Rechtes Netzwerk in der Bundeswehr und der Mann vom Amt

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Im November 2018 legten taz und Focus offen, dass sich Bundeswehrsoldaten, Polizisten und andere in einem bundesweiten rechten Netzwerk zusammentaten und dort auch Gewalt- und Umsturzpläne besprachen. Sie führten z.B. auch Listen von linken Aktivisten und Politikern, die an einem Tag X liquidiert werden sollten. Den organisatorischen Rahmen bildete mutmaßlich der Verein Uniter, ein Reservistenverband der von einem ehemaligen Kommando Spezialkräfte (KSK) Elitesoldat gegründet wurde und der eine Hauptrolle in dem rechten Netzwerk spielt. Und ein Mitarbeiter des Inlandsgeheimdienst gründete den Stuttgarter Uniter-Ableger und war zeitweise Vorstandsvorsitzender. Ein Bericht über Rechtsterroristen, eine Untergrundarmee und die Rolle der Geheimdienste.

siehe auch Schwerpunkt in der taz "Hannibals Schattenarmee": https://www.taz.de/Schwerpunkt-Hannibals...
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mp3, 160 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 22.03.2019 / 20:00

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Klassifizierung

Beitragsart: Nachricht
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Politik/Info
Entstehung

AutorInnen: Inforedaktion - AG Weisse Fabrik
Radio: frs, Stuttgart im www
Produktionsdatum: 22.03.2019
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Es gibt genug was sich diesem Nachrichtendienst zuordnen läßt um seine Daseinsberechtigung, seine Wesensstruktur zu erkennen: das fortwährende jahrelange Ausspionieren linker Strukturen wie z.B. die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes und die Rote Hilfe sowie Personen wie z.B. Rolf Gössner, Rechtsanwalt und Bürgerrechtsaktivist, der über 40 Jahre ausspioniert wurde auf der einen Seite, andererseits der Mordfeldzug des „Nationalsozialistischen Untergrunds“, die Nähe zu Rechtsterroristen, die Querfinanzierung der braunen Szene mit Steuermitteln, die vielen „V-Leute“ und Provokateure. Jetzt wurde bekannt, dass der ausgerechnet „Verfassungsschutz“ genannte Inlandsgeheimdienst in einer Ende letzten Jahres aufgeflogene Schattenarmee nicht nur mitwirkte, sondern diese gar gegründet hat. Was bislang bekannt wurde:

Im November 2018 wurde durch eine Recherche der Taz und des Focus ein rechtes Netzwerk in der Bundeswehr und anderen Behörden bekannt. Drahtzieher in diesem Netzwerk war ein mittlerweile ausgeschiedener Soldat der Eliteeinheit Kommando Spezialkräfte (KSK) der Bundeswehr, welcher sich den Decknamen Hannibal gegeben hatte.
Den organisatorischen Rahmen des rechten Netzwerks bildeten mutmaßlich der Verein Uniter, welcher von Hannibal mitgegründet wurde. Nach Recherchen der taz waren auch gewaltbereite Rechtsextremisten mit Umsturzplänen Mitglieder in den von „Hannibal“ administrierten Chatgruppen gewesen. Diese Mitglieder, Reservisten der Bundeswehr, die bis heute Mitglieder des Reservistenverbands sind, hatten laut Informationen der taz geplant, an einem sogenannten Tag X Politiker und Aktivisten aus dem linken Spektrum in Lager zu verbringen und zu liquidieren.
Teil dieser Chatgruppen war auch der Bundeswehroffizier Franko A., welcher zusammen mit einem Komplizen Listen von politischen Gegnern angefertigt haben soll. Der Rechtsextremist und frühere Bundeswehrsoldat Franco A. war im April 2017 festgenommen worden, nachdem er zuvor auf dem Flughafen Wien mit einer illegal beschafften Pistole samt Munition aufgefallen war. Zuvor soll er sich laut Bundesanwaltschaft unter Vortäuschung einer falschen Identität als syrischer Asylbewerber registriert und Sozialleistungen bezogen haben – möglicherweise um als angeblicher Syrer Straftaten zu begehen. Es wurde zwar ermittelt, zu einer Anklage reichte das allerdings nicht.
Die Bundeswehr und der MAD waren nach Bekanntwerden des Falls massiv in die Kritik geraten, weil ihnen die rechtsextreme Gesinnung des Soldaten nicht aufgefallen war. Das ist allerdings wenig glaubhaft aber auch nicht verwunderlich. Denn Hannibal,der Administrator des rechten Netzwerkes, der auch mit Franko A. gechattet hatte, war bis zu seinem Ausscheiden aus dem KSK Auskunftsperson des Bundeswehr-Nachrichtendienstes MAD.

Am Wochenende nun hatte die taz berichtet, dass ein Mitarbeiter des Landesverfassungsschutzes auch Vorstandsmitglied von Uniter, des Vereins aus Soldaten und Sicherheitskräften war. Mehr noch. Er war nicht nur Mitglied, der Geheimdienstler gründete im Mai 2016 gemeinsam mit Hannibal den Verein Uniter e.V. in Stuttgart – und übernahm sogar den Vorsitz. Im Januar 2017 trat er aus dem Vereinsvorstand zurück – kurz bevor die Affäre um Franco A. öffentlich wurde. Mittlerweile wurde er nein, nicht etwa entlassen, er wurde versetzt, als Beamter ist er also weiter für's Ländle tätig. Doch damit immer noch nicht genug: Bevor der Beamte für den Inlandsgeheimdienst arbeitete war er Polizist. Und in seiner Zeit bei der Bereitschaftspolizei war Michèle Kiesewetter, die angeblich vom NSU ermordet wurde, zeitweise seine Arbeitskollegin. Mögen manche immer noch an Zufall glauben, eines ist es nicht: Es ist kein Versagen und keine Verschwörung, es ist Staatsräson und Klassenauftrag. Da ist es am Ende auch nur noch eine kleine Randnotiz, dass der Verein Uniter nicht verboten wurde und nach dem Vereinsgesetz als gemeinnützig anerkannt ist.