Auch der neue Papst ein Opus Dei-Papst? (Teil 2 von 2)

ID 9109
 
Kommentar zum Tode Johannes Pauls II und zur anstehenden Papstwahl Teil 2
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04:53 min, 3567 kB, mp3
mp3, 100 kbit/s, Mono (44100 kHz)
Upload vom 04.04.2005 / 00:00

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Klassifizierung

Beitragsart: Kommentar
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Religion
Entstehung

AutorInnen: Hermann Ploppa, Radio Unerhört Marburg 90,1 MHz
Radio: RUM-90,1, Marburg im www
Produktionsdatum: 04.04.2005
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Moment mal ...

wo sind wir eigentlich?

Wir hören die Totenklage für den verstorbenen Papst Johannes Paul II.

Wir hörten sie schon tausendfach, bevor der Oberhirte der Katholischen Kirche überhaupt verstorben war. Unermeßlich sei die Trauer. Eine große Weltgemeinde begleite den letzten Weg des Papstes mit innigen Gebeten.

Moment mal ...

Diese schöne Erde verlassen zu müssen ist nicht erfreulich. Dieser Aufbruch geschieht ohne Wiederkehr. Das tut immer unendlich weh. Jedenfalls schmerzt es uns weiterlebende Angehörige.

Aber: warum ist der Tod dieses einen Menschen so viel bedeutender und wertvoller als der Tod der anderen sechs Milliarden Menschen auf dieser Erde?
Was macht den Tod von Karol Woytila so viel bedeutender als den Tod eines von Bomben zerfetzten Irakers? Oder eines von Tellerminen zerfetzten afghanischen Kindes?

Hat nicht Karol Woytila ein wahrhaftig gesegnetes Lebensalter erreichen dürfen? Er erreichte die obere Grenze des menschlicher Physis möglichen Alters.
Warum trauern denn die gläubigen Katholiken um ihren Oberhirten? Die kirchliche Dogmatik besagt doch eindeutig, daß Päpste zusammen mit den vielen Heiligen unmittelbar nach dem Versterben in das Paradies aufsteigen. Die normalsterblichen Katholiken hingegen müssen nach ihrem Tode erst das Fegefeuer durchlaufen. Auf jeden Fall aber liegen sie unendliche Äonen lang in ihren Gräbern, bis der Endkampf zwischen den Heeresverbänden Gottes und den Armeen Satans beginnt. Haben die verstorbenen Katholiken ihre Sterbeskramente erhalten, dann wird sich nun ihr Sargdeckel auftun. Ihr Gerippe erhält wieder eine fleischliche Umkleidung – die sog. Reinkarnation – , sie erhalten sodann eine Rüstung und martialische Waffen und werden in die Schlacht von Armaggeddon geschickt. Wenn diese bestialische Endzeitschlacht zugunsten der göttlichen Heerscharen entschieden ist, dann gibt es eine Gerichtsverhandlung. Wer eine positiv bewertete Personalakte vorliegen hat, darf ins Paradies eingehen für alle Zeiten.
Dem Papst muß also niemand zu seinem transzendentalen Glück verhelfen.

Ganz Deutschland wird unter einen Trauerflor gelegt.
Allerdings müssen wir feststellen: nur etwa dreißig Prozent aller Deutschen sind als Katholiken von diesem mortalen Ereignis betroffen. Von diesen dreißig Prozent ist die überwältigende Mehrheit lediglich noch für die Steuerbehörde katholisch.
Weltweit sind 700 Millionen Menschen als Katholiken erfaßt. Dem stehen 5,3 Milliarden Nicht-Katholiken gegenüber. Soweit diese 5,3 Milliarden Katholiken den Papst überhaupt kennen, stehen sie ihm, um es neutral zu sagen, distanziert gegenüber. Durch seinen störrischen Alleinvertretungsanspruch hat Papst Woytila allerdings eine nicht geringe Abneigung in weiten Kreisen erzeugt.

Es ist schon erstaunlich, wie in den Medien der Eindruck erweckt werden soll, Papst Johannes Paul II. sei eine allseits anerkannte und geliebte Persönlichkeit. Eine Umfrage ergab unlängst, daß unter den deutschen Katholiken 37 % den buddhistischen Dalai Lama für den weisesten Mann der Erde hielten, aber nur 19 % der Befragten deutschen Katholiken ihr eigenes spirituelles Oberhaupt, Papst Johannes Paul II., für den weisesten Mann dieser Erde hielten. Abgesehen davon, daß die Frage nach dem weisesten Mann der Erde alles andere als weise ist – womöglich mußten die Befragten ein Kreuzchen in einem Multiple-Choice-Raster machen, wo als weitere Möglichkeiten neben den o. g. vielleicht noch Dieter Bohlen und Guido Knopp zur Verfügung standen - , entbirgt dieses überraschende Ergebnis durchaus, daß der Papst bei seinen deutschen Schafen ein Kommunikationsproblem hatte.
Der engagiertere Teil der deutschen Katholiken hat sich in den 26 Jahren der Ära Woytila in die innere Emigration zurückgezogen. Etwas differenziertere Befragungen als die o.g. ergaben, daß innerhalb der deutschen Katholikenheit die Inhalte der katholischen Glaubenslehre weitgehend unbekannt oder vergessen sind. Der katholische Theologieprofessor Linus Hauser, kein Abweichler wie Küng, wertet die Umfragebefunde wie folgt aus: „Die regelmäßigen Kirchgänger ... sind diejenigen, die sich oft dadurch auszeichnen, dass sie Glaubensvorstellungen unterschiedlicher religiöser Traditionen miteinander synkretistisch kombinieren." Wenn schon regelmäßige Kirchgänger sich ein Menue zusammstellen aus unterschiedlichsten Religionen dieser Welt, wie sieht das dann erst bei rein nominellen Katholiken aus?
26 Jahre unter Papst Woytila haben offensichtlich nichts zur Schärfung des Profils der katholischen Heilslehre beitragen können.

Dem Pontifikat von Johannes Paul II. ging das Pontifikat des lächelnden Papstes Johannes Paul I. voraus. Dieser Papst, mit bürgerlichem Namen Albino Luciani, kam aus einer Arbeiterfamilie. Ihm brauchte kein „Charisma" angedichtet zu werden. In seiner bescheidenen und herzlichen Art gewann er die Menschen auf Anhieb. Und Johannes Paul I. gab sich nicht mit symbolichen Ersatzhandlungen zufrieden. Er ließ die sinistren Finanzaktivitäten der vatikanischen Behörden und der Banco Ambrosiano durchchequen. Albino Luciani war erkennbar entschlossen, auch kompromittierende Verbindungen zur Mafia, der Loge P2 und zu rechtsextremen Kreisen an die Öffentlichkeit zu zerren und diese verfolgen zu lassen.
Doch da – welch’ eine Seltsamkeit!– wurde der kerngesunde Endfünfziger nach 33 Tagen Pontifikat in seinem Bett tot augefunden – mit weit aufgerissenen Augen und Mund, wie nach einer Vergiftung. Der Vatikan unterband eine Autopsie und weitergehende Untersuchungen. Die mafiösen Verstrickungen flogen mithilfe mutiger italienischer Staatsanwälte später bekanntlich trotzdem auf.
Als neuer Papst wurde Karol Woytila aus Polen präsentiert. Auch Woytila handelte sofort: als erste Amtshandlung überhaupt besuchte er das Grab von José Maria Escriva, dem umstrittenen Begründer des rechtsradikalen Laienordens Opus D e i. Im Laufe von 26 Jahren Woytila-Pontifikat wurde Opus D e i in der Rangordnung der katholischen Orden erheblich angehoben. Gleichzeitig wurde der Jesuitenorden herabgestuft. Escriva beschimpfte die Jesuiten als verkappte Kommunisten. Escriva wurde von Woytila zunächst selig gesprochen, und vor wenigen Jahren dann sogar zum Heiligen befördert. Escriva hatte seinen Orden im Schlepptau des faschistischen Diktators Franco gegründet. Opus D e i stellte in Francos Regierung etliche Minister. Der Geheimorden hat heute weltweit 85.000 Mitglieder. Es handelt sich dabei von Escriva-Leuten handverlesene Führungskräfte aus Wirtschaft, Politik, Presse und Militär.


An hervorragender Stelle werden wir an die unzähligen Reisen des polnischen Papstes erinnert. Der „Eilige Vater" hat bis auf die Polkappen wohl fast jeden Ort bereist. Dabei führte er eine neue rituelle Geste ein. Hatte er die Gangway des Flugzeugs verlassen, begab er sich auf alle Viere und küßte den Boden des Gastlandes. Diese Übung stammt aus dem Repertoire von Opus D e i und wird als „Bodenkuß" bezeichnet. Woytila soll die Polen zur Abschüttelung des „kommunistischen Joches" ermutigt haben. Allerdings gelang diese Abschüttelung im gesamten Ostblock – weitgehend ohne pontifikale Hilfe.
Vermutlich war die erstaunlichste Reisetat dieses Papstes sein Besuch in Kuba. Die Kubaner besuchten seine Freiluftmessen, unterließen es aber, sodann das dortige kommunistische Joch abzuschütteln. Wirklich nachhaltig war die Zerschlagung der Befreiungskirche in lateinamerikanischen Ländern. Diese katholischen Basisgemeinden, die ihre Mitmenschen nicht mit Versprechungen an einen glücklichen Verlauf der Armaggeddon-Schlacht vertrösteten, sondern Hilfe zur Selbsthilfe gaben, wurden vom Papst verdammt. Die Sprengel der Bischöfe wurden derart neu verteilt, daß die zuvor mächtigen Befreiungstheologen neutralisiert waren.
Es gab keinen Horrordiktator katholischer Prägung, sei es Pinochet, Duarte, Marcos oder Houphouét-Boigny, den Johannes Paul II. nicht gerne empfing und mit seinem Segen ausstattete. Den nicaraguanischen Sozialpriester Ernesto Cardenal dagegen schmähte Woytila mit angewiderter Miene und einer Gestik, als wollte er teuflischen Schwefelqualm mit den Händen wegschaufeln.
Die Folge: Katholiken laufen sowohl in Lateinamerika als auch in Europa scharenweise davon. Katholische Forschung und Lehre sind nach zahlreichen exemplarischen Verdammungen erstarrt und verödet. Die Kohorten sind geschrumpft. Und dabei, wie das bei zunehmender Isolation nicht ausbleiben kann, radikalisiert. Den Ton geben Hardliner wie Kardinal Ratzinger an. Von den Reformansätzen des Zweiten Vatikanischen Konzils ist nichts mehr übriggeblieben. Woytila hat viele Opus D e i – Leute zu Kardinälen gemacht. Denn Opus D e i ist zwar ein Laienorden, hat aber dennoch zwei Prozent Kleriker in seinen Reihen. So hat Woytila höchstwahrscheinlich dafür gesorgt, daß sein Nachfolger wieder ein Opus D e i –Mitglied sein wird.

Jetzt beginnt nämlich das Auswahlverfahren für die Wahl des neuen Papstes: das Konklave. Wie der Name schon sagt, eine geheime Wahl, deren Diskussionen der Öffentlichkeit vorenthalten werden. Vermutlich mußte der körperlich schon lange anfällige polnische Papst bis zu seinem qualvollen Tod im Amt bleiben, damit Opus D e i in Ruhe einen ihm ergebenen Nachfolger auskungeln konnte.
Opus D e i hat in der Kurie, das ist die Regierung der Katholischen Kirche, bereits 52Ämter besetzt. Jeder siebzente katholische Priester ist weltweit Opus D e i verbunden. In der Hierarchie bekennt sich bislang nur der Bischof von Lima offen zur Mitgliedschaft bei Opus D e i. 19 Kardinäle bekennen sich als definitive Sympathisanten der rechtsextremen Geheimloge. Weitere 30 Kardinäle nehmen offiziell nicht Stellung zu Opus D e i, haben aber intern ihre Verbundenheit bekannt. In Deutschland regiert u.a. der Opus-D e i –Kardinal Meißner im wichtigen Sprengel zu Köln. Von den 120 Kardinälen in der Konklave, die den neuen Papst zu wählen haben, hat Opus D e i also bereits fast die Hälfte der Stimmberechtigten auf ihrer Seite. Geleitet wird die Konklave von Joseph Kardinal Ratzinger, einem offenen Opus D e i – Anhänger. Ob die restlichen 70 Kardinäle die Organisiertheit und Entschlossenheit besitzen, den Konspirateuren von Opus D e i einen neuen Albino Luciani oder einen Mann von der Redlichkeit eines Papst Johannes XXIII. entgegenzusetzen, darf bezweifelt werden.
Opus D e i hat bereits seit Längerem fünf Kardinäle als mögliche Woytila-Nachfolger in Position gebracht. Wundern Sie sich also nicht, wenn Sie im Zusammenhang mit der Papst-Kür folgende Namen hören sollten: Tetamanzi, Castrillon Oyos, Sodano, Lopez Trujillo oder Kardinal von Schönbaum.
Aber wie es sich für eine veritable Geheimloge gehört, könnten auch noch andere Namen aus dem Hut gezaubert werden.

Habemus Papam – habemus Clapam!