Zu den Stadiongeschehnissen beim Chemnitzer FC und deren Folgen

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Noch vor wenigen Tagen beschloss der Chemnitzer Stadtrat, gegenüber dem Chemnitzer FC auf Mieteinnahmen von etwa einer halben Millionen Euro im Jahr zu verzichten. Bereits in Vergangenheit gab die Stadt dem Verein Finanzspritzen in Millionenhöhe, um im Profisport weiterhin mit einer Fußballmannschaft vertreten zu sein.

Am Sonntag spielte der CFC in Chemnitz gegen die Fußballmannschaft von Altglienicke. Dort wurde öffentlich vor dem Spiel einem verstorbenen Neonazi und Gründer der HooNaRa (Hooligans Nazis Rassisten) in Form einer Schweigeminute mit Bannern und Pyroshow gedacht. Chemnitz' Spitzenstürmer Daniel Frahm bekam ein T-Shirt mit der Aufschrift "Support your local hools" in die Hand gedrückt und hielt es hoch. SPD-Stadträtin und zugleich Fanbeauftragte Peggy Schellenberger kondolierte dem Verstorbenen öffentlich auf ihrer Facebook-Seite.

Radio T berichtet von den aktuellen Geschehnissen und Stadtrat Lars Faßmann ließ sich von ColoRadios Roman dazu interviewen.
Audio
13:05 min, 24 MB, mp3
mp3, 256 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 12.03.2019 / 14:01

Dateizugriffe: 2499

Klassifizierung

Beitragsart: Anderes
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Sport, Politik/Info
Entstehung

AutorInnen: Katrin und Roman (ColoRadio Dresden)
Radio: Radio T, Chemnitz im www
Produktionsdatum: 12.03.2019
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Am Sonntag spielte der CFC in Chemnitz gegen die Fußballmannschaft von Altglienicke. Dort wurde öffentlich vor dem Spiel einem verstorbenen Neonazi und Gründer der HooNaRa (Hooligans Nazis Rassisten) in Form einer Schweigeminute mit Bannern und Pyroshow gedacht. Chemnitz‘ Spitzenstürmer Daniel Frahm bekam ein T-Shirt mit der Aufschrift „Support your local hools“ in die Hand gedrückt und hielt es hoch. SPD-Stadträtin und zugleich Fanbeauftragte Peggy Schellenberger kondolierte dem Verstorbenen öffentlich auf ihrer Facebook-Seite.

Der besonders bittere Beigeschmack: Erst vergangene Woche beschloss der Chemnitzer Stadtrat, dem finanziell gebeutelten Verein jährliche Einnahmen einer halben Million EUR zu erlassen, um den relativ wahrscheinlichen Aufstieg in die dritte Liga zu und ein leistungsfähiges Nachwuchszentrum zu ermöglichen.

Im Rahmen dessen brachte die Fraktionsgemeinschaft VOSI/PIRATEN im Stadtrat einen Änderungsantrag ein, in dem es unter anderem darum ging, den CFC in die Pflicht zu nehmen, jährlich mind. 15.000 EUR zur Förderung von ehrenamtlichen Projekten bzw. Förderung des Ehrenamts im Verein (z.B. durch einen Fanbeauftragten) bereitzustellen. Ferner hieß es da wortwörtlich für die Formulierung des Vertrages zwischen Stadionvermieterin und der CFC GmbH:

„Personen, die verbotene Bild – oder Wortzeichen, insbesondere solche, die dem Nationalsozialismus zuzuordnen sind, innerhalb des Stadions verwenden oder die durch das Rufen sexistischer oder rassistischer Äußerungen auffällig werden, muss ein Stadionverbot erteilt werden.“

Dieser Änderungsantrag wurde mit 11 zu 31 Stimmen abgelehnt.

Coloradio in Dresden sprach mit Vosi-Stadtrat Lars Faßmann, der diesen Änderungsantrag mit seiner Fraktion einreichte…

[Interview von Roman von ColoRadio Dresden mit Stadtrat Lars Faßmann]

Stellungnahme der Stadt Chemnitz zu den [...] Ereignissen im Stadion (Pressemitteilung 157 vom 10.03.2019):
„Die Stadt Chemnitz hat die gestrigen Ereignisse am Rande des Regionalliga-Spiels des CFC mit Befremden und Unverständnis zur Kenntnis genommen. Chemnitz ist und bleibt eine weltoffene, tolerante und friedliche Stadt. Wir distanzieren uns deshalb ausdrücklich von alle rassistischen und rechtsextremen Handlungen und Statements. Der Chemnitzer FC ist aufgefordert, das Gesehene schnell auszuwerten und daraus die notwendigen Konsequenzen zu ziehen.“

Stürmer Daniel Frahn äußerte sich erst am Montag auf seiner Facebookseite:

„Als aller erstes möchte ich klarstellen, dass ich KEIN Symphatisant eines Neo-Nazis bin! Auch teile ich diese politische Einstellung NICHT und trage auch keine rechten Gedanken in mir.
Das Shirt, dass ich hoch gehalten habe, diente nicht dazu, ein politisches Statement zu setzen. Mir war auch nicht bewusst, dass dieses Shirt so tief in der Neo-Nazi Szene verankert ist.
Dafür möchte ich mich aufrichtig und ehrlich entschuldigen.“

Dennoch bewerten viele Menschen Frahns Verhalten als naiv und dumm. Warum unterstützt Frahn Hooligans? Frahn muss derweil eine Geldstrafe an den Verein zahlen, ist aber dennoch für das Spiel gegen den AK Berlin nächsten Sonntag gesetzt.

Aus die örtliche SPD hat unterdessen ihre Schlüsse gezogen:
Aus der Stellungnahme der SPD Chemnitz vom 10.03.2019:

„Wir können und wollen eine solche Verharmlosung für Menschen aus dem rechtsextremen Spektrum nicht akzeptieren, auch nicht für Verstorbene. Aus diesem Grund betonen wir, dass wir uns ausdrücklich auch von privaten Kondolierungswünschen distanzieren. Stadträtin Peggy Schellenberger spricht in ihrem vermeintlich unpolitischen Beileid daher nicht für die SPD Chemnitz. Peggy Schellenberger wird nicht mehr für die SPD für den Stadtrat kandidieren.“

Bereits am Sonntag trat der CFC-Geschäftsführer Thomas Uhlig zurück. Des weiteren wurde Peggy Schellenberger als Fanbeauftragte entlassen, ebenso ein Mitarbeiter der CFC-Kommunikationsabteilung. Der Stadionsprecher darf die nächsten Spiele ebenfalls nicht mehr kommentieren.

Unterdessen zog auch die Sparkasse ihren Sponsoring-Vertrag für den CFC zurück, weitere wirtschaftliche Folgen z.B. auch durch fernbleibende Fans sind ebenfalls zu erwarten.