Philippinische BäuerInnen fordern Austritt der Philippinen aus der WTO

ID 7332
 
Die WTO-Verhandlungen gingen letzte Woche in Genf zu ende, mit einem Eingeständnis der Industriealisierten Länder Exportzölle abzuschaffen. Was meinen Bäuerinnen und Bauern auf den Philippinen dazu und wie sind sie von den WTO-Abkommen betroffen?
Ein Interview mit Lulu Gimenez Informations- und Bildungskoordinatorin von Apit Tako, der Allianz der Bäuerinnen und Bauern in den Cordilleras im Norden der Philippinen, direkt aus Manila.
Audio
14:05 min, 6599 kB, mp3
mp3, 64 kbit/s, Mono (44100 kHz)
Upload vom 09.08.2004 / 00:00

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Klassifizierung

Beitragsart: Feature
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Wirtschaft/Soziales, Internationales, Frauen/Lesben, Politik/Info
Entstehung

AutorInnen: Bianca Miglioretto, Radio LoRa Fraueninfo
Radio: LoRaZH, Zürich im www
Produktionsdatum: 09.08.2004
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
MUSIK

Die WTO-Verhandlungen gingen letzte Woche in Genf zu ende, mit einem Eingeständnis der Industriealisierten Länder Exportzölle abzuschaffen. Was meinen Bäuerinnen und Bauern auf den Philippinen dazu und wie sind sie von den WTO-Abkommen betroffen?

Musik

Ich sprach mit Lulu Gimenez Informations- und Bildungskoordinatorin von Apit Tako, der Allianz der Bäuerinnen und Bauern in den Cordilleras im Norden der Philippinen.

O-Ton 1
Gatt, das Abkommen über Tarife und Handel das die WTO ausgehandelte, hat verherende Auswirkungen auf die Bäuerinnen in den Cordilleras. Als erstes sind die Preise für Landwirtschaftliche Produkte gefallen und zweites hat es einige Bäuerinnen und Bauern gezungen die Landwirtschaft aufzugeben. Die Preise sind gefallen, weil viele Pordukte, die im Land selber roduziert werden ebenfalls aus dem Ausland importiert werden, zu viel günstigeren Preisen. Zum Beispiel Reis aus Kalinga im Norden der Philippinen kostet in Manila im Ankauf 19 Peso das Kilo, während der Reis der aus den USA importiert wird im Hafen von Manila für 14 Pesos verkauft wird. Das hat zur Folge, dass die Händler den Cordillera-Reis nicht mehr kaufen, sondern den importierten Reis aus den USA.

O-Ton 2
Konkret bedeutet dies für die Bauern und Bäuerinnen, dass viele von ihnen zurück zur Subistenzwirtschaft gehen mussten, d.h. sie pflanzen nur noch für den Eigenverbrauch und nicht mehr für den Markt, was eine grosse Einkommenseinbusse zur Folge hat. Das ist aber nur möglich, wenn die Bäuerinnen und Bauern noch Saatgut für Reis, Mais, Bananen und Süsskartoffeln auf Vorrat haben. Aber diejenigen Bäuerinnen und Bauern, die Gemüse ausschliesslich für den Markt produzierten und kein Saatgut mehr besassen, konnten nicht auf die Subustenzwirtschaft zurückgreifen. Sie waren gezwungen ihre Bauernöfe zu schliessen und mussten sich auf dem Arbeitsmarkt verkaufen. Einigen gelang es Geld zu sparen um Saatgut zu kaufen und nach einem Jahr zur Subistenzwirtschaft zurückzugehen. Aber vielen gelang dies nicht, denn die Arbeitslosen und Unterbeschäftigtenquote auf den Philippinen liegt bei 14 %. D.h. die Bäuerinnen und Bauern fanden für einen Monat Arbeit und waren den nächsten arbeitslos etc. So ist es sehr schwierig etwas auf die Seite legen zu können. Viele von ihnen und ihre Familien leiden heute Hunger.

O-Ton 3
Die billigen landwirtschaftlichen Produkte, die in die Philippinen importiert werden, kommen zu einem grossen Teil aus Staaten mit sehr hohen landwirtschaftlichen Subventionen und Exportsubventionen. Wenn wir die Landwirtschaftssubventionen der USA und Europa zusammenzählen beträgen diese gemäss der US-Organisation Food firstdiese 1 Milliarde Subventionen täglich. Die Subventionen für Reis in den USA betragen über 30% der Produktionskosten. Der Reis aus den USA, der in die Philippinen exportiert wird, wird also zu 30% von den US-Amerikanischen Steuerzahlerinnen und zahlern bezahlt. Es sind zum grössten Teil riesige indistruelle Farmen, die Reis anbauen. Dazu kommen die Exportsubventionen, die den Transport erheblich vergünstigen. Da können die Philippinischen Bauern und Bäuerinnen einfach nicht mehr mithalten, den sie erhalten nicht einen Cent an Subventionen.

O-Ton 4
Weiter werden Gemüse, Fleisch und Salat zu sehr niedrigen preisen aus Australien, China und den USA importiert. Es sind dieselben Gemüsearten wie Broccoli, Kohl, Karotten, Kartoffeln wie wir sie hier vor allem in den Cordilleras produzieren. Und wir produzieren genügen, um die ganzen Philippinen ausreichend damit zu versorgen. Aber die Konkurrenzprodukte aus Australien, China und den USA kommen in sehr gutem Zustand zu sehr niedrigen Preisen in Manila an. Deshalb kaufen die Händler lieber diese Produkte, während das Gemüse der Cordilleras hier verrottet. Die Transporte der australischen, chinesischen und US-amerikanischen Gemüse werde subventioniert und werden in Kühlschiffen transportiert, damit sie länger haltbar sind. Wir in den Cordilleras verfügen über keine Kühltranporter, deshalb können wir unser Gemüse nicht lange aufbewahren. Wenn das Gemüse im Flachland ankommt müssen wir es so schnell wie möglich an die Händler verkaufen können.
O-Ton

Musik

Die Philippinischen Bäuerinnen und Bauern sind gezwungen sich dem Anbau und Ernte Rhythmus von Australien und den USA anzupassen, wenn sie wenigstens eine geringe Überlebenschance haben wollen. Für Gemüse bedeutet dies, dass sie das Gemüse so anbauen müssen, dass es im Australischen Winter, d.h. von Oktober bis Dezember ernten können, denn dann sind die Preise höher, weil es weniger importiertes Gemüse auf dem Markt gibt. Diejenigen Gemüseanbauerinnen, die es geschaft haben, genügend Geld zusammenzubringen um neues Saatgut zu kaufen, richten sich jetzt also nach der Hoch- und Tiefsaison der importierten Landwirtschaftlichen Produkte und können so knapp überleben. Aber ihre Felder liegen einen grossen Teil des Jahres brach!
Für die Reisbauern gibt es keine Saison. Denn Reis kann in den industrialisierten Ländern problemlos lange gelagert werden.

Musik

Nachdem die WTO-Verhandlungen von Doha und Cancun gescheitert sind, wurde letzte Woche in Genf ein sog. Durchbruch erziehlt. Die industriealisierten Länder allen voran die EU und die USA mussten einwilligen, ihre Subventionen um 20% zu kürzen, dabei handelt es sich in erster Linie um Exportsubventionen.
Die Erklärung von Bern kritisiert dieses Abkommen, weil a) kein Datum vereinbart wurde ab wann die Subventionskürzungen in Kraft treten und b) die Länder des Südens im Gegenzug alle Schutzzölle auf Industrielle Güter aufheben müssen und alle Dienstleistungen für die Privatisierung frei geben müssen, inklusive Wasser- und Energiesektor.

Lulu Gimenez von der Cordillera Bäuerinnen und Bauernvereinigung im Norden der Philippinen sagt, dass die Subventionskürzungen nicht ausreichen, um die philippinischen Bäuerinnen und Bauern zu schützen.

O-Ton 6
Auch wenn die Subventionen um 20 % gekürzt werden, ist das in Anbetracht, der Höhe der Subventionen nicht viel. Besonders, wenn wir es mit den Philippinen vergleichen, wo die Bauern und Bäuerinnen gar keine Subventionen erhalten. Die ausländischen Produkte werden immer noch eine grosse Konkurrenz für die lokalen Landwirtschaft sein. Die Philippinische Regierung muss ihre Haltung, keine Landwirtschaftssubventionen zu zahlen, überdenken.

O-Ton 7
Wir fordern von der philippinischen Regierung aus der WTO auszutreten. Damit die phil. Regierung das Landwirtschaftsgesetz, dass sie 1995 einführte , um die Anforderungen der WTO zu erfüllen, rückgängig machen kann. Denn dieses Gesetz, hat die Magnacharta für kleine Bauernhöfe ersetzt. Die Magnacharta schütze und unterstützte kleine philippinesche Bauernhöfe. Als die Magnacharta als Konsequenz des WTO-Tarifgesetztes abgeschafft wurde, begannen die Probleme für unsere Bäuerinnen und Bauern. Um die kleinen Bauernhöfe zu schützen und zu unterstützen, muss die philippinische Regierung aus der WTO austreten. Das fordern wir als Organisation.
O-Ton

In Genf wurde auch entschieden, dass jedes Land eine Liste aufstellen kann, mit landwirtschaftlichen Produkten auf denen sie Schutzzölle erheben dürfen. Lulu Gimenez von der Bäuerinnen und Bauernorganisation Apit Tako auf den Philppinen, meinte dies kann ev. einige Gemüsebauerinnen und –bauer schützen, aber es geht nicht genügend weit.

O-Ton 8
Diejenigen, die Kartoffeln, Kohl, Karroten und einige weitere Saisongemüse produzieren, können untern Umständen davon profitieren. Aber die Philippinische Regierung hat nicht vor den philippinischen Reis zu schützen. Daher werden die Mehrheit der Bäuerinnen und Bauern nicht davon profitieren können. Was wir wirklich brauchen sind Schutzzölle auf importierem Reis.