Der Neukölln-Komplex: 70 rechte Anschläge in fünf Jahren

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Am 23. Dezember 2020 hat die Berliner Generalstaatsanwaltschaft Haftbefehl gegen zwei Neonazis ausgestellt. Sebastian T. sitzt in Untersuchungshaft. Tilo P. ist jedoch wieder auf freiem Fuß. Sie sollen für die rechtsextreme Anschlagsserie in Berlin-Neukölln verantwortlich sein, die als Neukölln-Komplex bekannt geworden ist.

Worum es dabei geht, wollen wir in diesem Beitrag klären. Welche rassistisch motivierten Anschläge gab es in dem multikulturellen Szeneviertel? Was sagen Betroffene und Beobachter*innen? Gibt es wirklich Verbindungen zwischen Neonazis, Polizei und Verfassungsschutz? Betroffene, Zivilgesellschaft und Journalist*innen machen Druck.

Musik: We'llcome united von ADS (mit freundlicher Genehmigung)
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Klassifizierung

Beitragsart: Reportage
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Politik/Info
Entstehung

AutorInnen: Radio onda
Radio: npla, Berlin im www
Produktionsdatum: 11.01.2021
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Der Neukölln-Komplex: 70 rechte Anschläge in fünf Jahren

Am 23. Dezember 2020 hat die Berliner Generalstaatsanwaltschaft Haftbefehl gegen zwei Neonazis ausgestellt. Sebastian T. sitzt in Untersuchungshaft. Tilo P. ist jedoch wieder auf freiem Fuß. Sie sollen für die rechtsextreme Anschlagsserie in Berlin-Neukölln verantwortlich sein, die als Neukölln-Komplex bekannt geworden ist.

Worum es dabei geht, wollen wir in diesem Beitrag klären. Welche rassistisch motivierten Anschläge gab es in dem multikulturellen Szeneviertel? Was sagen Betroffene und Beobachter*innen? Gibt es wirklich Verbindungen zwischen Neonazis, Polizei und Verfassungsschutz? Wer macht auf die Anschläge und Angriffe aufmerksam? Aber eins nach dem Anderen.

Atmo Redebeitrag Ferat

Als Neukölln-Komplex werden die Ereignisse und Ungereimtheiten um die seit 2016 anhaltende Anschlagsserie von Neonazis im Berliner Bezirk Neukölln bezeichnet: Eingeschlagene Scheiben, angezündete Autos, Hakenkreuzsprühereien an den Wohnorten von Betroffenen. Seit beinahe fünf Jahren über 70 Anschläge: Was ist da los? Einer, der Antwort geben kann, ist der Neuköllner Aktivist und Linken-Politker Ferat Kocak.

O-Ton Ferat 1 (0:20):

Die Anschlagsziele werden nicht willkürlich ausgewählt, sondern sie sind wirklich zielgerichtet, sie suchen bestimmte Personen aus, die sie auch angreifen wollen, beobachten sie, sammeln Daten; und begehen so diese Angriffe.

Sprecher:

Die Opfer sind Neuköllner Bürgerinnen und Bürger, die sich gegen Rechtsextremismus engagieren, Einzelpersonen der migrantischen Community und ihre Geschäfte, aber auch linke Läden und Personen. Ferat Kocak beobachtet schon länger das Vorgehen der Nazis in Neukölln. Am 1. Februar 2018 wurde er selbst Opfer eines besonders gefährlichen Angriffs:

O-Ton Ferat 2 (0:13)

Die haben mich über ein Jahr lang beobachtet. In einer Nacht haben sie einen Brandanschlag auf mich und meine Familie verübt; wäre ich fünf Minuten später aufgewacht, wären wir im Haus mit verbrannt.

Sprecher:

Andere Betroffene, so berichtet er, leiden nach den rassistischen Anschlägen unter permanenter Angst und wollen sich öffentlich nicht äußern. Bei Kocak ist das anders: Er informiert seit dem Anschlag auf ihn und seine Familie vor knapp drei Jahren regelmäßig auf seinem Twitterprofil "der Neuköllner" über die Vorkommnisse im Neukölln-Komplex.

O-Ton Ferat 3 (0:20):

Ich geh schlafen mit dem Gedanken an Nazis, ich wach auf mit dem Gedanken an Nazis. Insbesondere weil, wenn ich morgens aufstehe, habe ich entweder eine SMS oder einen unbekannten Anruf....also die schicken auch schon die Message, dass sie an mich denken. Und ich habe denen schon mal eine Message über Social Media zukommen lassen und mich bedankt, dass sie mich immer noch wieder morgens daran erinnern, dass ich weiß, wofür ich an dem Morgen aufwache.

Sprecher:
Neukölln gilt als multikultureller Stadtteil: Hier leben Migrant*innen, Geflüchtete, Künstler*innen, Studierende.. Vor allem der Norden war früher als Arbeiter*innenbezirk bekannt und später als gefährliches Pflaster verrufen, die Mieten waren billig. Heute reihen sich neben Shisha-Bars, Küchen aus aller Welt, multireligiöse Friedhöfe, mehrsprachige Kindergärten und etablierte Dönerbuden auch vegane Cafés. Seit einigen Jahren sind die Mietpreise drastisch gestiegen und es mischen sich internationale Partygäste in das Bild des hippen und immer diverseren Berliner Stadtteils. Warum ist also ausgerechnet Neukölln Schauplatz dieser rassistischen Anschlagsserie? Frank Metzger vom Antifaschistischen Pressearchiv Apabiz antwortet:

O-Ton Frank 1 (0:34):

Neukölln ist ein Bezirk, der sehr stark durch eine Einwanderungsgeschichte vor mehreren Jahrzehnten geprägt ist, sehr viele Menschen mit einer Migrationsgeschichte in ihrer Familie dort leben in verschiedenen Generationen. Aber natürlich, da muss man sich ja nichts vormachen, dass es auch in solchen Bezirken extrem rechte Strukturen gibt. Seit mehreren Jahrzehnten gibt es aktive extrem rechte und neonazistische Strukturen in Neukölln.

Sprecher:
Bereits 2011 und 2012 gab es eine Serie rechter Anschläge in Neukölln. Auch damals waren linke und migrantische Einrichtungen betroffen. 2011 brannte das Anton-Schmaus-Haus des sozialistischen Jugendverbands die Falken. 2012 wurde der 22-jährige Burak Bektas auf offener Straße erschossen. Frank Metzger vom Apabiz erinnert sich:

OT Frank 2 (0:50) :
Dieser Mord an Burak Bektas wurde nur ein knappes halbes Jahr nach der Selbstenttarnung des NSU verübt, auf offener Straße: Burak stand mit Freunden auf der Straße, nachts in Neukölln, die Jugendlichen haben den Täter, der sich der Gruppe wortlos genähert hat, als weißen, älteren Mann beschrieben. Der Täter kam auf sie zu, wortlos, hat eine Pistole gezückt, hat in die Gruppe geschossen, gezielt auf die Personen, und ist wortlos auch wieder gegangen. Burak ist direkt am Tatort verstorben, zwei seiner Freunde haben nur schwer verletzt überlebt. Und dieser Mord ist bis heute immer noch nicht aufgeklärt.

Sprecher:
Im Jahr 2015 wurde ebenfalls in Neukölln der Brite Luke Holland erschossen. Diesmal wurde der Täter, wieder ein älterer weißer Mann, gefasst, aber eine mögliche Verbindung zum Mord an Burak Bektas wurde nur unzureichend geprüft. Die anderen Angriffe in Neukölln wurden nicht aufgeklärt, obwohl eindeutige Hinweise in die Berliner Neonaziszene führten, den sogenannten „Nationalen Widerstand Berlin“, so Frank Metzger weiter:

OT Frank 3 (0:39):

Das war eine Neonazistruktur, berlinweit, wo aus den verschiedensten Bezirken und Stadtteilen Neonazis mit engagiert waren...es gab sogenannte Feindeslisten, wo damals so 200 bis 300 Personen namentlich genannt wurden, wo linke Einrichtungen, Vereine, Kneipen, Parteibüros etc. genannt wurden - die dann teilweise eben auch von diesen Anschlagsserien betroffen waren. Also Sebastian T. war auch schon zu jener Zeit in Nazi-Strukturen aktiv und gerade auch in Neukölln einer der Aktivsten.

Sprecher:
Der Nationale Widerstand Berlin ist inzwischen verboten. Damals wie heute wurde keiner der Täter ermittelt; damals wie heute fielen immer wieder Namen von Personen, die der Taten verdächtigt werden: der 34-jährige Sebastian T., der 37-jährige Tilo P. und Julian B.

OT Frank 4 (0:55):

Sebastian T., ein seit vielen Jahren bekannter und auch in Strukturen eingebundener Neonazi; Tilo P., da ist es ähnlich: Der war vorher auch in Hooligan-Strukturen eingebunden, beziehungsweise hatte da Kontakte; ist dann aber vor allem in den letzten Jahren in der AfD in Neukölln aktiv gewesen und war mit im Vorstand der Neuköllner AfD. Diese beiden Personen sind, sowohl von Betroffenen, von Leuten, die sich mit den Strukturen in Neukölln auskennen, benannt worden, und dann eben aber auch von den Behörden tatsächlich als dringend Tatverdächtige benannt worden. Gleichwohl wurde immer betont, sie stehen unter sehr dringendem Tatverdacht, es kann ihnen aber trotzdem angeblich nichts nachgewiesen werden. Hinzu kommt noch eine dritte Person, Julian B. , der auch schon seit vielen Jahren bekannt ist.

Sprecher:

Die aktuelle Serie mit über 70 verübten Anschlägen in Neukölln, deren rassistische Motivation offenkundig ist, begann 2016, kurz nachdem Sebastian T. aus dem Gefängnis entlassen wurde. Der Anschlag auf Ferat Kocak am 1. Februar 2018 zeigt exemplarisch, wie die mutmaßlichen Täter vorgegangen sind - und wie passiv sich die Ermittlungsbehörden verhalten haben:

OT Ferat 4 (0:35):

Die mutmaßlichen Täter wurden von Verfassungsschutz über Monate hinweg abgehört und die Sicherheitsbehörden haben auch mitbekommen, wie sich mich beobachtet haben, wie sie mir hinterher gelaufen sind, wie sie versucht haben, herauszufinden, wo ich wohne. Der eine wollte mich per öffentlichen Verkehrsmittel verfolgen, der andere stand mit dem Auto da, und dann haben die mich bis nach Hause verfolgt. Zwei Wochen später brannte mein Auto; das Feuer ging über auf das Haus...und wir haben nur überlebt, weil ich dann zufällig aufgewacht bin.

Sprecher:

Warum ist der Anschlag auf Ferat Kocak nicht verhindert worden, obwohl die Ermittlungsbehörden wussten, dass er verfolgt wird? Der Neuköllner berichtet, er hätte als von Rassismus betroffener ohnehin schlechte Erfahrungen mit der Polizei machen müssen. Deren zweifelhafter Umgang mit dem Anschlag auf ihn verstärke sein Misstrauen.

Ferat 5 (0:27):

Was dann hinzu kam ist, dass die Polizei die ganze Zeit versucht hat, zu begründen, warum sie mich nicht gewarnt haben. Also: Sie haben meinen Namen falsch geschrieben, sie haben mich nicht als gefährdet eingeschätzt, weil ich mich nicht gegen Rechtsextremismus engagiere. Das zeigt, dass sie nicht recherchiert haben und versuchen, sich einfach, rauszureden, warum dieser Fehler passiert ist.

Sprecher:
Auf Druck von Betroffenen, Antifa-Recherchen wie Neukölln Watch, Medienberichten und polizeiinternen Untersuchungen sind immer neue Hinweise auf Verbindungen zwischen Behörden und rechten Strukturen in Neukölln ans Licht gekommen:

Sprecher*innen:

Ein LKA-Beamter hat sich 2018 mit den nun beschuldigten Neonazis in einer rechten Neuköllner Kneipe getroffen. Das Treffen wurde zufällig vom Verfassungsschutz observiert. Doch die Polizei streitet das Treffen ab.
Mehrere Polizist*innen aus Neukölln, Treptow-Köpenick und Tempelhof-Schöneberg sind Funktionäre oder Sicherheitsberater für die Berliner AfD.

Polizist*innen einer Neuköllner Polizeiwache ignorieren an Tatorten von Brandstiftungen immer wieder metergroße gesprühte Nazisymbole.

Ein Neuköllner Ermittler, der auch als Bezugsperson für die Betroffenen der Neuköllner Anschlagsserie zuständig war, hat aus rassistischen Motiven einen afghanischen Geflüchteten verprügelt. Der Polizist steht vor Gericht, der Afghane wurde abgeschoben.

Zwei Berliner Staatsanwälte, die mit der Aufklärung der Neuköllner rechtsextremen Angriffe beauftragt waren wurden von dem Fall abgezogen. Einer der Beiden soll gegenüber einem der verdächtigen Neonazis seine Nähe zur AfD bekundet haben.

Daten von Betroffenen der Anschläge wurden unberechtigt von Polizist*innen abgefragt und tauchten dann bei Neonazis auf.

Die Hauptverdächtigen verhielten sich immer ausgerechnet dann unauffällig, wenn sie von der Polizei beschattet wurden.

MUSIK

O-Ton Basta Britz:
Wir sind Basta!

Sprecher:
Eine Gruppe von Bewohner*innen aus dem Neuköllner Ortsteil Britz demonstriert seit über einem Jahr...

O-Ton Basta Britz:
Seit Mai 19. Jeden Donnerstag. Auch bei Corona.

Sprecher:
...vor dem Berliner LKA. Karin und Roswitha von Basta erklären, warum:

O-Ton Karin
Wir stehen da, weil wir die Aufklärung der rechten Straftaten wollen. Nicht eine rechte Straftat in den letzten 10 Jahren ist den Ermittlungsbehörden gelungen, aufzuklären. Das ist ein Grund, und ein zweiter ist hinzugekommen: Nämlich, dass immer mehr Indizien, und wir erleben es auch vor dem LKA, die rechten Strukturen innerhalb der Ermittlungsbehörden. Und dieses Zusammenspiel zwischen den Nazis und den Ermittlungsbehörden, dass das mal offengelegt wird und das klar wird, dass ist die Hauptmotivation, weshalb wir dort stehen.

O-Ton Roswitha:
Und auch diese Legendenbildung von den vielen, vielen Einzelfällen. Das halten wir wirklich für ne Legendenbildung, und die kann mal langsam beendet werden.

Sprecher:
Ferat Kocak sieht das ähnlich:

OT Ferat 6 (0:28):

Hier merken wir immer wieder, dass es Nazistrukturen auch in der Neuköllner Polizei gibt; die Nazis fühlen sich im Umkreis der Polizei wohl; es gibt persönliche Verbindungen. Welche Strukturen im Hintergrund begünstigen eigentlich die Taten dieser Neonazis und verhindern eine Aufklärung? Das sind Fragen, die uns Angst machen. Weil wir im Prinzip gar nicht von der Polizei geschützt werden; obwohl das ihre einzige Aufgabe in diesem Staatsapparat sein müsste.

Sprecher:
Die Hinweise auf eine rechte Gesinnung bei Polizei und Staatsanwaltschaft in Berlin lassen vermuten, dass Ermittler*innen eine Aufklärung gezielt verhindert haben. Nochmal Frank Metzger vom Apabiz:

O-Ton Frank 5 (0:20):
Es zeigt sich einmal mehr, dass offensichtlich auch hier im Neukölln-Komplex, wie auch schon bei anderen rechten oder rechtsterroristischen Mordserien, wie zum Beispiel im NSU-Komplex, die behördlichen Strukturen und Organe, sei es Polizei oder auch Verfassungsschutz, eben auch da nicht Teil der Lösung sondern Teil des Problems sind.

Atmo Demonstration

Sprecher:
Da die Polizei die Anschläge bis heute nicht aufgeklärt hat, soll mit Demonstrationen und Protesten der Druck auf Polizei, Staatsanwaltschaft und die rot-rot-grüne Landesregierung Berlins aufrecht erhalten werden. Am Rand einer Demonstration durch Neukölln Ende November erklärt ein Aktivist von Neukölln Watch:

O-Ton Neukölln Watch:

Wir haben die vielen, vielen Angriffe gesehen in Südneukölln hier, aber auch in Nordneukölln, und haben immer mehr festgestellt, wie sehr da eigentlich Polizisten mit drinhängen. Der Staat kann es nicht, viele Polizisten wollen es nicht, und das ist auch der Grund, warum wir uns an der Demo hier beteiligen. Das muss man am Ende selber machen, also dass die Neonazis hier aktuell in Südneukölln nicht mehr so eine Macht sind auf der Straße, ist vor allem durch den Druck von Antifaschist*innen - nicht durch die Polizei.

Sprecher:
Eine der Möglichkeiten, um Licht in den Neukölln-Komplex zu bringen, könnte ein Untersuchungsauschuss sein:

O-Ton Ferat 7 (0:29):

Wir fordern jetzt schon seit über einem Jahr mit über 25.000 Unterschriften einen Untersuchungsausschuss, zu rechten Strukturen innerhalb der Polizei, in Anlehnung an den Neukölln-Komplex, also an die Fälle oder Skandale in Neukölln. Wir sind auch der Meinung, das hätte es schon längst beim NSU-Skandal geben müssen in Berlin, weil es immer wieder Verbindungen gab, auch zu den NSU-Morden. Und eine rot-rot-grüne Regierung, die von sich behauptet, dass sie antifaschistisch ist, tut sich schwer, das durchzusetzen.

Sprecher:
Frank Metzger vom Apabiz glaubt hingegen eher nicht, dass ein Untersuchungsausschuss, wenn er denn kommt, grundlegend etwas ändern könnte. Dennoch hofft er...

O-Ton Frank 6 (0:17):

...dass es da endlich mal zu einer Aufklärung kommt; dass dem Druck der Betroffenen und der Bedrohungssituation Rechnung getragen wird und auch für die Leute endlich mal eine Ruhe einkehren kann, irgendwann.

Musik We‘ll come united

Sprecher:
Inzwischen sind in Neukölln migrantische Gruppen, antifaschistische Initiativen und eher bürgerlich geprägte Gruppen zusammen gerückt. Nach den rassistischen Morden vom 19. Februar 2020 in Hanau und dem Mord an George Floyd in den USA hat sich die Berliner Migrantifa gegründet.

O-Ton Ferat 8 (0:23):

Mit Migrantifa und auch nach dem Anschlag von Hanau hat sich da etwas ganz Neues etabliert, und zwar ein Verständnis, dass wir den Kampf gegen Rassismus in der Mitte der Gesellschaft brauchen, um den Zustrom nach Rechtsaußen zu cutten, um dann halt auch einen nachhaltigen antifaschistischen Widerstand aufzubauen. Und das ist finde ich auch eine erfreuliche Nachricht, neben dem ganzen Schrecklichen, was da passiert ist.

Sprecher:
Die bislang letzten bekannt gewordenen Angriffe in Neukölln fanden im Juli 2020 statt.
Für Karin von Basta Britz kein Grund zur Entwarnung:

O-Ton Karin:
Ich möchte, dass wir hier einen Raum frei von Rechtsextremismus haben. Und deswegen kämpfe ich dafür. Ich möchte, dass hier jeder sich frei bewegen kann, egal welcher Hautfarbe oder sonst irgendwie - ich möchte hier in einem Kiez leben, in dem Rassismus keine, null Möglichkeit hat! Das ist eine Nulltoleranz gegenüber Rassismus!

Sprecher:
Ende Dezember sind nun doch noch Haftbefehle gegen zwei der Hauptverdächtigen ausgestellt worden. Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin sagt, sie habe keine neuen Beweise; es gäbe nur eine Neubewertung des Falls. Diese ist scheinbar erst eingetreten, als den bisherigen Staatsanwälten die Zuständigkeit entzogen wurde.

Was passiert nun? Selbst wenn die beiden Verdächtigen verurteilt werden sollten, ist das nicht das Ende der Geschichte. Nach Jahren des Wegschauens, Relativierens und des Behördenversagens bleibt noch einiges mehr aufzuklären; wie etwa die Hinweise auf Verbindungen zwischen Neonazis und Ermittlungsbehörden. Eine mögliche Verurteilung der Täter, da ist Ferat Kocak sicher, sei jedenfalls kein Erfolg der Staatsanwaltschaft, sondern dem Druck der Betroffenen und der Zivilgesellschaft zu verdanken.

Atmo Kundgebung:

...Das ist der Auftakt. Wir werden so lange weitermachen, bis wir den Nazisumpf hier in Neukölln endlich trockengelegt haben!

Kommentare
13.01.2021 / 12:43 tagesaktuelle redaktion, Radio Corax, Halle
gespielt im morgenmagazin 12.01.
danke!
 
14.01.2021 / 12:36 heike, Radio Z, Nürnberg
gesendet
bei radio z mit vielem dank!
 
26.01.2021 / 16:29 katrin, Radio RaBe, Bern
Gepostet auf...
... rabe.ch und den Social Media Kanälen. Top Arbeit, danke!
 
02.02.2021 / 23:25 Rote Hilfe Info,
Gespielt in unserer gestrigen Sendung
Danke für den interessanten Beitrag!