Vorbericht US-Wahlen

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US-Linke und Wahlen, mit zwei O-Tönen (Noam Chomsky)
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Upload vom 04.11.2008 / 09:07

Dateizugriffe: 1025

Klassifizierung

Beitragsart: Gebauter Beitrag
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Politik/Info, Internationales
Serie: zip-fm - Einzelbeitrag
Entstehung

AutorInnen: Max
Radio:
Produktionsdatum: 04.11.2008
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Anmoderation (ist Teil des Stücks):
Obama wählen oder nicht wählen, zuhause bleiben oder sich zu einem Kreuzchen bei einer Splitterpartei aufraffen? Diese Frage stellen sich im linken Spektrum der USA nach acht schweren Jahren der Bush-Regierung, inmitten von zwei Kriegsfronten im Irak und Afghanistan und angesichts einer heftigen Wirtschaftskrise nur wenige. Die grosse Mehrzahl, die von einer gesellschaftlichen Transformation träumt, wird am Dienstag Obama wählen – aus Protest gegen George Bush, und aus Angst vor einer McCain-Sarah-Palin-Regierung. Die Wahl wird, dem letzten Umfragen zufolge, zugunsten von Obama und zugunsten der Demokraten-Partei ausgehen, und: ebenfalls nach Umfragen, wird die Wahlbeteiligung höher sein als seit vielen Jahrzehnten, nicht zuletzt wegen der Jung-und Neuwähler.

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Das erste Wahlergebnis wird traditionell in der kleinen Waldortschaft Dixville Notch im abgelegenen Bundesstaat New Hampshire kurz nach Mitternacht verkündet. So war es auch heute: als sich 19 registrierten Wähler versammelt und ihre Wahlzettel abgegeben hatten, dauerte es nur eineinhalb Minuten, bis die Stimmen ausgezählt waren. Und tatsächlich, Obama erhielt 16, McCain 5 Stimmen, es war das erste Mal seit Jahrzehnten, dass ein Demokrat gewählt wurde. Ralph Nader, der ehemalige grüne Präsidentschaftskandidat, der heute als Unabhängiger kandidiert, stand ebenfalls zur Wahl, aber er erhielt in Dixville Notch keine einzige Stimme. Ob sich der Trend heute fortsetzt, wird sich zeigen. Der 43-jährige Erziehungswissenschaftler Eric Jacobson aus New Jersey wird am frühen Nachmittag seine Stimme abgegeben, wie er sagt, aus seiner Wahl macht er kein Geheimnis.

Jacobson:
Ich bin kein Demokrat, und natürlich kein Republikaner. Obama ist für mich keine Ausnahem von den Durchschnittsdemokraten, die wir in den letzten 20, 25 Jahren hatten. Aussenpolitisch sehe ich in ihm keine grossen Veränderungen, er hat ja schon angekündigt, dass er unilateral in Pakistan einfallen und das imperiale Unternehmen weltweit fortsetzen will. Sein gesundheitspolitisches Programm bringt uns auch nicht weiter in Richtung universelle Krankenkasse, und seine Wirtschaftspolitik wird der arbeitenden Bevölkerung nicht weiterhelfen. Ich sehe in ihm keine Alternative zu den kapitalistischen Kräften, die an der Macht sind. Aussderdem bin ich es satt, für das bessere von zwei Übeln zu stimmen.

Für den ehemaligen Grünen und heute als Unabhängiger kandidierenden Ralph Nader werde er dieses Mal nicht stimmen, sagt Jacobson.

Jacobson:
Er hat es nicht geschafft, eine dritte Partei aufzubauen. Was wir brauchen, ist eine dritte, vierte, fünfte Partei. Ich werde Cynthia McKinney von der grünen Partei wählen.

Die ehemalige demokratischen Abgeordnete Cynthia McKinney, die die offizielle Präsidentschaftskandidatin der US-Grünen ist, wurde in den wichtigsten Umfragen allerdings nicht einmal erwähnt. Ralph Nader, dessen Name bei einigen Erkennungswert hat, kommt Umfragen zufolge immerhin auf 2 Prozent. Nach den Wahlen im Jahr 2000 wurde er von den Demokraten als derjenige diffamiert, der dem Demokraten Al Gore die entscheidenden Wählerstimmen abspenstig gemacht und damit George Bush zur Präsidentschaft verholfen habe. Anders als Eric Jacobson sieht der prominente Linke Noam Chomsky keine Alternative zur Wahl Obamas. Linke Systemkritiker hätten ja recht, wenn sie das Wahl-und Parteiensystem infrage stellen, sagt Chomsky, aber daraus ergebe sich nicht unbedingt eine grundsätzliche Ablehnung der Demokraten und Obamas.

Chomsky:
Wer gegen McCain ist, sollte für Obama stimmen, ohne sich dabei Illusionen zu machen. Denn Obama wird als Präsident aller Rhetorik von Hoffnung und Change zum Trotz als Mainstream-Demokrat regieren. Es gibt aber einen erheblichen Unterschied zwischen Demokraten und Republikanern. Der Normalbevölkerung geht es unter einem demokratischen Präsidenten besser als unter einem Republikaner.

Chomsky teilt die Auffassung radikaler Linker, wonach es sich bei den beiden Grossparteien um zwei Fraktionen ein- und derselben, nämlich der der Partei von Business und Geld handelt. Aber er fügt hinzu:

Chomsky:
Die beiden Fraktionen unterscheiden sich, die Unterschiede kommen mitunter zum Vorschein – was zum Beispiel Löhne, Arbeitsbedingungen und anderes angeht, was die materiellen Lebensbedingungen der Bevölkerung angeht. Wer in einem Wechselwählerstaat lebt und wahlberechtigt ist, kann sich deshalb das Privileg, eine Drittpartei zu wählen, nicht leisten. Das Geringere von zwei Übeln zu wählen ist an sich ja nicht übel. Und es kann ja auch heissen, die Lebensbedingungen der Menschen zu verbessern.
ENDE

Kommentare
04.11.2008 / 09:52 RDL, Radio Dreyeckland, Freiburg
gesendet
zip-fm vom 4. November
 
04.11.2008 / 11:17 rabe , Radio RaBe, Bern
besten dank!
gesendet im mittagsinfo
 
04.11.2008 / 12:57 Georg Wimmer, Radiofabrik, Salzburg
gesendet
gesendet auf der radiofabrik im Magazin um 5. Supa! Wenn wir doch öfter so gute Beiträge auf der Plattform hätten
 
04.11.2008 / 16:51 sandra, Lohro Rostock
gesendet
am 4.11. in der RadioKommune