Vom Bodensee nach Polen - SS-Obersturmbannführer Heinrich Koeppen und das III. Bataillon der SS-Standarte Germania in Radolfzell

ID 40629
 
AnhörenDownload
Vortrag von Jürgen Klöckler (Stadtarchiv Konstanz) am 14.04.2011. Aufzeichnung einer Begleitveranstaltung zur Ausstellung „Größte Härte… Verbrechen der Wehrmacht in Polen (September bis Oktober 1939)", die zur Zeit in Konstanz gezeigt wird.
Audio
57:03 min, 52 MB, mp3
mp3, 128 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 25.04.2011 / 19:57

Dateizugriffe: 1299

Klassifizierung

Beitragsart: Rohmaterial
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Politik/Info
Serie: SS-Kaserne in Radolfzell
Entstehung

AutorInnen: Jürgen Klöckler
Radio: LoRaZH, Zürich im www
Produktionsdatum: 25.04.2011
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Jürgen Klöckler geht zunächst auf die Entstehungsgeschichte der Radolfzeller SS-Kaserne ein und behandelt die besondere Rolle des NS-Kreisleiters Eugen Speer, der Mitte der 1930er Jahre Oberbürgermeister des gleichgeschalteten Radolfzells wurde.

Ein zweiter Schwerpunkt ist dann das Judenpogrom vom November 1938. Der Kasernenkommandant Heinrich Koeppen sprengte mit seinem Pioniertrupp die Synagogen von Konstanz sowie von weiteren Dörfern der Region. Jürgen Klöckler hebt dessen Eigenverantwortung hervor, zumal er nur um Amtshilfe gebeten wurde. Die Allgemeine SS hätte ihm das nicht befehlen können.

Mit Verweis auf die Ausstellung "Größte Härte... Verbrechen der Wehrmacht in Polen (September bis Oktober 1939)" wird dann untersucht, wie das 3. Bataillon der SS-Standarte Germania unter dem Befehl von Heinrich Koeppen beim Überfall in Polen plünderte und mordete. Dessen Aufgabe war die "Freischärler" - Bekämpfung, das "Aufräumen" und "Säubern", wie die Nazis es nannten, der eroberten Gebiete hinter der Front. Dazu gehörten Misshandlungen, willkürliche Erschießungen, das Aufhängen der zivilen oder militärischen Gegner an Laternenpfählen, Plünderungen, Vergewaltigungen und das Niederbrennen von Synagogen, wie militärgeschichtliche Akten belegen.

Übrigens thematisiert gerade diese Ausstellung den "Freischärlerkrieg" in Polen als Mythos. Bei den angeblichen Freischärlern oder Franctireurs handelte es sich meist um reguläre aber versprengete polnische Soldaten. Nicht selten wurden ihnen die Papiere und Uniformen abgenommen um sie dann als Partisanen hinrichten zu können.

Forschungsbedarf besteht laut Jürgen Klöckler u.a. darin, zu klären, ob und wenn ja, in wie weit das Radolfzeller Bataillon an dem größten Massaker des Polenkrieges, der Massenhinrichtung von 600 Jüdinnen und Juden bei Przemysl in der Zeit zwischen dem 17. und dem 19.9.1939, beteiligt war. Die Erschießungen dort fanden in unmittelbarer zeitlicher und räumlicher Nähe zu einer verlorenen Schlacht des Bataillons bei Jaworow zwei Tage vorher, am 16.9.1939, statt. Die Beteiligung der Radolfzeller Verfügungstruppe als Racheakt scheint möglich, kann jedoch bislang nicht belegt werden.

Heinrich Koeppen war nach der Schlacht mit aufgeschlitztem Bauch in einem Feld aufgefunden worden. In der Folge wurde die Radolfzeller SS-Kaserne nach ihm benannt. Noch heute trauert die Stadt Radolfzell jedes Jahr zum "Volkstrauertag" am Kriegerdenkmal des Luisenplatzes auch um den gefallenen SS-Obersturmbannführer Heinrich Koeppen, dessen Namenszug dort eingraviert ist.

Kommentare
10.05.2011 / 11:20 RDL, Radio Dreyeckland, Freiburg
gesendet
O-Ton Playback vom 13. Mai - Dankeschön!