Zu einigen vereins- und strafrechtlichen Einordnungen der Hausdurchsuchung bei Radio Dreyeckland im Kontext des Indymedia Linksunten Verbots

ID 119906
Vollständiges Gespräch (Hauptteil)
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Studiogespräch mit Detlef Georgia Schulze.
Das Gespräch gliedert sich in folgende Abschnitte:
I. Der Anlaß der Durchsuchung – ein Artikel vom 30. Juli 2022 auf der Webseite von Radio Dreyeckland, der das Archiv von linksunten.indymedia verlinkt
II. Die Spiegelung des Archivs von linksunten.indymedia, die Detlef Georgia Schulze schon Anfang 2020 vorgenommen hatte
III. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zum Verbot von linksunten.indymedia
IV. Zum Unterschied zwischen sog. Kriminellen Vereinigungen und vereinsrechtlich verbotenen Vereinigungen
V. Zur Geschichte der Repression gegen die Zeitschrift „radikal“
VI. Zur für das rdl-Verfahren relevanten Verjährungsfrist
VII. Kein Verstoß gegen § 85 Strafgesetzbuch, auf den sich der Durchsuchungsbeschluß beruft
IIX. Auch kein Verstoß gegen § 86 StGB (Verbreitung von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen)
IX. Zu den Aussichten des noch anhängigen Verfassungsbeschwerde-Verfahrens

Ausschnitt1: Kein Verstoß gegen § 85 Strafgesetzbuch, auf den sich der Durchsuchungsbeschluß beruft
Ausschnitt 2: Auch kein Verstoß gegen § 86 StGB (Verbreitung von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen)
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Upload vom 23.01.2023 / 21:07

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Klassifizierung

Beitragsart:
Sprache:
Redaktionsbereich:
Entstehung

AutorInnen: Nachmittagsmagazin für subversive Unternehmungen; nfsu
Radio: FSK, Hamburg im www
Produktionsdatum: 23.01.2023
Folgende Teile stehen als Podcast nicht zur Verfügung
Ausschnitt
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2. Auschnitt: Gründe des AG
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Skript
Eine Liste von Links, die insbesondere zu den erwähnten Paragraphen und Gerichtsentscheidungen führen: [Link- und Literatur-Liste sowie Korrekturen zu dem Gespräch (erstellt von DGS)]

Zu Abschnitt I. (Anlaß der Durchsuchung)
+ Der rdl-Artikel:
++ aktuelle Webseite: https://rdl.de/beitrag/ermittlungsverfah...
++ Speicherung der Ursprungsfassung bei archive.org: https://web.archive.org/web/202207301001... (mir fallen jedenfalls keine Unterschiede auf)

Zu Abschnitt II. (Archiv-Spiegelung durch DGS)
+ Meine Spiegelung des Archivs von linksunten-indymedia: https://web.archive.org/web/202003171011...
index.html 2
+ Mein Brief an die Medienanstalt Berlin-Brandenburg dazu: http://trend.infopartisan.net/trd0220/Br...
+ Brief an das Landeskriminalamt: https://twitter.com/TaP_Theorie/status/1... und Folge-Tweet

Zu Abschnitt III. (Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts)
+ „Leipziger Urteil“ (= eines der Urteile des Bundesverwaltungsgerichts zu den vier Klagen gegen das Verbot – zu allen vier Klagen gibt es weitgehendst inhaltsgleiche Urteile mit unterschiedlichem Aktenzeichen): https://www.bverwg.de/de/290120U6A1.19.
++ Feststellung, daß es einen „Verein“ gegeben habe: Textziffer 37 bis 47
++ Weigerung, das Vorliegen oder Nicht-Vorliegen der Verbotsgründe zu prüfen: Textziffer 15 (vgl. dazu meine Kritik: Das Leipziger Landdogma und der wirkliche Artikel 9 Absatz 1 Grundgesetz, in: de.indymedia vom 30.01.2020; https://de.indymedia.org/node/62412).
+ Artikel 9 Grundgesetz: http://www.gesetze-im-internet.de/gg/art... zu Abschnitt IV. (Zum Unterschied zwischen sog. Kriminellen Vereinigungen und vereinsrechtlich verbotenen Vereinigungen)
+ § 129 Strafgesetzbuch (Kriminelle und terroristsche Vereinigungen): http://www.gesetze-im-internet.de/stgb/_... und http://www.gesetze-im-internet.de/stgb/_...
+ Zur KommunistInnen-Verfolgung in der BRD der 1950er und 60er Jahre:
++ Alexander von Brünneck, Politische Justiz gegen Kommunisten in der Bundesrepublik Deutschland 1949-1968, Suhrkamp: Frankfurt am Main, 1978
(https://external.dandelon.com/download/a...).
++ Hans Čopić, Grundgesetz und politisches Strafrecht neuer Art, Mohr: Tübingen, 1968 (https://d-nb.info/456293663/04).
++ Bundesgerichtshof – Montag, den 20. Mai vor 61 Jahren: 3,5 Jahre Haft wegen mitgliedschaftlicher Betätigung in der Arbeitsgemeinschaft demokratischer Juristen (ADJ): http://www.scharf-links.de/48.0.html?&am...
++ Zum VVN-Verbot: https://twitter.com/TaP_Theorie/status/1... und Folge-Tweet (die Seiten-Reihenfolge ist leider durcheinander)

Zu Abschnitt V. (Zur Geschichte der Repression gegen die Zeitschrift „radikal“)
+ Zur Zeitschrift „radikal“: 20 Jahre radikal. Geschichte und Perspektiven autonomer Medien; https://www.nadir.org/nadir/archiv/Medie...
+ Klöckner – der Vorname, der mir nicht einfiel: Michael (https://de.wikipedia.org/wiki/Michael_Kl...; zu Benny Härlin: https://de.wikipedia.org/wiki/Benedikt_H...) 3
+ „radikal“-Urteil des Oberlandesgerichts Koblenz von 1997: „Hinsichtlich des gegen die Angeschuldigten erhobenen Hauptvorwurfs der Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung nach § 129 StGB hat der Senat in seinem Beschluß über die Nichteröffnung des Hauptverfahrens vom 5. März 1997 die Anwendbarkeit dieser Vorschrift auf den zur Anklage gebrachten Sachverhalt aus Rechtsgründen verneint.“ (https://www.nadir.org/nadir/initiativ/r_...)
+ „höhere Strafmaß“: das war sowohl ein Versprecher als auch ein Irrtum:
++ gemeint war vielmehr der Strafrahmen – der ist aber bei § 85 StGB und bei § 129 StGB gleich.
++ ob das Strafmaß, was in konkreten Verfahren verhängt wird, bei § 85 StGB vielleicht tatsächlich niedriger ist bei § 129 StGB weiß ich nicht – müßte vielleicht überhaupt erst einmal rechtssoziologisch untersucht werden.
++ Als weiterer Unterschied ist noch zu erwähnen, daß die Strafbarkeit bei § 129 StGB sozusagen ‚automatisch‘ gegeben ist, während die Strafbarkeit nach § 85 StGB ein vorhergehendes bestandskräftiges vereinsrechtliches Verbot voraussetzt.
++ Solange das vereinsrechtliche Verbot zwar schon „vollziehbar“, aber noch nicht bestandskräftig ist, ist § 20 Vereinsgesetz einschlägig: http://www.gesetze-im-internet.de/verein....

Zu Abschnitt VI. (Verjährungsfrist)
+ Verjährungsfrist nach § 24 Landespressegesetz Baden-Württemberg [*]: https://www.landesrecht-bw.de/jportal/?q... (fraglich ist, ob diese Norm auch für den Rundfunk und Telemedien gilt)
+ zur sog. „Unterbrechung“ der sog. „Verfolgungsverjährungsfrist“ laut Strafgesetzbuch: http://www.gesetze-im-internet.de/stgb/_...
+ „drei Jahre, glaube ich“ (zur normalen Verjährungsfrist für Delikte nach § 85 StGB) – es sind in Wirklichkeit fünf: „fünf Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafen von mehr als einem Jahr bis zu fünf Jahren bedroht sind“ http://www.gesetze-im-internet.de/stgb/_...; Strafrahmen für ‚Unterstützung‘ nach § 85 StGB: „Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft“) Abschnitt II. (Kein Verstoß gegen § 85 Strafgesetzbuch, auf den sich der Durchsuchungsbeschluß beruft)
+ § 85 Strafgesetzbuch und Vorläuferinnorm § 90a Strafgesetzbuch:
++ aktuelle Fassung: http://www.gesetze-im-internet.de/stgb/_... (OHNE „wirbt“)
++ Fassung seit 1. August 1968: https://lexetius.de/StGB/85,4 (OHNE „wirbt“)
++ § 90b Strafgesetzbuch (von 1964 bis 1. August 1968): https://lexetius.de/StGB/90b,6
(MIT [!] „wirbt“)
++ Noch davor handelte es sich um den damaligen § 129a StGB (1951 bis 1964), der nichts [!] mit dem heutigen § 129a StGB zu tun hat: https://lexetius.de StGB/129a,12
+ BGHSt 20, 287 - 292 (289): „Geht der Zusammenhalt ehemaliger Mitglieder zwar auf ihre frühere Zugehörigkeit zu der Partei usw. zurück, beruht er aber nicht mehr auf ihrem 4 Willen, Ziele zu verfolgen, die zum Verbot geführt haben, sondern auf persönlichen Beziehungen (Freundschaften, geselliger Verkehr usw), so fehlt es am ‚organisatorischen‘ Zusammenhalt.“ (https://research.wolterskluwer-online.de..., Textziffer 16)
+ Urteil des Bayerischen Oberlandesgericht von 1997 zu Parolen bzgl. der nicht mehr existierenden oder jedenfalls nicht mehr aktiven RAF: BayObLG, Beschluß vom 27. 11. 1997 zum Aktenzeichen 3 St 3–97, in: Neue Juristische Wochenschrift 1998, 2542 - 2544. Abschnitt XII. (Auch kein Verstoß gegen § 86 StGB [Verbreitung von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen])
+ § 86 Strafgesetzbuch: http://www.gesetze-im-internet.de/stgb/_... (Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger und terroristischer Organisationen) – außerdem noch relevant: § 86a (Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen): http://www.gesetze-im-internet.de/stgb/_...
+ BGH zum Unterschied zwischen „Werbung“ und „Unterstützung“ – in Bezug auf § 129a Strafgesetzbuch: „Hieran [an der früher unklar gebliebenen Unterscheidung zwischen „Werbung“ und „Unterstützung“] kann im Hinblick auf die neue Gesetzeslage nicht festgehalten werden. Der Gesetzgeber hat ausdrücklich alle Handlungen, die sich in einem Werben für die Ideologie und die Ziele einer terroristischen Vereinigung erschöpfen, aus der Strafbarkeit herausnehmen wollen; das Werben um Mitglieder oder Unterstützer hat er nur noch für bestimmte besonders gefährliche terroristische Vereinigungen unter
Strafe gestellt und es insoweit bei einem gegenüber dem Unterstützen niedrigeren Strafrahmen belassen. Es hieße, diesen im Gesetzeswortlaut und in der Gesetzessystematik objektivierten Willen des Gesetzgebers zu missachten, wollte man derartige Aktivitäten weiterhin als Unterstützen im Sinne des § 129a Abs. 5 Satz 1 StGB ansehen, weil ihnen die abstrakte Eignung zukommt, das Gefährdungspotential der beworbenen Vereinigung zu stärken.“ (https://www.hrr-strafrecht.de/hrr/2/07/a..., Textziffer 13)
Zu den Aussichten des noch anhängigen Verfassungsbeschwerde-Verfahrens + „verunglückte Klage“ / das Interview von rdl mit mir nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgericht: Verfassungsbeschwerde gegen Indymedia Linksunten Verbot: Kritik an Prozesstaktik und mangelnder Reaktion auf Verbot; https://www.freie-radios.net/102934
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+ Von mir bei den taz-Blogs zur rdl-Durchsuchung: https://blogs.taz.de/theorie-praxis/zwei...
[*] In diesem Sonderfall ist das Landespressegesetz – als Ausnahme vom generellen Verhältnis zwischen Bundes- und Landesrecht – in der Lage, das bundesgesetzliche Strafgesetzbuch zu brechen, da die speziell presserechtliche Gesetzgebungskompetenz der Bundesländer Vorrang vor der allgemeinen
Strafgesetzgebungskompetenz des Bundes hat (lex specialis derogat lex generalis).

Kommentare
24.01.2023 / 17:57 Monika, bermuda.funk - Freies Radio Rhein-Neckar
in sonar
am 24.01.. Vielen Dank !
 
24.01.2023 / 21:45 Dave, Radio Dreyeckland, Freiburg
Der kürzere Ausschnitt gelaufen bei Focus Kultur
Vielen Dank, hätte gerne beide Ausschnitte gespielt, doch am Ende der Stunde war zu wenig Zeit über.... auf jeden Fall sehr interessant!