Jugendliche Flüchtlinge in ZAAB

ID 26153
 
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Jährlich kommen hunderte minderjähriger Flüchtlinge ohne ihre Eltern oder Verwanden nach Deutschland. Eigentlich sollte diesen Kindern nach der UN-Kinderrechtskonvention von 1989 ein besonderer Schutz zustehen. Die »Menschenrechtserklärung für Kinder« verpflichtet die Unterzeichnerstaaten, bei allen staatlichen Maßnahmen, das Wohl der Kinder in den Vordergrund zu stellen. Kein Kind soll wegen seiner nationalen Herkunft ungleich behandelt werden.
Deutschland ratifizierte die Konvention 1992 unter dem Vorbehalt, dass sie nur für deutsche Kinder, nicht aber für Flüchtlingskinder gilt. Flüchtlinge zwischen 16 und 18 Jahren können deshalb von deutschen Behörden wie Erwachsene behandelt werden und verschwinden somit in Asylbewerberunterkünften, die keineswegs jugendgerecht sind. Ihr Asylverfahren müssen sie selbst betreiben, obwohl mit dem komplizierten Verfahren nicht mal ein Erwachsener zurechtkommt. Über die rechtliche Situation und daraus entstehenden Konsequenzen für minderjährige Flüchtlinge ein Bericht aus dem niedersächsischen Oldenburg.
Audio
04:40 min, 4374 kB, mp3
mp3, 128 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 03.02.2009 / 16:24

Dateizugriffe: 881

Klassifizierung

Beitragsart: Gebauter Beitrag
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Politik/Info, Kinder, Andere
Entstehung

AutorInnen:
Radio: wellenbrec, Dannenberg
Produktionsdatum: 03.02.2009
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Erschöpft von Entbehrungen und belastet von Fluchterfahrungen stehen Flüchtlinge hier in Dtl. zunächst Uniformträgern und staatlichen Behörden gegenüber. Nach ihrem ersten Aufgreifen werden sie, sofern sie das 16te Lebensjahr erreicht haben, einer Zentralen Aufnahme und Ausländerbehörde, kurz ZAAB übergeben. In Oldenburg ist diese in der alten Klosteranlage Blankenburg untergebracht. Ungefähr acht Kilometer östlich von Oldenburg, leben dort zurzeit ca. 510 Menschen - durch hohe Zäune von der Außenwelt abgeschnitten. Ende 2008 waren in der ZAAB Blankenburg auch über 20 Jugendliche im Alter von sechzehn und siebzehn Jahren untergebracht.
Für ihr Wohlergehen ist das Jugendamt zuständig. Dieses ist, laut einer Vorgabe des Sozialministeriums, jedoch zunächst angehalten einen sog. Jugendhilfebedarf zu prüfen. Nur wenn dieser durch einen Mitarbeiter des Jugendamtes festgestellt wird, steht den unbegleiteten Jugendlichen eine „Inobhutnahme“ zu. Diese beinhaltet: eine geeignete Unterkunft, eine umfassende Versorgung, psychosoziale Betreuung und eine fachliche Unterstützung und Beratung. Susanne Schröder ist Rechtsanwältin spezialisiert in Ausländer- und Asylrecht und findet die Prüfung des Jugendhilfebedarfs bereits problematisch. Denn eigentlich sei in der dt. Sozialgesetzgebung klar geregelt, wie mit unbegleitenden Jugendlichen umzugehen sei:

O-Ton Schröder:
„...das heißt also und das ist entscheidend, es soll geprüft werden ob Jugendhilfebedarf besteht. dieser $42 spricht nicht davon, dass eine Inobhutnahme nur dann möglich ist, wenn Jugendhilfebedarf besteht, sondern da steht drin, dass wenn ein unbegleiteter Jugendicher Flüchtling hier auftaucht, ist das Jugendamt verpflichtet ihn in Obhut zu nehmen!“

Die Prüfung des Jugendhilfebedarfs fällt häufig zum nachteil der jugendlichen aus.

O Ton Schröder
„...und dann kommt es öfters vor das dann gesagt wird: nee Jugendhilfebedarf ist nicht gegeben. Und da schwingt dann als Begründung mit: dieser Mensch hat ja die ganze Flucht schon alleine geschaft, dieser Mensch braucht keine Betreuung mehr.“

Heinz Backhaus ist Leiter des Fachdienstes Mitte -Ost vom Oldenburger Jugendamt und damit zuständig für die ZAAB. Er erläutert wann nach Ansicht des Juamtes eine Unterbringung dort gerechtfertigt ist.

O-Ton Jugendamt

„... Also wenn beispielsweise, im Grunde genommen der junge Jensch zu uns gekommen ist, in die BRD und wir auch den Eindruck haben, dass der in der Lage ist im Rahmen des Asylverfahrensgesetzes seine Asylangelegenheiten, natürlich immer mit Unterstützung seines Vormundes, dort weiterhin zu betreiben...“

Nationale wie internationale Menschenrechtsorganisationen prangern die menschenunwürdige Unterbringung von Flüchtlingen in solchen Lagern immer wieder an. Den Jugendlichen bleibt dort nicht viel zu tun. Kontakt zu Einheimischen gibt es aufgrund der isolierten Lage kaum. Mit bis zu sechs anderen Flüchtlingen teilen sich die Jugendlichen ein Zimmer. Zur Schule gehen sie nicht.
Süleyman Orke, Flüchtlingssozialarbeiter von der Interkulturellen Arbeitsstelle IBIS in Oldenburg glaubt nicht, dass die ZAAB als Aufenthaltsort für Jugendliche geeignet ist.

O-Ton IBIS

„Die Situation der minderjährigen Flüchtlinge und überhaupt der Flüchtlinge ist katastrophal.
…die können nicht in die Schule gehen, die werden Isoliert, die kriegen 40,90 €, die haben mehrere Monate keine Klarheit in ihrer Asylsache, die dürfen Oldenburg nicht verlassen, also was soll man da großartig drüber sagen?“

Bei der Unterbringung und Versorgung Jugendlicher Flüchtlinge werden wesentliche Schutzbestimmungen für Flüchtlingskinder offensichtlich nicht gewährleistet. Grundlegende Menschenrechte wie das Recht auf Gleichbehandlung, Bildung und Privatsphäre bleiben in der ZAAB ein Traum.
Eine geeignete Unterbringung, wie sie einigen Jugendlichen vom Jugendamt auch gewährt wird, wüsste Uwe Erbel, Leiter der Interkulturellen Arbeitsstelle IBIS.
O Ton IBIS Uwe Erbel
.
„Ja. Die Jugendlichen müssen adäquat untergebracht werden, in einer Jugendhilfeeinrichtung, nicht zusammen mit den Erwachsenen. Sie müssen entsprechend gefördert werden. Müssen unterstützt werden in ihrem Erwachsenwerden. Sie müssen qualifizierte Vormünder bekommen, die auch ausgebildet sind für diese Arbeit und die auch interkulturell erfahren sind. Und die Vorbehaltserklärung muss weg, zur Kinderschutzkonvention.“


Abmod:
SPD und Bündis90/Die Grünen hatten zu ihrer Regierungszeit die Rücknahme des Vorbehaltes zur Kinderrechtskonvention zwar in ihren Koalitionsbvertrag aufgenommen, umgesetzt haben sie dieses Vorhaben jedoch nicht. Die aktuelle Bundesregierung begründete 2007 das Festhalten am Vorbehalt unteranderem damit, dass
eine „...Rücknahme der deutschen Erklärung zur VN-Kinderrechtskonvention
bislang explizit 12 Bundesländer ablehnen...“, was die Bundesregierung respektieren müsse.
Des weiteren führte die Bundesregierung aus, dass Zitat: „die Rücknahme [der vorbehaltserklärung] migrationspolitisch bedenklich wäre, da sie zu einem Anstieg der Einreise unbegleiteter minderjähriger Ausländer ins Bundesgebiet führen könnte. Durch
einen solchen „Pull-Effekt“ würden Mehrkosten entstehen, deren Höhe sich
nicht übersehen lässt ...



Kommentare
04.02.2009 / 14:40 Julia Hartung, Orange 94.0
Gesendet...
... bei zip-fm am 04.02.2009. Dnake!
 
05.02.2009 / 08:38 rabe info, Radio RaBe, Bern
gesendet
am 5.2. besten dank!