Focus Europa (#069) vom 29. Juni 2010

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Beitrag 1:
"Auch Nicht-Spekulanten brauchen eine Lobby!" Interview mit Sven Giegold MdE über die Macht der Finanzlobby in Brüssel

Beitrag 2:
"Jornades Europees d?Okupació - European Squatting Meeting" - vom 16.06.-20.06. in Barcelona - ein Gespräch mit 2 TeilnehmerInnen

Nachrichten:
-Fragwürdiges SWIFT-Abkommen zwischen USA und EU unterzeichnet

-Generalstreik im Baskenland gegen Sparpläne der spanischen Regierung

-Berufungsgericht in Italien bestätigt: Ehemaliger Mitarbeiter Berlusconis wegen Mafiakontakten rechtmäßig verurteilt

-Präsidentschaftswahl in Burundi mit sehr geringer Wahlbeteiligung - und nur einem einzigen Kandidaten

-Der Ölkonzern Encore Oil entdeckt vor Schottlands Küste neues, angeblich riesiges Ölvorkommen
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29:16 min, 27 MB, mp3
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Klassifizierung

Beitragsart: Magazin
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Politik/Info, Umwelt, Arbeitswelt, Internationales, Wirtschaft/Soziales
Serie: Focus Europa
Entstehung

AutorInnen: Alex, Martin, Philipp
Radio: RDL, Freiburg im www
Produktionsdatum: 29.06.2010
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Focus Europa Nummer 069 vom 29. Juni 2010

Beitrag 1:
Ohne Lobbyarbeit wären wichtige gesellschaftliche Gruppen nicht politisch vertreten, aber bei ungleicher Lobbyverteilung is die Demokratie gefährdet, meint Sven Giegold. Mit 21 anderen Europaparlamentariern hat er eine Initiative gegen die Übermacht der Finanzlobby in Brüssel ins Leben gerufen. Ein Interview über die unliebsamen Hintergründe der scheinbar unlösbaren Wirtschaftskrise.
Den Aufruf der Initiative für Gegenkräfte zur Brüsseler Finanzlobby findet ihr unter www.finance-watch.org, hier findet ihr auch eine Unterschriftenliste gegen den ungebremsten Finanzlobbyismus.

Beitrag 2:
Bei den Journades Europees d'Okupacio trifft sich die europäische HausbesetzerInnenszene für mehre Tage. Doch warum gibt es ein Treffen der europäischen HausbesetzerInnen und was wird dort besprochen? Ein Interview von Philipp mit zwei Teilnehmern.
Weitere Infos und einen deutschsprachigen Bericht findet ihr auf der freien Medienplattform: www.linksunten.indymedia.org – www.linksunten.indymedia.org, sowie auf der offiziellen Homepage des Treffens; http://jornadasokupacin.blogspot.com/]


Die Europa-Nachrichten vom 29. Juni 2010:
Übersicht:
-Fragwürdiges SWIFT-Abkommen zwischen USA und EU unterzeichnet
-Generalstreik im Baskenland gegen Sparpläne der spanischen Regierung
-Berufungsgericht in Italien bestätigt: Ehemaliger Mitarbeiter Berlusconis wegen Mafiakontakten rechtmäßig verurteilt
-Präsidentschaftswahl in Burundi mit sehr geringer Wahlbeteiligung - und nur einem einzigen Kandidaten
-Der Ölkonzern Encore Oil entdeckt vor Schottlands Küste neues, angeblich riesiges Ölvorkommen

1. Fragwürdiges SWIFT-Abkommen zwischen USA und EU unterzeichnet
Nach sechs Monaten hartnäckiger Verhandlungen wurde das äußerst umstrittene SWIFT-Abkommen jetzt unterzeichnet. Am Montag, den 28. Juni, wurde der Vertrag zwischen der EU und den USA unterzeichnet, nachdem alle 27 EU-Staaten zugestimmt hatten.
Jetzt fehlt nur noch die Absegnung durch das Europäische Parlament. Diese soll in der kommenden Woche erfolgen. Da die Abgeordneten in Vorverhandlungen einige Änderungen an dem Vertragspaket durchsetzen konnten, wird auch im Parlament mit einer deutlichen Mehrheit für das Abkommen gerechnet. Im Fall einer Annahme durch das Europäische Parlament könnte der Vertrag bereits am 1. August in Kraft treten.
Nach den Konservativen und den Liberalen haben jetzt auch die Sozialdemokratischen Parteien im EP ihre Zustimmung signalisiert.
Der spanische Innenminister bezeichnete das Abkommen als "wichtigen Schritt für die Sicherheit in Europa", US-Vertreter bezeichneten die Unterzeichnung als "das Schließen einer Sicherheitslücke im Kampf gegen den Terrorismus".
Das Abkommen wird es dem amerikanischen Geheimdienst ermöglichen, alle Auslandsüberweisungen aus der EU zu überprüfen, inklusive des Zugangs zu allen Daten der Bankkunden.
Das Unternehmen SWIFT aus Belgien wickelt in nahezu allen Staaten der Erde die grenzüberschreitenden Banktransaktionen ab und registriert täglich mehr als 15 Millionen Vorgänge.
Datenschützer kritisieren das Abkommen als einen unzulässigen Zugriff auf die persönliche Daten von Millionen von Menschen und bezeichnen die jetzt beschlossenen Änderungen als "kosmetisch" und als nicht ausreichend. Außerdem wurde die lange Speicherdauer der Daten von 5 Jahren kritisiert.


2. Generalstreik im Baskenland gegen Sparpläne der spanischen Regierung

Nach einigem Zögern hatten sich auch die regionenübergreifenden Gewerkschaften Spaniens dazu entschlossen, den von den baskischen Gewerkschaften beschlossenen Generalstreik am Dienstag, den 29. Juni, zu unterstützen.
Die Protestierenden wenden sich insbesondere gegen die von der Regierung Zapatero geplanten Reformen des Arbeitsmarktes und der Renten.
Aufgrund seines hohen Haushaltsdefizits von über 11 % im Jahr 2009 verlangt die europäische Kommission einschneidende Reformen von der spanischen Regierung. Das spanische Defizit ist hinter Irland und Griechenbland das dritthöchste innerhalb der EU.
Die Gewerkschaften kritisieren die Sparpläne der regierenden Sozialisten als sozial extrem unausgewogen. Auch Wirtschaftsexperten wie der ehemalige Nobelpreisträger Paul Krugmann kritisieren, dass angesichts einer Rekordarbeitslosigkeit von 20% im Land die Sparmaßnahmen nicht nur äußerst unsozial seien, sondern auch weitere Löcher in die Kassen reissen könnten.


3. Berufungsgericht in Italien bestätigt: Ehemaliger Mitarbeiter Berlusconis wegen Mafiakontakten rechtmäßig verurteilt
Ein enger Vertrauter des italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi wurde am Dienstag, den 29. Juni, in Palermo zu sieben Jahren Haft verurteilt worden. Das Berufungsgericht verurteilte den Senatoren und Unternehmer Marcello Dell'Utri aufgrund seiner Verstrickungen mit der Mafia.

Dell'Utri ist einer der Mitbegründer der Berlusconi-Partei Forza Italia. Bereits 2004 war Dell'Utri zu neun Jahren Haft verurteilt worden. Die Staatsanwaltschaft hatte jetzt in zweiter Instanz elf, die Verteidigung Freispruch gefordert. Neben Dell'Utri wurde auch Silvio Berlusconi selbst im Vorfeld von einem ehemaligen Mafioso belastet. Laut Gaspare Spatuzza sollen Berlusconi und Dell'Utri Anfang der 1990er Jahre mit der Mafia einen Pakt geschlossen haben, um sich den Einstieg in die Politik zu ermöglichen. Mehrere Attentate in Rom, Florenz und Mailand sollen laut Spatuzza aufgrund dieses Paktes ausgeführt worden sein. Zwischen 1993 und 1994 wurden dabei zehn Menschen getötet und 93 verletzt. Das von den Korruptionsskandalen der politischen Elite belastete Italien wurde damals durch die Anschläge zusätzlich erschüttert.

Berlusconi und Dell'Utri hatten die Vorwürfe stets abgestritten. Mit dem Urteil sieht der Verteidiger Dell'Utris die Beschuldigungen „endgültig begraben“ - denn das Urteil bestätigte die Mafiaverstrickungen des Angeklagten nur bis ins Jahr 1992.

4. Präsidentschaftswahl in Burundi mit sehr geringer Wahlbeteiligung - und nur einem einzigen Kandidaten
Am Montag, den 28. Juni, fanden in Burundi Präsidentschaftswahlen statt. Nachdem alle Oppositionsparteien sich zu einem Boykott der Wahl entschlossen hatten, blieb den rund 9 Millionen Einwohnern nur die Wahl, für den amtierenden Präsidenten Pierre Nkurunziza zu stimmen oder den Wahlurnen fernzubleiben.
Beobachter berichten, dass die Strassen der Hauptstadt am Wahltag menschenleer geblieben seien, sei es aus Angst von Anschlägen, aufgrund fehlender Wahlmöglichkeiten oder aus Frustration über die allgemeine Situation des Landes.
Amtsinhaber Nkurunziza war als ehemaliger Hutu-Rebellenführer der CNDD an die Macht gekommen.
Nach dem blutigen Bürgerkrieg, der in Burundi ab 1993 über 300.000 Tote gekostet hatte, hatte aufgrund eines Friedensabkommens im Jahr 2005 die Hutu-Rebellenbewegung CNDD die Macht übernommen. Als schärfste Widersacher des Präsidenten gelten heute nicht mehr Tutsi, sondern konkurrierende Hutu-Rebellenführer.
Der amtierende Präsident muss laut Verfassung mindestens 50% der abgegebenen Stimmen bekommen, sonst muss er nächsten Monat - erneut gegen sich selbst -in einem zweiten Wahlgang antreten.
In der Nacht vor der Wahl waren mehrere Granaten in der Hauptstadt Bujumbura explodiert. Seit dem Beschluss des Wahlboykotts durch die Opposition kam es insgesamt zu rund 60 Anschlägen mit mehreren Toten. Die ehemalige Hutu-Miliz FNL steht im Verdacht, für die Attentate verantwortlich zu sein.

5. Der Ölkonzern Encore Oil entdeckt vor Schottlands Küste neues, angeblich riesiges Ölvorkommen.

Das Vorkommen in der Nordsee vor Schottlands Küste soll mindestens 47 Milliarden Liter Öl enthalten - oder mehr. Es handele sich um mindestens 300 Millionen Barrel Erdöl, bestätigte der Sprecher des britischen Unternehmens am Montag. Es handle sich folglich um eine der größten Entdeckungen in der Nordsee in den vergangenen Jahren, erklärte Encore Oil.
Die Zahlen relativieren sich allerdings, wenn man den täglichen weltweiten Ölverbrauch ansieht: Dieser liegt nach aktuellen Verbrauchsstatistiken bei 87 Millionen Barrel täglich. Damit würde das gesamte jetzt entdeckte Vorkommen den Weltverbrauch für gerade einmal 3 1/2 Tage decken. Und Naturschützer warnen vor den unabsehbaren Risiken der zunehmenden Ölföderung für das Ökosystem der Nordsee.