Die nukleare Gefahr – Atomwaffen als Bedrohung unserer Sicherheit

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Atomwaffen sind eine Bedrohung, die wir gerne verdrängen, obwohl oder gerade weil sie jeden Tag über uns schwebt. In der Sendung geht es darum, wie groß die Gefahr eines Atomkriegs heute ist, warum in Deutschland nach wie vor Atomwaffen stationiert sind und wo man ansetzen müsste, um atomare Abrüstung zu erreichen. Interviewpartner ist Jürgen Rose, Mitglied beim Darmstädter Signal, einer Vereinigung von Bundeswehr-Soldaten, die sich kritisch mit der herrschenden Sicherheitspolitik auseinandersetzen. Außerdem in der Sendung enthalten: O-Töne von einer Kundgebung am 6.August in München, bei der an die Atombomben-Abwürfe auf Hiroshima und Nagasaki erinnert wurde.
Audio
44:15 min, 41 MB, mp3
mp3, 128 kbit/s, Mono (44100 kHz)
Upload vom 04.09.2018 / 21:12

Dateizugriffe: 1475

Klassifizierung

Beitragsart: Gebauter Beitrag
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Politik/Info
Entstehung

AutorInnen: Harald Will
Radio: LoraMuc, München im www
Produktionsdatum: 04.09.2018
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
LORA-Sendung Atomwaffen 3.9.18

Opener International, darüber auf Zeichen:

Mod. Live:
Willkommen zum Friedensforum in LORA-International, zur Sendung der Deutschen Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen, DFG-VK. Bei uns geht es heute um eine Bedrohung, die wir gerne verdrängen. Obwohl oder gerade weil sie jeden Tag über uns schwebt: Die Bedrohung durch Atomwaffen.

Zuspielung 1

Mod. Live:
Jürgen Rose, Oberstleutnant a.D. und Mitglied beim Darmstädter Signal, einer Vereinigung von Bundeswehr-Soldaten, die sich kritisch mit der herrschenden Sicherheitspolitik auseinandersetzen. Wir sprechen in dieser Sendung mit ihm darüber, wie groß die Gefahr eines Atomkriegs heute ist, warum in Deutschland nach wie vor Atomwaffen stationiert sind und wo man ansetzen müsste, um atomare Abrüstung zu erreichen.
Außerdem bringen wir Ausschnitte von einer Kundgebung, bei der an die Atombomben-Abwürfe auf Hiroshima und Nagasaki erinnert wurde.
Unser Thema heute: Die nukleare Gefahr – Atomwaffen als Bedrohung unserer Sicherheit

Am Mikrofon HW.

Vor etwa einem Monat war wieder einmal ein trauriger Jahrestag zu begehen: Am 6.August war es genau 73 Jahre her, dass die japanische Stadt Hiroshima durch den Abwurf einer Atombombe dem Erdboden gleichgemacht wurde. Der Angriff fand am 6. August 1945 statt. Drei Tage später, am 9. August fiel eine weitere Atombombe auf die Stadt Nagasaki. Über 200.000 Menschen kamen bei den Angriffen ums Leben - sofort oder in den Wochen und Monaten danach. Jedes Jahr wird am 6. August bei

Veranstaltungen weltweit an die Atombombenabwürfe des Jahres 1945 erinnert. Auch in München gab es eine solche Veranstaltung, eine Kundgebung in der Fußgängerzone. Bei der Kundgebung wurden unter anderem Texte von Menschen verlesen, die das Inferno von Hiroshima und Nagasaki überlebt haben. Zum Beispiel auch dieser Erlebnisbericht.

Zuspielung 2 Hibakusha-Bericht

Mod. Live:
Die Kundgebung am 6. August in der Fußgängerzone war nicht nur dem Gedenken an die Opfer der Atombomben-Angriffe in Japan gewidmet. Es ging auch darum, zu erinnern an die Bedrohung durch Atomwaffen in der Vergangenheit und in der Gegenwart. Schließlich hat diese Bedrohung die Jahrzehnte des Kalten Krieges geprägt und sie besteht noch immer – bis auf den heutigen Tag. Wolfgang Blaschka vom Münchner Friedensbündnis machte das bei der Kundgebung deutlich.

Zuspielung 3 Blaschka

Mod. Live:
Wolfgang Blaschka vom Münchner Friedensbündnis hat gerade schon daran erinnert: Atomwaffen sind nicht nur eine Gefahr, weil es Mächtige gibt, die mit ihnen unter Umständen Krieg führen wollen. Sie sind auch eine Gefahr, weil Missverständnisse oder eine Verkettung unglücklicher Umstände zu einem Atomangriff führen können. In der Vergangenheit gab es eine Reihe von Fällen, in denen das beinahe passiert wäre. Jürgen Rose von der Soldaten-Vereinigung Darmstädter Signal nennt Beispiele.

Zuspielung 4 Rose Atomkrieg aus Versehen


Mod. Live:
Das Atomwaffen-Arsenal auf der Welt ist noch immer riesig groß. Weltweit gibt es rund 15.000 nukleare Sprengköpfe. Etwa 90 Prozent davon besitzen die Grossmächte USA und Russland. Der Rest verteilt sich auf die anderen Staaten, die noch Atomwaffen haben: Großbritannien, Frankreich, China, Indien, Pakistan, Israel und Nordkorea.
Würde auch nur ein Teil des existierenden Atomwaffen-Arsenals eingesetzt, würden innerhalb von wenigen Minuten Millionen Menschen ihr Leben verlieren und die Erde würde zu einem unbewohnbaren Planeten. Dieser Tatsache ist sich auch Jürgen Rose bewusst und er ist deshalb für konsequente Abrüstung der Nuklearwaffen. Dennoch weist er darauf hin, dass früher der atomare Wahnsinn noch schlimmer war. Zu Zeiten des Kalten Krieges gab es nämlich wesentlich mehr Sprengköpfe als heute. Davon ist in den letzten Jahrzehnten ein großer Teil aus den Depots verschwunden – vor allem als Folge von Abrüstungsverträgen. Eine bemerkenswerte Entwicklung, findet Jürgen Rose.

Zuspielung 5 Rose Atomwaffen reduziert/USA


Mod. Live:

Die zweite große Atommacht neben den USA ist Russland. Westlichen Angaben zufolge verfügt Russland über knapp 7000 Atomwaffen. Etwa 2000 davon sind nach Experten-Schätzungen einsatzfähig. Die Führung in Moskau sieht die Atombewaffnung als unbedingt notwendig an - für die Sicherheit des Landes und für den Großmacht-Status von Russland. Ein wichtiges Ziel der russischen Regierung ist es deshalb auch, bei den Nuklearwaffen technisch mit den USA Schritt zu halten und möglichst die atomare Parität zu sichern. Und für die Nuklear-Strategie Russlands spielt die Orientierung am potentiellen Gegner USA selbstverständlich auch eine wichtige Rolle. In den Planungsstäben der russischen Armee, sagt Jürgen Rose, werden die Entwicklungen in den USA sehr genau verfolgt.

Zuspielung 6 Rose Russland


Mod. Live:
In der NATO gibt es das Modell der sog. „Nuklearen Teilhabe". Dass heißt, bestimmte NATO-Mitglieder haben keine eigenen Atomwaffen, aber sie sollen im Erstfall solche Waffen einsetzen. Zum Beispiel, indem sie Atombomben von ihren Flugzeugen abwerfen lassen. Auch Deutschland ist mit von der Partie bei der „Nuklearen Teilhabe". Die Sprengköpfe, die für den Einsatz im Erstfall vorgesehen sind, lagern auf dem Luftwaffen-Stützpunkt Büchel in der Eifel. Es sollen 20 sein, die genaue Zahl ist geheim. Die Friedensbewegung in Deutschland fordert schon lange den Abzug der Bomben in Büchel. Claus Schreer vom Bündnis gegen Krieg und Rassismus dazu bei der Kundgebung am 6. August.

Zuspielung 7 Schreer Büchel

Mod. Live:
Handeln, das heißt, die Bundesregierung muss dafür sorgen, dass die Stationierung der Atom-Bomben in Büchel beendet wird. Denn diese Stationierung ist illegal, sagen Friedensgruppen, die sich für den Abzug der Bomben engagieren. Sie verweisen zur Begründung unter anderem auf das Urteil des Internationalen Gerichtshofes, das Jürgen Rose vorhin schon erwähnt hat. Danach ist der Einsatz von Atomwaffen im Prinzip völkerrechtswidrig. Und in Büchel sind Atomwaffen stationiert, die für einen Einsatz im Ernstfall vorgesehen sind. Frage an Jürgen Rose: Wie ist das Bereithalten des atomaren Potentials in Büchel zu bewerten?

Zuspielung 8 Rose - Büchel


Mod. Live:
Schon seit Jahren protestieren Friedensgruppen vor dem Luftwaffen-Stützpunkt Büchel gegen die Stationierung US-amerikanischer Atomwaffen. Dabei haben sie einen langen Atem: In diesem Jahr gab es eine Protestaktion, die insgesamt zwanzig Wochen dauerte - von Ende März bis Anfang August. Die Dauer von zwanzig Wochen orientierte sich an der Zahl der mutmaßlich 20 Atombomben, die in Büchel gelagert werden. Gegen diese Bomben wurde nicht nur mit Transparenten und Sitzblockaden vor der Einfahrt zum Fliegerhorst demonstriert. Mitte Juli gingen 18 Aktivistinnen und Aktivisten einen großen Schritt weiter: Sie überwanden die Zäune des Stützpunktes und drangen auf das Militärgelände vor. Marion Küpker war bei diesem so genannten „Go in“ dabei. Sie ist Mitglied der „Gewaltfreien Aktion Atomwaffen abschaffen“. Dietmar Freitsmiedl hat sie kurz nach der Aktion in Büchel für das LORA-Magazin interviewt. Hören sie hier einen Ausschnitt aus dem Gespräch, das am Telefon geführt wurde.

Zuspielung 9 Interview Küpker

Mod. Live:
Soweit Marion Küpker von der „Gewaltfreien Aktion Atomwaffen abschaffen“. Wer die Forderung nach dem Abzug der Atom-Bomben aus Büchel unterstützen will, kann das unter anderem durch die Unterschrift unter eine Petition tun. Sie wurde gestartet von vier Friedensgruppen in München und läuft unter dem Motto „No nukes Germany“.
Die Petition richtet sich an die Abgeordneten des Deutschen Bundestages. Sie werden aufgefordert, einen Beschluss des Parlaments herbei zu führen, demzufolge die nukleare Teilhabe Deutschlands beendet werden muss.
Weitere Informationen gibt es im Internet unter: www.no-nukes-germany.de die Worte „no nukes germany sind jeweils durch Bindestrich verbunden.


Bisher gibt es nur eine begrenzte Zahl an Staaten auf der Welt, die Atomwaffen besitzen – neun sind es derzeit. Aber die Gefahr besteht, dass es mehr werden. Deshalb wurde schon in den 60er Jahren der so genannte Atomwaffen-Sperrvertrag ausgehandelt. Er legt fest, dass diejenigen Staaten, die Atomwaffen haben, diese nicht an andere weitergeben dürfen. In diesem Abkommen verpflichten sich die Atomwaffenbesitzer auch, ihre eigenen Bestände abzurüsten. Eine Verpflichtung, die sie bisher nicht umgesetzt haben. Angesichts dessen entstand eine Initiative für ein umfassendes Verbot von Atomwaffen. Vorangetrieben wurde sie von ICAN, der Internationalen Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen, einem Bündnis von Nicht-Regierungsorganisationen. Die Initiative hatte Erfolg: Nach intensiven Verhandlungen bei den Vereinten Nationen wurde letztes Jahr ein Vertrag über das Verbot von Atomwaffen geschlossen. 122 Staaten in der UNO stimmten für diesen Vertrag. Alle Atommächte und fast alle NATO-Mitglieder haben sich an den Verhandlungen zu dem Vertrag aber erst gar nicht beteiligt. Auch die Bundesregierung hat sich geweigert, an dem Verhandlungsprozess teilzunehmen. Wie schätzt Jürgen Rose ist die Ablehnung des Atomwaffen-Verbots durch die NATO und die Nuklearwaffenbesitzer ein?

Zuspielung 10 Rose UN-Vertrag/Abrüstung

Mod. Live:
Soweit Jürgen Rose vom Darmstädter Signal. Und soweit unsere Sendung zum Thema „Die nukleare Gefahr – Atomwaffen als Bedrohung unserer Sicherheit“.
Detaillierte Informationen zu Nuklearwaffen und den Staaten, die sie besitzen, findet man im Internet auf der Seite „Atomwaffen A bis Z“.
Das war das Friedensforum in LORA-International, heute von der Deutschen Friedensgesellschaft Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen DFG-VK. Sendetechnik ….. Verantwortlich für die Sendung und am Mikrofon HW.


Kommentare
07.09.2018 / 19:00 Kai J., Radio T
Gesendet am 09.09.18 um 13 Uhr im Radio T Chemnitz UKW 102,70 MHz
Vielen Dank!