Fabian Lehr (fb, 06.08.21)
Die Meldung, dass Geimpfte aktuellen Studien zufolge wohl genauso ansteckend sein können wie Ungeimpfte, wird gerade etwas überdramatisiert: Geimpfte Infizierte mögen genauso infektioes sein wie ungeimpfte Infizierte, aber die Wahrscheinlichkeit, sich überhaupt erst zu infizieren, ist für Geimpfte immerhin so 50-60% niedriger. Vollständige Impfung reduziert also trotzdem sehr erheblich die Wahrscheinlichkeit, dass jemand das Virus verbreitet. Unmöglich ist es aber absolut nicht, und es wird in den nächsten Monaten millionenfach geschehen. Und das zeigt, wie grotesk die ganze Diskussion darüber ist, Coronatests bald kostenpflichtig zu machen als Anreiz für die Impfung. Im Gegenteil wäre es dringend notwendig, auch Geimpfte davon zu überzeugen, sich weiterhin regelmäßig testen zu lassen. Nicht nur, um asymptomatische oder mild symptomatische Infizierte aufzuspüren und aus dem Verkehr zu ziehen, sondern auch, weil es bald kaum noch brauchbare Daten über die Zirkulation des Virus geben wird, wenn Tests kostenpflichtig werden und sich somit kein Mensch mehr testen lassen wird, der es nicht unbedingt muss. Es muss wieder MEHR Tests geben und nicht WENIGER. Die Tests kostenpflichtig zu machen und damit die Bevölkerung indirekt aufzufordern, sich nicht mehr testen zu lassen, ist ungefähr der bescheuertste denkbare Ansatz zur Steigerung der Impfquote. Aber vielleicht ist der Hintergedanke dabei eh, die Pandemie, die die europäische Politik seit nun anderthalb Jahren nicht bewältigen kann, durch Wegfall der Tests unsichtbar zu machen.

Lukas Oberndorfer (fb, 05.08.21)
Griechenland und die Türkei brennen, aber bei uns kann das nicht passieren", ist die kurzsichtige Hoffnung mancher. Warum das nicht stimmt und was Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) damit zu tun hat:
Die Vororte von Athen brennen, das Feuer bedroht Menschenleben und Tiere und hat mittlerweile das antike Dorf Olympia erreicht. Athen liegt in Rauchschwaden und es fällt schwer zu atmen. In ganz Griechenland sind es mittlerweile mehr als 160 Brände und die Hitzewelle mit bis zu 44 Grad reißt nicht ab.
Mark Parrington Experte für Waldbrände beim Copernicus Atmosphere Monitoring Service (CAMS) sagt, dass die Brände das normale Maß der Brände in den Sommermonaten längst überschritten haben.
Nicht zuletzt wegen der durch die Troika aufgezwungene EU-Kürzungspolitik fehlt es an Löschflugzeugen, Feuerwehrmännern/-frauen und Ausrüstung. Durch entsprechende Ausnahmen floss das Geld jedoch ungebremst in Richtung weiterer Militarisierung.
Auch auf der anderen Seite der Ägäis toben die Folgen der Klimaerhitzung: Schon 100.000 Hektar Wald sind in der Türkei abgebrannt. Die 190 Feuer haben schon jetzt ein Ausmaß, dass es seit Beginn der entsprechenden Datenerfassung nicht beobachtet wurde.
Aber „uns“ kann das nicht betreffen so vielleicht zynisches Denken oder eines, das aus Sorge diese mentale Zuflucht nimmt. Nur stimmt das leider nicht. Denn auch der Wald in Zentraleuropa ist durch die Klimaerhitzung massiv gefährdet. Gerade weil wir hier mit +2 Grad eine überdurchschnittliche Erhitzung erleben.
Die österreichische Waldbrandinitiative AFFRI (Austrian Forest Fire Research Initiative) an der BOKU hat aufgezeigt, dass Österreich zwar noch nicht unmittelbar stark betroffen ist, aber in den nächsten Jahren aufgrund der Klimaerhitzung mit einer starken Zunahme der Brände zu rechnen hat.
Der Grund dafür liegt aber nicht nur in der Klimaerhitzung, sondern es gibt einen weiteren Triebfaktor: Monokulturen, die sich in den letzten Jahrzehnten massiv ausgebreitet haben, weil dem Wald so noch mehr Profit entrissen werden kann.
Das Problem ist nur Monokulturen können viel weniger Regenwasser speichern als Mischwälder und sind damit bester Brennstoff. Auch für die anderen extremen Wetterereignisse sind sie gefährlich: Die in Österreich weitverbreiteten Fichtenmonokulturen wurzeln nicht tief und können so von Starkwind und Muren leicht mitgerissen werden.
Und was unternimmt Ministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) dagegen? Sie ist engagiert sich gerade die EU-Waldstrategie im Interesse der Waldbesitzer zu torpedieren. Diese sinnvolle EU-Maßnahme will Monokulturen zurückdrängen und Mischwälder fördern. Zumindest Teile des Waldes sollen damit der kommerziellen Nutzung entzogen werden.
Doch die 11,3 Millarden, welche die österreichischen Großgrundbesitzer dem Wald jährlich auf Kosten der Biodiversität, der Brand- und Murenprävention entreißen, dürfen nicht angetastet werden und so hat Köstinger im Juli den Widerstand Österreichs gegen die Strategie angekündigt.
Der Antagonismus zwischen Kapitalverwertung und (Über-)Leben wächst weiter an. Wenn wir uns nicht rasch gegen diese Zumutungen wehren, werden auch „wir“ bald mit den Konsequenzen von Waldbränden zu kämpfen haben.