegen koloniales Unrecht – unter diesem Motto findet vom 4. bis 6. Juni 2010 in Jena das Karawane-Festival für die Rechte von Flüchtlingen und MigrantInnen statt.
Zahlreiche Gruppen sind in das Karawane-Netzwerk eingebunden – die Initiative ging dabei vor allem von der Organisation „The Voice – Africa/Refugee-Forum“ aus.
Wir sprachen mit Osaren Igbinoba, Gründungsmitglied von The Voice und Mit-Koordinator des Karawane-Festivals.


Beitrag 2:
Wie bildet sich die Europäische Identität?
Sind Menschen mit Migrationshintergrund die „besseren“ Europäer?

Ist so etwas wie eine „europäische Identität“ bei Menschen, die schon wegen ihres Migrationshintergrundes bereits mehrere Identitäten haben, vielleicht sogar eher zu finden?
Viktoria hat mehrere kurze Interviews mit „neuen Deutschen“ zu diesem Thema geführt.