Neustrukturierung der 88vier: Freie nichtkommerzielle Sender erhalten weniger Sendezeit

ID 47859
 
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FRRAPO aus Potsdam ist das erste und einzige freie Radio im Land Brandenburg und nach einem knappen Jahr nun schon wieder weg vom offiziellen Fenster. Dazu ein Gespräch mit Steffen Meyer von der Medienanstalt Berlin Brandenburg (mabb). Zu dem Gespräch erreichte uns auch schon eine Reaktion aus Berlin, die wir euch nicht vorenthalten möchten (siehe unten).
Audio
18:20 min, 42 MB, mp3
mp3, 320 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 24.04.2012 / 18:51

Dateizugriffe: 619

Klassifizierung

Beitragsart: Interview
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Wirtschaft/Soziales, Kultur, Politik/Info
Serie: Corax-Widerhall
Entstehung

AutorInnen: tagesaktuelle Redaktion
Radio: corax, Halle im www
Produktionsdatum: 24.04.2012
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Lieber Udo,

nu isses zu spät, aber ich habe mich geärgert, dass wir dir die im Vorfeld des doch nicht ganz unwichtigen Gesprächs mit Steffen Meyer von der mabb nicht klarere Informationen geliefert haben. So ist das ganze zu einer doch sehr wenig kritisch hinterfragten Rechtfertigung für Steffens Positionen geworden.

Deshalb möchte ich für alle, die´s interessiert, doch noch mal ein paar Punkte aufgreifen und vielleicht auch richtig stellen. Die Geschichte mit Freiem Radio in Berlin und dieser wenig geglückten 88vier- Konstruktion ist kompliziert. Die mabb versucht, dort alles zu parken, was "nichtkommerziell" ist (was bei einigen Gruppen allerdings eine schon grenzwertige Einschätzung ist), und das alles als "88vier, Kreatives Radio für Berlin" als eigene Erfolgsstory zu verkaufen. Die Radiogruppen bekommen den Druck, sich unter diesem Label zusammenzuducken, durchaus zu spüren. Dass solche Radios wie der aus öffentlichen Mitteln gut finanzierte Offene Kanal (Alex), potentiell gewinnorientierte Clubradios und Freie Radios unmöglich unter so ein Dach passen und dass freie Radiogruppen, die keinerlei Finanzierung erhalten, wenigstens so weit "frei" sein wollen, dass sie sich nicht einfach vereinnahmen lassen, passt nicht ins 88vier- Konzept. Unter diesen hier nur skizzierten Umständen dem mabb- Verantwortlichen so viel Raum zu geben, um das "Schaufenster" 88vier anzupreisen, fällt uns schon arg in den Rücken.

Dann gibt es auch noch eine Reihe von Verzerrungen. Da konntest du schlecht nachhaken, denn dazu hättest du extrem gut informiert sein müssen. Wenn z.B. Steffen Meyer sagt, dass die vier Gruppen ja gar keinen gemeinsamen Antrag gestellt hätten sondern nur ein gemeinsames Positionspapier für einen Community- Bereich eingereicht hätten, dann ist das nicht direkt gelogen. Was er allerdings nicht sagt, ist, dass wir zu diesen Einzelanträgen gezwungen sind, weil die mabb sie uns vorschreibt. Der Gipfel war erreicht, als er selber sagte, dass wir frrapo ja gern bei uns im "Communitybereich" weitersenden lassen können und dann für ihn die Ansprechpartner sind. Das legt ja doch die Vermutung nahe, dass u.a. eine Sendezeitbeschneidung für die Radiogruppen von Anfang an einkalkuliert wurde, denn ich gehe mal davon aus, dass Steffen Mayer und wohl auch der Medienrat wissen, dass wir uns den Community- Bereich mit frrapo teilen werden.

Und noch ergänzend zu frrapo: Dass die Potsdamer nicht zu den Treffen gekommen sind und mit Steffen Meyer nicht kommuniziert haben, war sicher nicht klug. Allerdings konnten sie vielleicht auch nicht wissen, dass ihnen ihr "unentschuldigtes Fehlen" so auf die Füße fallen würde. Denn die von Steffen erwähnten angeblichen "regelmäßigen" vier- bis sechswöchigen Treffen bei der mabb, sprich bei Steffen, gab es meines Wissens erst ab Mitte Dezember. Und da wurde viel über irgendwelche Flyer, Internetauftritte und 88vier Werbung geredet, was man auch den Protokollen entnehmen konnte. War den Potsdamern vielleicht wirklich zu weit und zu langweilig. Dass man anscheinend nur weiter lizensiert wird, wenn man ein Zeugnis über gutes Gesamtverhalten und Anwesenheit bekommt, wissen wir erst jetzt, nachdem frrapo dieses Zeugnis eben nicht bekommen hat.

Sendeausfälle, also technische Probleme, die Steffen moniert hat, gibt es übrigens auch bei anderen Radiogruppen. Sendesicherheit ohne Kohle ist eine echte Herausforderung. Dass frrapo nicht aus dem schicken neuen Medieninnovationszentrum Babelsberg (MIZ) sendet, was Steffen Meyer ja auch moniert, ist übrigens verständlich. So jotwede (janz weit draußen), wie der Berliner sagt, kommen die Gäste nicht ins Studio und die RadiomacherInnen nachts nicht nach Hause. Community Radio findet eben in der Community statt, und nicht im dezentralen Zentrum auf der grünen Wiese, wie kompetent und innovativ auch immer sich dieses versteht.

Interessanterweise habt ihr gar nicht über einen wichtigen Punkt geredet, der einen Lizenzentzug vielleicht gerechtfertigt hätte: Nämlich die Frage nach inhaltlich oder handwerklich schlechten Sendungen. Und da ist frrapo, zumal als neues Radio, im Durchschnitt die ganze Zeit ziemlich gut gewesen. Insgesamt drängt sich mir da der Verdacht auf, dass es tatsächlich aufgrund der Gekränktheit des Referenten darüber, dass die frrapos nicht zu den Treffen kamen und das Raumschiff MIZ nicht nutzen wollten keine Lizenz gab.

Insofern ist das Interview, wie ich gerade bemerke, doch gar nicht so verkehrt. Einige Sachen beginnen sich für mich jetzt klarer abzuzeichnen. Über die Sendezeitverkürzung für den Community-Bereich am Abend (ab 20.00 Uhr statt wie bisher ab 19.00 Uhr), und darüber, was der Wegfall dieser wichtigen Stunde für aktuelle Live-Magazine wie die überregionale Sendung Radia Obskura bei Pi oder das Kindermagazin NAMO Radio bei frrapo bedeutet, ist dein Interviewpartner ja mit dem Hinweis auf die vielen hundert Sendemacher elegant hinweggegangen. Darüber wäre nochmal extra zu streiten.

Soweit erstmal dazu und viele Grüße nach Halle,

Anne

Dazu auch: http://radiaobskura.wordpress.com/