Die Focus-Europa-Nachrichten vom 15.7.2010

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Die Vereinten Nationen brauchen Geld für die humanitäre Hilfe.
Haiti: Nur 2% der versprochenen Hilfsgelder bislang angekommen
Ukraine ist an einer Mitgliedschaft in der Nato nicht mehr interessiert
Große Übereinstimmung und Milliardenverträge zwischen Russland und Deutschland
Aktion zum Gedenken an Mord an Journalistin nicht erlaubt.
Der Atomforscher Shahram Amiri ist in Iran eingetroffen.
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Upload vom 15.07.2010 / 20:38

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Klassifizierung

Beitragsart: Nachricht
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Politik/Info, Internationales, Wirtschaft/Soziales
Serie: Focus Europa Einzelbeitrag
Entstehung

AutorInnen: Viktoria
Radio: RDL, Freiburg im www
Produktionsdatum: 15.07.2010
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
1.
Die Vereinten Nationen brauchen Geld für die humanitäre Hilfe.
Wie die deutsche Presseagentur berichtet hat die UN an die Mitgliedsstaaten um knapp fünf Milliarden Dollar appelliert, um die Kassen für die weltweite humanitäre Hilfe zu füllen. Es seien für dieses Jahr bereits 4,5 Milliarden Dollar zugesagt worden. Allerdings würden weitere 5 Milliarden benötigt, um die weltweit mehr als 50 Millionen hilfebedürftigen Menschen zu unterstützen. Das teilte Untergeneralsekretär John Holmes gestern mit. Vor allem durch das verheerende Erdbeben in Haiti im Vorjahr und durch Krisen in Afrika sei der Bedarf an humanitärer Hilfe stark gestiegen.
Die UN hat im Februar 2010 einen Hilfsappell von 1,44 Millarden US-Dollar für die Erdbebenopfer in Haiti ausgerufen. Es war der größte Spendenaufruf in der Geschichte der Vereinten Nationen. Die Spendengelder sollten vor allem in den Bereichen Landwirtschaft, Notunterkünfte, Telekommunikation, Gesundheit und Ernährung eingesetzt werden. Allein ein Drittel der Gelder ist für Lebensmittelhilfe angedacht.

2.
Haiti: Nur 2% der versprochenen Hilfsgelder bislang angekommen
Sechs Monate nach dem Erdbeben in Haiti ist vom versprochenen Wiederaufbau noch nichts zu sehen. Noch immer sind über 1,6 Millionen Menschen obdachlos, warten weiter auf zugesagte Hilfsgelder und Notunterkünfte. Diese erschreckende und traurige Bilanz legte der Sonderbeauftragte für Haiti bei der UNO, Leslie Voltaire, nun wieder dem Wirtschafts- und Sozialrat der Organisation vor. Im März zusicherte die internationale Gemeinschaft eine Aufbauhilfe bis zu 5 Milliarden US-Dollar für die Beseitigung der Schäden der Naturkatastrophe und den Wiederaufbau. Vier Monate später stehen jedoch bislang lediglich 2 Prozent der Gelder zur Verfügung. Ihre freiwillige Verpflichtung haben bislang nur Brasilien, Norwegen, Australien, Estland und Kolumbien erfüllt, so die Vizepräsidentin der Weltbank für Lateinamerika und die Karibik, Pamela Cox.
“Wir drängen die internationale Gemeinschaft, ihre Versprechen in die Realität umzusetzen” erklärte Cox, zeigte aber auch Verständnis für die Verzögerungen. Die Vizepräsidentin stellte klar, dass im Grossteil der Länder die Gelder erst über einen politischen Prozess freigegeben werden müssten, und dies dauere eben seine Zeit. “Wir bitten jedoch die Länder, dieses Geld schnellstmöglich freizugeben und es der Regierung in Haiti zur Verfügung zu stellen” so Cox weiter.
Kritik übte sie jedoch auch an der Regierung Haitis unter Präsident René Preval, die unter anderem noch keine ausreichenden Flächen für den geplanten Wiederaufbau freigegeben hätte. “Die Regierung Haitis muss diese offenen Fragen klären und schnellstmöglich die entsprechenden Entscheidungen treffen, aber auch die Geberländer müssen sicherstellen, dass die Gelder schneller fliessen” so die Verantwortliche der Weltbank für die Subkontinenten abschliessend.

3.
Die Ukraine ist an einer Mitgliedschaft in der Nato nicht mehr interessiert
Der ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch hat heute, am 15.Juli, ein Gesetzt über die Richtlinien der Innen- und Außenpolitik des Landes unterzeichnet. Das Gesetz hat die Pläne der pro-westlichen Vorgängerregierung für einen NATO-Beitritt endgültig zu den Akten gelegt. Die Vorlage legt die "Grundprinzipien" der Politik fest, darunter "das Festhalten der Ukraine an einer Politik der Bündnisfreiheit, das heißt die Nicht-Beteiligung an militärisch-politischen Bündnissen".
In dem Gesetz bleiben jedoch sowohl die Punkte über die EU-Integration, als auch die strategische Partnerschaft mit Russland.
Anfang Juli wurde berichtet: US-Außenministerin Hillary Clinton betonte, die Tür zum westlichen Militärbündnis stehe dem Land weiterhin offen.
Und am Montag, den 12. Juli haben Ukrainische und NATO-Truppen mit einem zweiwöchigen gemeinsamen Manöver begonnen. An der Übung sind rund 3000 Soldaten der See-, Luft- und Landstreitkräfte aus zwölf Nationen, darunter auch aus Deutschland und den USA, beteiligt. Geprobt wird vor allem der Kampf gegen Piraten. Zwar hat sich das ukrainische Parlament im Juni und der neuer Präsidenten heute gegen einen NATO-Beitritt der Ukraine ausgesprochen, dabei weitere Kooperationen mit dem Militärbündnis jedoch nicht ausgeschlossen.


4.
Große Übereinstimmung und Milliardenverträge zwischen Russland und Deutschland
Mit einem Großaufgebot an Kabinettsmitgliedern und Wirtschaftsvertretern sind Bundeskanzlerin Angela Merkel und Außenminister Guido Westerwelle zu deutsch-russischen Konsultationen nach Jekaterinburg.
Angela Merkel sprach von "großer Übereinstimmung". Für den russischen Präsidenten Dmitri Medwedjew ist Deutschland ein "Schlüsselland". Bei den Deutsch-Russischen Konsulationen in Jekaterinburg waren sich die beiden einig, dass bei der Wirtschaftsbeziehungen noch viel Potenzial gebe. Medwedjew wünschte sich Deutschland als zentralen Partner bei der Modernisierung der russischen Wirtschaft. Zugleich beklagte er, dass es bisher nur relativ wenigen russischen Unternehmen gelungen sei, in Deutschland zu investieren. Auch Merkel betonte, die Investitionen dürften nicht nur in eine Richtung gehen.
Am Rande der Gespräche unterzeichneten deutsche Firmen Verträge in Milliardenhöhe mit ihren russischen Partnern. Der Siemens-Konzern will in den nächsten zehn Jahren 240 Regionalzüge für 2,2 Milliarden Euro liefern. Außerdem plant das Unternehmen, sich an der Innovationsschmiede Skolkowo vor den Toren Moskaus zu beteiligen, einer Art russisches Silicon Valley.
Die staatliche KfW-Bank will helfen, mittelständische Betriebe in Russland aufzubauen. Russische Manager sollen in Deutschland weitergebildet werden.
Streitpunkt blieb die Visa-Frage: Die noch bestehenden Beschränkungen seien ein "Ärgernis", sagte der Vorsitzende des Ostausschusses, Klaus Mangold, der darauf verwies, dass trotz Wirtschaftskrise 6000 deutsche Firmen in Russland arbeiteten. Er forderte die EU zu einer Liberalisierung bei den Visa-Bestimmungen auf. "Eine vollwertige Partnerschaft mit Deutschland und der EU ist ohne dies nicht möglich", betonte auch Medwedjew. Merkel machte aber deutlich: "Eine vollkommene Visafreiheit wird es nicht schnell geben. Aber wir setzen uns dafür ein, dass es Erleichterungen zumindest für den Wirtschaftsbereich gibt." Ausdrücklich bekannte sich Medwedjew zum raschen WTO-Beitritt des Landes.
Merkel betonte in Jekaterinburg, sie sehe einen engen Zusammenhang zwischen politischen Mitwirkungsrechten und wirtschaftlicher Entwicklung, und mahnte weitere rechtsstaatliche Reformen in Russland an. Es gebe einen fast unauslöschlichen Zusammenhang zwischen der Modernisierung der Wirtschaft und der Demokratisierung der Zivilgesellschaft, sagte sie.

5.
Die Aktion zum Gedenken an Journalistin Mordfall nicht erlaubt.
Parallel zu den deutsch-russischen Konsultationen sollte eine Aktion Aktion zum Gedenken an Mordfall der russischen Bürgerrechtlerin Natalja Estemirowa in Jekaterinburg stattfinden. Die Stadtregierung hat die Aktion jedoch nicht sanktioniert. Die kritische Journalistin und Mitarbeiterin der Menschenrechtsorganisation Memorial war vor genau einem Jahr ermordet in Tschetschenien aufgefunden worden.
Angela Merkel hat den Fall Natalja Estemirowa angesprochen. Für eine Zivilgesellschaft sei es wichtig, dass Menschen, die Rechte anderer Menschen beschneiden, einer gerechten Strafe zugeführt werden, sagte Merkel. Sie begrüßte, dass Medwedjew einen Rat zur Unterstützung der Zivilgesellschaft und der Menschenrechte einrichten wolle.
Die mitgereiste Grünen-Bundestagsabgeordnete Marieluise Beck wies im Fall Estemirowa darauf hin, dass die Täter nicht erkannt und nicht gefasst worden seien. Nicht Merkel, sondern der russischer Präsident Medvedev sollte den Fall ansprechen, meinte sie. Die Ermittlungen und die Strafverfolgung seien enttäuschend und nicht überzeugend. Beck erinnerte daran, dass Medwedjew im Vorjahr bei einem Treffen mit Merkel Aufklärung und eine Bestrafung der Täter zugesagt hatte.
Anna Pastuchova, die Vertreterin der menschenrecht Organisation Memorial, sagte, dass die geplante Gedenken- Aktion trotz der Verbot stattfinden wird.

6.
Der Atomforscher Shahram Amiri ist in Iran eingetroffen.
An einem Auftritt vor Medien bekräftigt er erneut, dass er von US-Geheimdiensten entführt und in die USA geschafft worden sei. Der Iran wirf der CIA vor, Amiri vor einem Jahr entführt zu haben, als er sich auf einer Pilgerreise in Saudi-Arabien befand. Er tauchte am Montag in dem für Iran zuständigen Teil der pakistanischen Botschaft in Washington auf.
"Die USA wollten von mir die Aussage, dass ich aus freien Stücken nach Amerika geflohen bin", sagte Amiri. Er habe Desinformation über das iranische Atomprogramm weitergeben sollen. Vernehmungen seien auch Agenten des israelischen Geheimdienstes beteiligt gewesen. Amiri wies zugleich Vermutungen zurück, er sei aus Angst um seine Familie in den Iran zurückgekehrt. "Meine Familie hatte keine Probleme", sagte der Wissenschaftler und präsentierte den Journalisten seinen sieben Jahre alten Sohn.
Die USA wiesen die Vorwürfe zurück und erklärten, Amiri habe sich aus freiwillig ihre Obhut gegeben. Ihrer Darstellung nach lebte der Mann freiwillig in den USA. Gleichzeitig wäre Amiri nach US-Angaben sehr nützlich für die USA. Die Weltgemeinschaft verdächtigt den Iran, unter dem Deckmantel der Stromerzeugung heimlich an Atomwaffen zu arbeiten und hat Sanktionen gegen das Land verhängt. Die Führung in Teheran bestreitet die Vorwürfe.