Das social Distel-Ding – Alpträume und Fehlinterpretationen

ID 101606
 
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Teil 15 der social distancing Kolumne. Diesmal mit einem Alptraum, den Blick auf Wolfgang Wodarg und andere die Beruhigen wollen und in die USA
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05:31 min, 13 MB, mp3
mp3, 320 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 14.04.2020 / 18:45

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Klassifizierung

Beitragsart: Kommentar
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Politik/Info, Internationales, Wirtschaft/Soziales
Serie: Das social Distel-Ding
Entstehung

AutorInnen: Fabian Ekstedt
Radio: LoraMuc, München im www
Produktionsdatum: 14.04.2020
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Puh, nach den Feiertagen ist es anstrengend. Heute Nacht hat dieses social Distel-Ding seinen ersten Corona Alptraum gehabt. Von Menschen die keinen Abstand halten wollten.
Es waren nicht einmal die Bilder von den schnell ausgehobenen Massengräbern, die in Italien und den USA gerade befüllt werden. Noch waren es die Bilder aus den Intensivstationen, die mich schlecht schlafen ließen. Es waren einfach nur Menschen, die sich unnötig in einer Gruppe versammelt hatten.
Was das zeigt? Dass all das social distancing durchsickert. Die wirklich schrecklichen Bilder müssen gar nicht mehr aufgerufen werden um einen aus dem Schlaf zu schrecken. Das über die Medien verbreitete Wissen über die Folgen ist da.
Kein Wunder, dass die Theorien, die in den sogenannten sozialen Netzwerken besonders weit verbreiten werden, sich zumeist darum drehen, dass die allgemeine Panik das größere Virus ist. Wolfgang Wodarg und andere verkaufen uns dabei eine Geschichte die uns beruhigen soll. Auf den ersten Blick ist die Beruhigung willkommen. Es gibt weitaus schönere Dinge als sich Sorgen zu machen.
Bis vor nicht allzu langer Zeit war das sogar noch die Linie die der Gesundheitsminister verfolgte. Auch Jens Spahn bemühte noch am 23. Januar in der Tagesschau und am 27. Januar bei NTV den berühmten Vergleich mit der Grippe und ordnete diese als schlimmer ein.
Solche Äußerungen würde er heute vermutlich am liebsten zurücknehmen. Doch die Beweggründe hinter der damaligen Beschwichtigung sind klar:
Keine Panik aufkommen lassen!
Und heute? Heute erleben wir tagtäglich ein Wechselbad der Gefühle. Mal heißt es, schnell wieder aufmachen. Kurz darauf gibt es wieder einen Widerspruch. Uns bleibt zumeist nichts anderes als daran zu glauben, dass wir das richtige tun. Denn auch wenn die Plätze sich wieder füllen, weil wieder jemand von baldigen Lockerungen spricht, ist davon auszugehen, dass keine und keiner das ruhigen Gewissens tut.
Die Frage „Wem und was glaube ich?“, ist zu einer bestimmenden Frage im Umgang mit der Pandemie geworden.
Wer ist in dieser Zeit nicht dankbar für die öffentlich rechtlichen, die zumindest versuchen in all diesen schwammigen Zahlen Klarheit zu vermitteln? Ein Blick in die USA zeigt, wie sich parteiische Kleinkriege in den Medien zu einer Katastrophe auswirken können, die einem echten Krieg in nichts nachstehen. Während die einen US-Bürger die Statements von medizinischem Fachpersonal hören, die die Corona-Krise als schlimmere Katastrophe als 9/11 bezeichnen, sehen andere US-Bürger Kommentatoren im Fernsehen, die sagen, dass man das eigene Leben für die Wirtschaft opfern sollte und evangelikale Pastoren, die das Virus auf Abtreibungen und Homosexualität zurückführen wollen.
Der Kampf um die Aufmerksamkeit richtet sich dabei zumeist nach dem was die Menschen hören wollen. Viele wollen beruhigt werden, wollen sagen können, dass das alles übertrieben ist, dass wir alle auf eine große Verschwörung reinfallen, dass das Virus nur die schlechten Menschen betrifft oder nur diejenigen tötet, die sich nicht an Gott halten. Wo es einen Markt für etwas gibt, kann auch etwas verkauft werden.
Und gerade wenn es keine klare Antwort gibt, sondern Mensch einen Punkt hat an dem er sich reiben kann, dann gibt es die Aufmerksamkeit und damit einen Markt für Werbung. Das kennen wir aus Deutschland auch aus dem öffentlich rechtlichen Fernsehen, auch wenn die Sender nicht direkt auf Werbung angewiesen sind:
Obwohl wir ein Grundgesetz haben, das eindeutig ein Grundrecht auf Asyl kennt und die aktuelle Auslegung des Grundgesetzes die Menschenwürde nur mit einer Grundsicherung geschützt sieht und eine massenhafte Datenspeicherung ohne Verdacht als verfassungswidrig ablehnt, werden immer wieder Personen extra dazu eingeladen, bewusst diese Themen in Frage zu stellen.
Zumeist nur, damit anschließend eine Debatte entbrennt, warum das, was gesagt wurde, nicht gesagt werden darf. Im Anschluss wird sich öffentlich darüber gewundert, dass diese, am Grundgesetz kratzenden, Positionen von immer mehr Menschen geteilt werden. Und damit gibt es dann schon wieder ein Thema für die nächste Sendung.
Jetzt sehen wir in dieser Hinsicht noch eine Zurückhaltung die aktuell sowieso schon hohen Quoten der Talk-Sendungen durch die Einladung von Personen wie Wolfgang Wodarg in die Höhe zu treiben. Vielleicht ja deswegen, weil die direkten Folgen von Fehlinterpretationen sich in steigenden Covid-19 Zahlen widerspiegeln würde.
Dabei konnte die Folge von mehr „asylkritischen“ Themen im Fernsehen gut beobachtet werden: Es gab einen Anstieg fremdenfeindlicher und rassistischer Gewalt.
Wie immer, in dieser verrückten Zeit, bleibt uns social Distel-Dingern dabei nur zu hoffen, dass wir und unsere Medienlandschaft daraus lernen werden.
In den USA scheint dieser Lernprozess zu langsam zu gehen und durch den evolutionären Prozess überholt zu werden. In Folge von Trumps ständiger Beschwichtigung und seiner erratischen Aussagen zu Corona hat sich ein ungenannter Insider des Weißen Hauses an den Guardian gewandt und folgendes zu Papier gegeben: “The Trump organism is simply collapsing. He’s killing his own supporters.”
- Er tötet seine eigenen Unterstützer.
Das kann die Folge von Fehlinformationen sein

Kommentare
15.04.2020 / 14:11 Michael:Rasenspieler, bermuda.funk - Freies Radio Rhein-Neckar
läuft am 15.04 ab 17 Uhr in sonar
Danke!