Frauenstimmen vom Weltsozialforum 2004 Teil 5

ID 6439
 
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"Die einzige Frage, die einfache Frauen in Afghanistan heute habe ist: Warum haben die USA die Taliban unterstützt, wenn sie die Frauen befreien wollen?" Dies sagte Sahar Shaba von RAWA am Weltsozialforum am Podium "Krieg gegen Frauen - Frauen gegen Krieg". Die Revolutionäre Vereinigung der Frauen von Afghanistan RAWA sagt die Kriegsherren, die jetzt dank den USA in Afghanistan an der Macht sind gehören vor den internationalen Kriegsgerichtshof nicht an die Regierung.
Die Rede von Sahar Shaba mit simultaner Übersetzung.
Audio
16:02 min, 15 MB, mp3
mp3, 128 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 22.03.2004 / 00:00

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Klassifizierung

Beitragsart: Feature
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Internationales, Frauen/Lesben, Politik/Info
Serie: FrauenStimmen vom Weltsozialforum 04
Entstehung

AutorInnen: Bianca Miglioretto
Radio: LoRaZH, Zürich im www
Produktionsdatum: 01.03.2004
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Saha Shaba, RAWA

Saha Shabah war die jüngste auf dem Podium "Krieg gegen Frauen – Frauen gegen Krieg" am Weltsozialforum im Januar in Mumbai in Indien. Sie sprach als Vertreterin der Revolutionären Vereinigung Afghanischer Frauen oder kurz RAWA genannt. RAWA wurde 1977 gegründet und ist somit die älteste noch existierende politische und soziale Frauenorganisation in Afghanistan. Sie setzen sich seit über 25 Jahren für Freden, Freiheit, Demokratie und Frauenrechte ein. Saha Shabah lebt zur Zeit in Paktistan. Sie ist der Meinung das die fundamentalistischen Gruppen nicht wirklich die Unterstützung der afghanischen Bevölkerung haben, sonder durch die finanzielle und politische Unterstützung der Supermacht USA an die Macht gekommen sind.

Im Folgende hört Ihr die Rede von Saha Shaba mit synchronisierter Übersetzung.

Ich bin wirlich glücklich heute Abend hier bei Euch zu sein. Ich möchte euch herzliche Grüsse von meinen Leuten, insbesondes von den Frauen in Afghanistan überbringen. Es ist mir eine grosse Ehre mit so prominenten Frauen wie Nawal El Sadawi, Arundati Roy und Irene Khan auf demselben Podium zu sitzen. Frauen, die für uns Symbolcharakter haben.

In so kurzer Zeit über Afghanistan, als ein Opfer der Supermächte zu berichten, ist nicht einfach. Ich möchte deshalb versuchen mich auf die Ereignisse und die Rolle der USA nach dem 11. September 2001 zu konzentrieren.

Wenn wir wissen wollen was Krieg für Frauen bedeutet und wie sie gegen den Krig sein können, dann ist Afghanistan ein gutes Beispiel.
Viele von Euch wissen, dass der Krieg in Afghanistan schon lange vor der Machtergreifung der Taliban und dem 11. September begonnen hatte. Nämlich 1979 mit der russischen Invasion. Damals begannen für uns Gräueltaten, das Leiden, die Misere und die Kriminalität.

O-Ton 31

Wenn wir die 25 Jahre Krieg in Afganistan mal bei Seite schieben, all die Tragödien die Millionen von Menschen in meinem Land durchmachten. Wenn wir uns also auf das konzentrieren, was nach dem 11. September geschah, ist es immer noch unglaublich. Viele erwarteten und erwarten es immer noch, dass sich die Situation in Afghanistan verändert hat, weil die USA und die westlichen Regierungen so nett waren, nach Afghanistan zu kommen, um die Frauen zu befreien. Aber unsere Frauen, ungebildete, unterdürckte Frauen, die nie eine Stimme hatten, sie haben eine ganz einfache Frage:

Wenn diese Regierungen so nett zu uns sind, warum haben sie dann diese Fundamentalisten unterstützt und an die Macht gebracht. Es gibt keinen Platz für Fundamentalismus in Afghanistan. Ich betone, Fundamentalismus hat nichts mit unserer Religion, Kultur oder Tradition zu tun. Wir werden uns immer daran erinnern, dass die USA die ersten waren, die sich auf die Taliban einliessen und versuchten mit ihnen zusammen zu arbeiten. Und das obwohl RAWA, die einzige ernstzunehme der Stimme der afghanischen Frauen, vor den Taliban gewarnt hat. Aber niemand hörte auf uns. Sie hören nie auf uns.

Nach dem 11. September, als es in ihrem Interesse war, gegen die Taliban vorzugehen, benützten sie den Namen der afghanischen Frauen, der Menschen in Afghanistan als eine Rechtfertigung für ihren Befreiungskrieg.

O-Ton 32

Werfen wir einen kurzen Blick auf die heutige Situation in Afghanistan: Es gibt nach wie vor keine Sicherheit und keinen Frieden in diesem Land. Die Kriegsherren sind in verschiedenen Teilen des Landes immer noch an der Macht. Und ihr Ziel sind speziell die Frauen. Hunderte von Frauen begehen Selbstmord. Frauen haben kein Recht auf Bildung und Gesundheitsversorgung. Die frauen werden nach wie vor gezwungen, diesen schrecklichen Schleier Burka zu tragen. Wie können wir da sagen, dass sich in Afghanistan etwas verändert hat.

Diejenigen, die versuchen über die tatsächliche Situation sprechen und die Gräueltaten anklagen, werden als anti-islamisch abgeurteilt. Ihnen wird vorgeworfen sie seien gegen das afghanische Volk.

Kürzlich fand die grosse Versammlung, der Loya Jirga statt, die von den USA unterstützt wurde. Dort wurde die sogenannte neue Verfassung verabschiedet. Aber wie können wir einer Verfassung trauen, in der Frauen keine Rechte haben. Bei deren Ausarbeitung die Frauen keine Möglichkeit hatten ihre Meinungen einzubringen.

Der Vorsitzende dieser Versammlung sagte den Frauen-Delegierten, Sie sollen nicht versuchen gleichberichtigt wie die Männer zu sein, denn eine Frau sei nur halb soviel wert wie ein Mann. So sehe es die Sharia vor. All dies geschah mit der direkten Unterstützung der Vereinigten Staaten.

Die Militärintervention in Afghanistan brachte nichts, ausser über 4000 unschluldige Menschen, die getötet wurden, vor allem Frauen und Kinder. Viele sagen die grösste Erungenschaft dieses Krieges ist, dass die Kriegsherren, die Kriminellen und die Fundamentalisten an die Macht zurückgekehrt sind. Wir schliessen uns dieser Meinung an.

Der Krieg gegen den Terrorismus kann nicht auf dem Schlachtfeld gewonnen werden. Der Krieg gegen den Terrorismus kann nicht gewonnen werden, indem man mit einer anderen Gruppe von Terroristen zusammenarbeitet. Die USA sind nicht ehrlich und aufrichtig in ihrem Krieg gegen Terrorismus, weder in Afghanistan noch in irgendeinem anderen Teil der Welt.

Deshalb sind praktische Schritte vorwärts ganz wichtig ,es reicht nicht aus das afganische Beispiel genau anzuschauen. Wir müssen handeln. Es wird einer warm uns Herzen die Tausende von Leuten hier zu sehen. Es ist eine Ehre. Aber was die Leute in Afghanistan von den tausenden von Leuten hier erwarten, sind konkrete Aktionen. Diese Ma cht hier muss zu einer handelnden Macht werden, die viele Regierung einschliesslich die der USA davon abhalten kann, Krieg zu führen.
Menschen dürfen nicht länger zu Opfern gemacht werden, weder in Afghanistan, Irak, Palästina oder irgend einem anderen Land in der Welt.

Ich erwarte Eure Unterstützung und Hilfe. Ich bin stolz darauf eine Organisation zu vertreten, die viele von Euch vielleicht kennen. RAWA war immer zu vorderst im Kampf für Frieden, Demokratie, Sekularität und Frauenbefreiung. Aber diese Stimme von Afghanischen Menschen erhielt nie Unterstützung. Deshalb brauchen wir Eure Unterstützung in unserem langen und harten Kampf.

Wir sollten uns nicht fehlleiten lassen von den Bildern, die die Medien uns über Afghanistan im Ausland präsentieren. Ich möchte Euch ermahnen, Afghanistan im Auge zu behalten. Denn wir haben die Folgen des Fundamentalismus erlebt und die Gefahren die er für die Ganze Welt darstellt. – wie es morgen aussehen könnte. Deshalb möchte ich Euch wirklich auffordern eure praktische Unterstützung gegenüber den Leuten, speziell den Frauen in Afghanistan zu zeigen. Z.B. gegenüber Organisationen wir RAWA. Wenn ich diese Hoffnung nicht zurück in mein Land bringen kann, werde ich meine Leute sehr enttäuschen.

Es ist ein grosses Vergnügen heute abend hier zu sein und ich freue mich auf Eure Unterstützung. Danke
(Klatschen)