Europa-Nachrichten vom 31. August 2010

ID 35741
 
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- Ruanda soll Genozid im Kongo unterstützt haben -US-Truppen ziehen aus dem Irak ab
-Regierungsbildung in Belgien weiter fraglich -Dänisches Gericht spricht KlimaaktivistInnen frei -Gaddafi besucht Berlusconi
-Jacques Chirac wird vor Gericht gestellt
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Upload vom 31.08.2010 / 19:24

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Klassifizierung

Beitragsart: Nachricht
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Politik/Info, Umwelt, Internationales, Wirtschaft/Soziales
Serie: Focus Europa
Entstehung

AutorInnen: Martin, Hanne
Radio: RDL, Freiburg im www
Produktionsdatum: 31.08.2010
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
- Ruanda soll Genozid im Kongo unterstützt haben:

Ein vor der Vollendung stehender UN Bericht zur Demokratischen Republik Kongo in den Jahren 1993 bis 2003, beschreibt Verbrechen ruandischer Truppen und Rebellen im östlichen Kongo in den 1990er Jahren als Genozid. Wie die New York Times schreibt, stelle der Bericht die konventionelle historische Geschichtsschreibung zur Region nach dem Genozid 1994 in Ruanda grundlegend in Frage. Der Bericht behauptet, das nach dem Ende des Genocids in Ruanda 1996 Tutsi-geführte Truppen zusammen mit allierten konogolesischen Rebellentruppen zehntausende ethnische Hutus im Osten des Kongos ermordet hätten.
Der Berichtsentwurf kommt wörtlich zu der folgenden Feststellung: "Die Mehrheit der Opfer waren Kinder, Frauen und alte und kranke Menschen, die oft unterernährt waren und keine Bedrohung für die Truppen darstellten."
Die ruandische Regierung hat die Feststellungen des Berichtsentwurf zurückgewiesen und damit gedroht, ihr Beteiligung an Friedenstruppen der UN zu überprüfen, falls der Bericht in dieser Form im September publiziert werde. Das Papier war der französischen Zeitung «Le Monde» zugespielt worden. Inzwischen zögern die UN mit der Herausgabe der endgültigen Fassung und warnen, voreilige Schlüsse aus dem Entwurf zu ziehen. «Der Bericht wird in Kürze veröffentlicht. Dann kann jeder die beiden Versionen vergleichen und sich ein Urteil erlauben», sagte der Sprecher von UN-Chef Ban Ki Moon am Montagabend in New York.

-US-Truppen ziehen aus dem Irak ab:

Die Vereinigten Staaten beenden heute offiziell ihren Kriegseinsatz im Irak. In der Nacht zum morgigen Mittwoch um zwei Uhr wird Präsident Obama den Truppeneinsatz in einer Rede an die Nation verkünden. Etwa fünfzigtausend US-Soldaten werden aber vorerst als Ausbilder und Militärberater im Irak bleiben, sie sollen sich allerdings nicht an Kampfhandlungen beteiligen. Die letzten amerikanischen Soldaten sollen Ende 2011 aus dem Irak abziehen. Umstritten ist, wie ernstzunehmend dieses angekündigte Ende der Besatzung ist. Professor Azzad Othman von der Universität Erbil vermutet, die Amerikaner würden „auf irgendeine Weise dableiben“, um ihre regionalen Interessen zu wahren. Regierungssprecher Dabbagh erklärte, die irakische Regierung wolle eine strategische Partnerschaft mit den USA, aber weder die USA noch Staaten der Region könnten dem Irak Vorschriften machen. Dabbagh sagte weiterhin, der Irak sei ein souveränes Land und gestatte niemandem den Griff nach seinen Bodenschätzen.

-Regierungsbildung in Belgien weiter fraglich:

Trotz mehrwöchiger Gespräche zeichnen sich in den laufenden Koalitionsverhandlungen keine Kompromisse ab. Sieben Parteien sind an den laufenden Gesprächen beteiligt, konnten sich aber bisher noch nicht auf eine Regierungsbildung einigen. Umstritten ist vor allem, ob der Finanzausgleich des wohlhabenderen Flandern an die klamme Wallonie weiterlaufen wird. Außerdem herrscht Uneinigkeit über die Zuordnung der Region Brüssel. Brüssel ist aktuell in einen flämischen und einen wallonischen Teil aufgeteilt und soll sich nun für eine Seite entscheiden. Dementsprechend soll auch der zugehörige Wahlkreis neu definiert werden. Trotz der stagnierenden Gespräche wird der flämische Sozialistenchef di Rupo weiter als Krisenvermittler fungieren. Dazu überredete ihn König Albert II. am Sonntagabend, woraufhin di Rupo belgischen Medien zufolge nur widerwillig zustimmte.

-Dänisches Gericht spricht KlimaaktivistInnen frei:

Das Gericht der Stadt Kopenhagen hat heute Natasha Verco und Noah Weiss freigesprochen. Den zwei KlimaaktivistInnen wurde vorgeworfen, illegale Aktivitäten während des UN-Klimagipfels in Kopenhagen 2009 organisiert zu haben. Doch diese Anklagepunkte wurden durch das Gerichtsurteil zurückgewiesen. Das Kopenhagener Gericht übte außerdem scharfe Kritik an den gewaltsamen Methoden der Polizei während des Gipfels. Klimapolitisch engagierten Menschen sei ihr demokratisches Recht auf Kritik an den Klimaverhandlungen verweigert worden. Die beiden Freigesprochenen bezeichneten den Prozess als absurd, die Beweisführung als „von der Polizei manipuliert“. Das Ergebnis sei ein Sieg für die Rechtslage in Dänemark und zeige, dass die Polizei nicht länger lügen könne, um politisch aktive Menschen einzuschüchtern.

-Gaddafi besucht Berlusconi:

Bei seinem Staatsbesuch in Italien hat Lybiens Staatschef Gaddafi von der Europäischen Union jährlich mindestens fünf Milliarden Euro für den Kampf gegen illegale Einwanderer aus Afrika gefordert. Gaddafi sagte, es liege ganz im Interesse Europas, auf seine Forderungen einzugehen, sonst könne Europa schon morgen zu einem zweiten Afrika werden. Gaddafi betonte damit die Grenzlage des nordafrikanischen Staates zu den Südküsten von Griechenland, Italien und der Türkei. Seit Mitte 2009 werden Migranten von der italienischen Küstenwache noch auf See aufgegriffen und direkt nach Lybien abgeschoben. Diese Politik wird von der lybischen Regierung geduldet. In Lybien wurde außerdem im vergangenen Jahr die Basis des UN-Hochkommisariats für Flüchtlinge geschlossen.

-Jacques Chirac wird vor Gericht gestellt:

Einer Meldung der Süddeutschen Zeitung zufolge wird die Stadt Paris den früheren französischen Präsidenten wegen Veruntreuung und Unterschlagung öffentlicher Gelder verklagen. Chirac soll in seiner Amtszeit als Pariser Bürgermeister auf Kosten der Stadt zahlreiche Menschen zum Schein eingestellt haben. Von dem frei werdenden Geld habe Chirac illegalerweise seine Partei und Gefälligkeiten an seine Anhänger finanziert. Im Falle einer Verurteilung droht dem 77-Jährigen eine Gefängnisstrafe. Allerdings sollen sich Chiracs Anwälte und die Stadt Paris außergerichtlich auf Ersatzzahlungen von insgesamt rund 2,2 Millionen Euro geeinigt haben. Diese würden zwischen Chirac und seiner Partei UMP aufgeteilt. Scharfe Kritik kommt vom grünen Koalitionspartner des derzeitigen Pariser Bürgermeisters Delanoe. Die kommende grüne Präsidentschaftskandidatin Joly kritisierte die geplante Lösung als „schweren politischen Fehler“ und als „Justizverweigerung“. Der sozialistische Parteifreund des Bürgermeisters, Arnaud Montebourg, sagte: "Ob mächtig oder armselig - wenn man Bürger der Republik ist, dann kann man sich keine Straflosigkeit erkaufen."