Unsichtbare Weiße / Tale of two Men

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Unsichtbare Weiße / Tale of two Men

von Mumia Abu-Jamal

Beinahe täglich werden in den USA People of Color von der Polizei umgebracht. Die angegebenen Gründe und erstaunlichen Gerichtsentscheidungen zur Straffreiheit der beteiligten Beamt*innen rufen neben Sprachlosigkeit auch massive Proteste hervor, die von der "Black Lives Matter" Bewegung ausgehen.

Gleichzeitig zeigt sich ein völlig anderer Umgang der Polizei mit Gewaltverbrecher*innen weißer Hautfarbe. Mumia Abu-Jamal geht den Motiven in einem Beitrag auf Prison Radio nach.

Wir danken Prison Radio für die Aufnahme vom 30. November und Jürgen Heiser für die Übersetzung vom 14. Dezember, veröffentlicht in der Tageszeitung Junge Welt).

Audio
03:11 min, 4480 kB, mp3
mp3, 192 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 14.12.2015 / 14:53

Dateizugriffe: 739

Klassifizierung

Beitragsart: Gebauter Beitrag
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Politik/Info, Internationales
Serie: Black Lives Matter
Entstehung

AutorInnen: Radio Aktiv Berlin
Radio: Radio Aktiv Berlin, Berlin im www
Produktionsdatum: 14.12.2015
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript

Skript in deutsch/english/espagnol


Unsichtbare Weiße
Von Mumia Abu-Jamal

Manchmal gibt es Ereignisse, die, obwohl sie an unterschiedlichen Orten geschehen, gemeinsame Merkmale aufweisen. Und es gibt Ereignisse, die erst, wenn man sie miteinander vergleicht, ihre Unterschiedlichkeit klar offenbaren. Es geht um die folgenden beiden Fälle: Erstens um einen jungen Mann in Chicago, auf den wegen des »Schwerverbrechens«, im Besitz eines kleinen Taschenmessers zu sein, solange geschossen wird, bis er tot ist. Sein Vergehen: Er hatte einen Polizisten derart in Angst versetzt, dass dieser 16 tödliche Schüsse auf ihn abfeuern musste.

Zweitens geht es um einen schon etwas älteren Mann, der sich bis an die Zähne bewaffnet hat, so als zöge er in den Krieg. Er fährt mit seinem Auto zu einer Abtreibungsklinik in Colorado Springs und läuft dort eine Stunde lang Amok. Dabei schießt er auf neun Menschen und tötet drei von ihnen. Als sein Koller endlich vorbei ist, ergibt er sich der Polizei. Bei seiner Verhaftung wird er weder verprügelt noch getreten. Schon gar nicht wird auf ihn geschossen.

Ich beziehe mich mit meinen Schilderungen natürlich auf die Fälle von Laquan McDonald, 17 Jahre alt, der im Oktober 2014 in Chicago im US-Bundesstaat Illinois starb, und von Robert Lewis Dear, 57 Jahre alt, aus Colorado Springs, der dort im November 2015 eine Klinik für Familienplanung überfiel.

Die unterschiedliche Behandlung der beiden ist nur zu verstehen, wenn man weiß, dass Schwarze, was immer sie auch konkret gemacht haben mögen, sofort übermäßige Aufmerksamkeit auf sich ziehen, sobald sie sich in der Nähe von Polizisten befinden. Dieses Muster hat eine solche Wirkung, dass auf der anderen Seite Weiße wie unter dem Schutz eines Naturgesetzes kaum wahrgenommen werden, sich wie unsichtbar durch den Alltag bewegen und von niemandem aufgehalten werden, selbst wenn sie ein ganzes Waffenarsenal mit sich führen. Deshalb war es dem Amokläufer Dear möglich, sich völlig unbehelligt in die Klinik zu begeben, obwohl er mehrere Waffen bei sich hatte. Ein Mann war also trotz seiner bedrohlichen Waffen praktisch unsichtbar, ein anderer zog sofort die ganze Aufmerksamkeit auf sich, obwohl er niemanden bedrohte und nur ein völlig legales Taschenmesser mit kurzer Klinge in seiner Hand hielt. Wie sich an den unterschiedlichen Reaktionen gezeigt hat, führten in beiden Fällen die Muster ihrer gesellschaftlichen Wahrnehmung in die Katastrophe.

Übersetzung: Jürgen Heiser
veröffentlicht in der Tageszeitung Junge Welt, Ausgabe vom 14.12.2015, Seite 6 / Ausland
https://www.jungewelt.de/2015/12-14/028.php


ENGLISH

Tale of 2 Men
© ’15 Mumia Abu-Jamal (11/30/15]

Sometimes, events occur which, although separate in locality, have features in common, or, when compared, reveal a clarity that they would not possess apart.
Cases in point: A} a young man, reportedly for the high crime of possessing a 3 inch knife, gets shot repeatedly, until dead. His alleged offense: Causing fear in a cop;
B} A middle-aged man, armed as if about to engage in war, drives to a Colorado Springs abortion clinic, and engages in an hours long rampage, shooting 9, and killing 3 before quitting his tantrum --- and submitting to arrest.
Upon arrest, he is neither beaten, nor kicked, nor stomped, nor shot.
I am, of course, referring to the cases of Laquan McDonald, 17, late of Chicago, IL, and of Robert L Dear, 59, of Colorado Springs, site of a Planned Parenthood clinic.
It must be said that Black men receive hyper-attention when in the presence of cops, so much so that, as a rule, white guys fade into the background of normality, unseen, unchallenged - even when they are carrying arsenals.
Again, as in Dear’s case, he drove to the clinic, and then carried arms into the site of Planned Parenthood.
One man - was virtually invisible.
Another man was hyper-visible.
In such cases as this, both paths led to disaster.
--© ’15 maj


Prison Radio: Tale of Two Men (audio, 2:04 minutes), By Mumia Abu-Jamal http://www.prisonradio.org/media/audio/m...


ESPAGNOL

Historia de 2 Hombres
Mumía Abú-Jamal
30-11-2015

A veces ocurren hechos que, aún cuando pasan en distintos lugares, tienen características comunes, o, cuando se comparan, revelan una claridad que no poseían por ocurrir aparte.

Dos ejemplos vienen al caso: A) un joven, según el reportaje de la policía, es acribillado con repetidos tiros de bala, por el violento crimen de tener un cuchillo de tres pulgadas. ¿Su supuesta ofensa? Asustar a un policia; B) Un hombre cincuentón, con armas como si estuviese yendo a la guerra, lleva su carro a una Clínica de Abortos en Colorado Springs, Colorado, y por una hora desata una balacea, hiriendo a 9 y matando a 3 antes de satisfacer su rabieta -- y aceptar ser arrestado.
Al ser arrestado este hombre, no es ni golpeado, ni pateado, ni sacudido, y mucho menos herido de bala.
Me estoy refiriendo, naturalmente, a los casos de Laquan McDonald, de17 años de edad, que vivía en Chicago, Illinois, y de Robert L Dear, de 59 años, de Colorado Springs, Colorado, donde está la Clínica de Paternidad Planeada.
Hay que decir que los hombres Negros reciben una atención desmedida cuando están en presencia de policías, tanto así que, como regla, los hombres Blancos se pierden en el anonimato de la normalidad, sin ser vistos, ni sujetos de sospecha - aún si están cargando arsenales de armas de fuego.
Otra vez, veamos el caso de Dear: él llevó su carro a la clínica, y enseguida llevó sus armas de fuego a las oficinas de Paternidad Planeada.
Un hombre, Dear, Blanco -- fue virtualmente invisible.
Otro hombre, McDonald, Negro -- fue muy visible.
En todos los casos como éste, ambos caminos conducen al desastre.
--© ‘15maj


Traducción libre del inglés enviado por Fatirah Aziz, Litestar01@aol.com , hecha en REFUGIO DEL RIO GRANDE, Texas.




Kommentare
08.01.2016 / 22:33 AL, coloRadio, Dresden
wird
morgen gesendet. Danke.