Bush-Reise nach Afrika

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In der letzten Phase seiner Amtszeit bereist US-Präsident George Bush seit dem Wochenende afrikanische Staaten. Benin und Tansania waren am Samstag und Sonntag die ersten Reiseziele. Ruanda, Ghana und Liberia soll ab morgen angesteuert werden -allesamt Staaten, die nicht nur als fotogen und krisenfrei, sondern auch als pro-amerikanisch gelten. Die zahllosen Krisenherde und Kriegsregionen auf dem afrikanischen Kontinent umgeht Bush auf seiner sechstägigen Reise möglichst weiträumig. Es wird keine Fototermine im Sudan oder Tschad, in Kenia oder in der Demokratischen Republik Kongo geben. Stattdessen sucht er verzweifelt nach einem Erbe, nach positiv klingenden Nachrichten. Innerhalb der USA wird er gemieden. Und aussenpolitisch? Afghanistan und Irak sind aussenpolitische Katastrophen, Israel-Palästina stellt kaum ein Ruhmesblatt amerikanischer Aussenpolitik dar. Deshalb bot sich offenbar der so oder so medial unterbelichtete und ausgegrenzte Kontinent Afrika als letzte Zuflucht an. US-Linke nehmen die Reise zum Anlass, vor imperialen Ambitionen und Interessen Washingtons zu warnen. Der Bericht stammt von Max Böhnel aus New York.
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07:22 min, 6911 kB, mp3
mp3, 128 kbit/s, Mono (44100 kHz)
Upload vom 18.02.2008 / 06:04

Dateizugriffe: 1256

Klassifizierung

Beitragsart: Gebauter Beitrag
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Internationales, Politik/Info
Entstehung

AutorInnen: Max Böhnel
Radio:
Produktionsdatum: 18.02.2008
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Die Anmoderation steht ausformuliert in der Kurzbeschreibung.

SKRIPT
In Tansania jubelten Bush am Sonntag tatsächlich Tausende zu, und Präsident Kikwete lobte ihn in den höchsten Tönen:

Kikwete:
Ich weiss, dass sich das Ende Ihrer Amtszeit nähert. Über Generationen hinweg wird man sich an ihre Wohltaten in Tansania und Afrika erinnern.

Tatsächlich hatte Bush ein Förderpaket in Höhe von 700 Millionen Dollar unterzeichnet, mit die Infrastruktur von Tansania verbessert werden soll. Die Summe ist Teil einer US-Initiative namens „Millennium Challenge Corporation“, deren Philosophie „Armusbekämpfung durch Kapitalismus“ lautet. Das sogenannte Hilfspaket soll denjenigen Staaten zugute kommen, die sich – Zitat: „für Demokratie und freie Märkte“ – einsetzen. „Good news from Africa“, fröhliche, tanzende Afrikaner und schulterklopfende Staatschefs, das steht im Vordergrund der Afrikareise Bushs, der sich als „Stimme Afrikas“ darzustellen versucht. Die Zahlen der Afrika-Politik der Bush-Regierung sind auf den ersten Blick beeindruckend. 15 Milliarden Dollar für HIV-AIDS-Programme und 1,2 Milliarden für Malaria-Prävention, die in den letzten fünf Jahren ausgegeben wurden. Doch die Summen bleiben weit hinter dem zurück, was zur Eindämmung der Krankheit notwendig wäre. Ausserdem ist die Vergabe eines Drittels dieser Gelder an Bedingungen geknüpft, die Amerikas extrem rechten christlichen Fundamentalisten stellen: Schulklassen, die statt Sexualkunde „kein Sex vor der Ehe“ propagieren, um nur ein Beispiel zu nennen. Von den Geldern profitieren die christlichen Kirchen. Und: den teuren Anti-AIDS-Arzneimitteln der Pharmariesen wird der Vorzug vor den billigeren, den sogenannten Generika gegeben. Nicole Lee, die Sprecherin des linken „Trans Africa Forum“ in Washington, weist auf einen weiteren Aspekt der sogenannten Afrika-Hilfe hin:

Lee:
Hilfe für Afrika wird direkt an Militarisierung gebunden. Die Lieferung von AIDS-Medizin und Schuldenerlass - zu befürchten ist, dass dies nur erfolgt, wenn afrikanische Staaten ihrer Militarisierung zustimmen. Mit dem Selbstbestimmungsrecht der Nationen hat dies nichts mehr zu tun.

Nicole Lee meint damit das sogenannte Africom, das neue Afrika-Kommando der US-Streitkräfte. Als Aufgabenstellung nannte das Pentagon die "Terrorgefahr", die von zerfallenden Staaten ausgehen würde. Bislang ist darüber wenig Konkretes an die Öffentlichkeit gelangt. Nicole Lee:

Lee:
Als die Idee von Africom aufkam, hiess es seitens der Bush-Regierung, US-Truppen würden in Afrika stationiert werden. Als die Kritik zunahm, verlautbarte es aus dem Pentagon, es werde so etwas wie bewegliche Basen geben. Auf jeden Fall sind sie auf der Suche nach einer ständigen Basis. Zuerst Militärberater und technisches Personal, dann die Infrastruktur und schliesslich die Bodentruppen. Die meisten afrikanischen Staaten sind dagegen.

Nicole Lee weiter:

Lee:
Africom stellt einen weiteren imperialistischen Schritt dar. Denn eine Militaerpräsenz ist eine Bedrohung der staatlichen Souveränitaet und eine Kriegsdrohung für die gesamte Hemisphäre. Antikriegsaktivisten und Organisationen, denen am Wohl Afrikas liegt, sollten sehr besorgt sein.

Der Hollywoodschauspieler und linke Aktivist Danny Glover ist ebenfalls ein Mitglied des „Trans Africa Forum“. Die USA würden mit allen Mitteln und so schnell wie möglich versuchen, auf dem afrikanischen Kontinent militärisch Fuss zu fassen, meint Glover. Der Grund: militärische Sicherung von Rohstoffabbau und der Vertriebswege in die USA. Danny Glover:

Glover:
Ein Viertel der amerikanischen Öimporte kommen aus Afrika. Wenn man die anderen Rohstoffe, die in Afrika vorhanden sind, dazu nimmt, dann wird klar, welche Bedeutung Africom hat: das Militaer als Garant der Energie-und Rohstoffversorgung. China ist inzwischen der weltweit grösste Warenproduzent und braucht dazu Öl und andere Rohstoffe. Was die USA als Konkurrenz dagegen auffaehrt, ist das grösste Militaer der Welt. Seine Dauerpräsenz auf dem afrikanischen Kontinent waere eine direkte Bedrohung für Demokratie, Souveränitaet und Unabhängigkeit der afrikanischen Nationen.

Beim Kampf gegen Africom auf eine Ablösung von George Bush durch eine Hillary Clinton oder einen Barack Obama zu setzen, sei naiv und ein politischer Fehler, sagt Danny Glover.

Glover:
Diese Initiative wird von beiden Parteien in Washington unterstützt. Es wäre ein Fehler, Africom nur den Republikanern anzulasten. Wenn Africom Fuss fasst, dann muss man sich fragen, was die kommende Administration nach der Bush-Regierung machen wird. In der Aussen- und Militärpolitik unterscheiden sich Republikaner und Demokraten ja kaum.

Wer über Africom mehr erfahren will, braucht dazu nicht nach Washington oder auf den afrikanischen Kontinent blicken. Denn es ist, seit es im Oktober 2007 seine Arbeit aufnahm, Teil des US-Hauptquartiers des europäischen Kommandos, im deutschen Stuttgart. ENDE

Kommentare
18.02.2008 / 10:59 RaBe, Radio RaBe, Bern
GEsendet
Abendinfo 18.2. Dankesehr
 
18.02.2008 / 14:15 georg wimmer, Radiofabrik, Salzburg
gesendet
gesendet auf der Radiofabrik im Magazin um 5 am 18. 2.
 
18.02.2008 / 21:43 Ralf-CORAX, Radio Corax, Halle
yo, un bei coraxens in halle dann auch
am mitwoch-morgen -19.2.
 
19.02.2008 / 10:15 rdl, Radio Dreyeckland, Freiburg
gesendet im Morgenradio
danke, schöner beitrag
 
19.02.2008 / 15:12 wera,
gesendet
im zip-fm vom 19.2.2008