19,5 Milliarden Euro sind genug! Den Kirchen kein Geld mehr hinterherwerfen - Staatsleistungen stoppen!

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Anlässlich der Anhörung im Bundestag zu den sog. historischen Staatsleistungen demonstrierte der Bund für Geistesfreiheit München am 12. April 2021 vor dem Erzbischöflichen Palais sowie vor dem evangelischen Landeskirchenamt in München. Staatsleistungen sind Entschädigungszahlungen an die Kirchen für den Verlust geistlicher Territorien aus der Zeit der napoleonischen Kriege vor 200 Jahren. LORA-Mitarbeiter Nick Bergner war bei der Demo dabei.
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11:17 min, 10 MB, mp3
mp3, 127 kbit/s, Mono (44100 kHz)
Upload vom 13.04.2021 / 11:30

Dateizugriffe: 1577

Klassifizierung

Beitragsart: Gebauter Beitrag
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Wirtschaft/Soziales, Religion, Kultur, Politik/Info
Entstehung

AutorInnen: nick Bergner
Radio: LoraMuc, München im www
Produktionsdatum: 13.04.2021
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Anmoderation
Anlässlich der Anhörung im Bundestag zu den sog. historischen Staatsleistungen demonstrierte der Bund für Geistesfreiheit München am 12. April 2021 vor dem Erzbischöflichen Palais sowie vor dem evangelischen Landeskirchenamt in München. Staatsleistungen sind Entschädigungszahlungen an die Kirchen für den Verlust geistlicher Territorien aus der Zeit der napoleonischen Kriege vor 200 Jahren. LORA-Mitarbeiter Nick Bergner war bei der Demo dabei.
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Text Beitrag:
O-Ton Demonstrierende
Wenn sich der Münchner Erzbischof, Kardinal Reinhard Marx am Vormittag des 12. Aprils im Erzbischöflichen Palais in der Kardinal-Faulhaber-Straße aufgehalten hat, dürfte er diese Stimmen gehört haben.
Der Bund für Geistesfreiheit München fordert seit langem die Ablösung der sog. historischen Staatsleistungen. Um dieser Forderung Nachdruck zu verleihen, veranstaltete die Körperschaft des öffentlichen Rechts am 12, April zwei Kundgebungen – zum einen vor dem Erzbischöflichen Palais – zum anderen vor dem evangelischen Landeskirchenamt in der Katharina-von-Bora-Straße. Mit Schildern auf denen stand "Den Kirchen kein Steuergeld hinterherwerfen - für eine sofortige und entschädigungslose Ablösung der Staatsleistungen", "warum muss ich das Gehalt des Münchner Erzbischofs, Kardinal Reinhard Marx, bezahlen?" oder "Über 200 Jahre 'Entschädigungszahlungen' für die Kirchen und zum Abschluss eine hohe Ablösesumme? Wir wollen auch enteignet werden!" demonstrierten rund 15 Aktivistinnen und Aktivisten.
Stimmen
Historische bzw. altrechtliche Staatsleistungen bzw. die Forderung nach Ablösung dieser Staatsleistungen – ein Thema das bisher nicht ganz oben auf der politischen Agenda stand
O-ton Wladarsch 1
sagt Michael Wladarsch, Vorsitzender des Bundes für Geistesfreiheit vor dem Erzbischöflichen Paläis in der Kardinal-Faulhaberstraße. Seit 1949 haben die beiden großen Kirchen in Deutschland ca. 19,5 Milliarden Euro an sog. historischen Staatsleistungen erhalten. Allein in diesem Jahr belaufen sich die zweckungebundenen Zuwendungen auf insgesamt 580 Millionen Euro. Der Freistaat Bayern zahlt 2021 knapp102 Millionen Euro an die katholische und evangelische Kirche. Dabei geht es nicht um Zahlungen des Staates, die z.B. für den Betrieb von Kindergärten, Krankenhäusern, Pflege- und Seniorenheimen an Caritas oder Diakonie geleistet werden, sie sind auch nicht zu verwechseln mit der Kirchensteuer, sondern die Kirchen bekommen das Geld noch immer quasi als "Entschädigung" wegen der Säkularisation Anfang des 19. Jahrhunderts. Zur Zeit der napoleonischen Kriege wurden die geistlichen Territorien und Kirchengüter des "Heiligen Römischen Reichs" durch den "Reichsdeputationshauptschluss" von 1803 säkularisiert, das heißt, sie wurden der Hoheit der größeren weltlichen Landesfürsten unterstellt.
O-Ton Wladarsch 2
Wie soll man Menschen, v.a. Konfessionsfreien, heute erklären, dass die katholische Kirche in Bayern ihr Steuergeld z.B. für das Personal der Erzdiözesen - einschließlich der Jahresrenten für Erzbischöfe und Bischöfe – verwendet. Schwierig, oder?
Anlass der zwei Protestkundgebungen vor dem Erzbischöflichen Palais sowie vor dem evangelischen Landeskirchenamt in München am 12. April war die Anhörung im Innenausschuss des Bundestags zum "Entwurf für ein Grundsätzegesetz zur Ablösung der Staatsleistungen", den Bündnis 90/Die Grünen, FDP und Die Linke schon am 13. März 2020 in den Bundestag eingebracht haben.
Laut Gesetzentwurf soll zur Ablösung der Staatsleistungen das 18,6-fache der Summe des Jahres 2020 über einen Zeitraum von 20 Jahren gezahlt werden. Das wären über 10 Milliarden Euro. Bis zur endgültigen Ablösung sollen zudem die Staatsleistungen weitergezahlt werden. Das hieße, die Kirchen bekämen 20 Jahre lang zum einen die jährlich steigenden Staatsleistungen, zum anderen den jährlichen Beitrag zur Ablösesumme – die Schätzungen reichen von insgesamt ca. 22 bis 25 Milliarden Euro. Eine gewaltige Summe und Stimmen aus Union und SPD plädieren sogar für noch höhere Summen für die Kirchen.
Wenn man Menschen – ganz gleich, ob gläubig oder ungläubig – auf die sog. Staatsleistungen anspricht, stellt man fest: Kaum jemand weiß davon. Nach dem ersten Staunen folgen Kritik und Zorn. Kritik an einer Politik, die den Kirchen jedes Jahr Geld der Steuerzahlerinnen und -zahler überweist, obwohl seit 1919 (Weimarer Reichsverfassung) bzw. seit 1949 (Grundgesetz) sogar ein Verfassungsauftrag zur Ablösung der Staatsleistungen besteht. Zorn auf eine Kirche, die das Geld nimmt und das noch immer mit der Säkularisation Anfang des 19. Jahrhunderts begründet.
Warum überhaupt der Verfassungsauftrag seit über 100 Jahren von den Parlamenten missachtet erläutert Michael Wladarsch
O-Ton Wladarsch 3
Was der Bund für Geistesfreiheit München daher von der Politik fordert, ist klar. Denn selbst wenn man der Auffassung ist, dass es sich bei den Staatsleistungen um Entschädigungszahlungen aufgrund von Säkularisierungsprozessen handelt - nach über 200 Jahren seien diese Verpflichtungen längst und um ein Mehrfaches abgegolten.
O-Ton Wladarsch 4
sagt Michael Wladarsch, Vorsitzender des Bundes für Geistesfreiheit München. Über eine Rückzahlung der Staatsleistungen sollte in der Tat nachgedacht werden. Haben doch die geistlichen Kurfürstentümer, Fürstbistümer, Reichsabteien etc. ihre Territorien und Güter in feudalen, nicht in demokratischen Zeiten erworben. Sie haben unter Ausbeutung der ansässigen Untertanen die Gewinne eingestrichen und ihren Besitz und ihr Vermögen jahrhundertelang vermehrt. Zudem waren die Kirchen nicht selten Nutznießer von sog. 'Hexen'-Verfolgungen, Pogromen gegen Juden oder Andersgläubige und haben sich die Besitztümer der Vertriebenen und Getöteten einverleibt. Wurden die Opfer der Kirchen, ihre Angehörigen oder Nachkommen jemals angemessen entschädigt?

Kommentare
14.04.2021 / 08:22 Attac-Magazin, radio flora, Hannover
Danke!
gesendet am 13.04.
 
14.04.2021 / 20:06 MittwochsRedaktion, coloRadio, Dresden
gesendet im Magazin am 14.04.2021
…leider nur einen Teil (Zeit hat nicht gereicht). Danke, sehr interessant!