Das Haus der Zukunft - so könnten wir übermorgen wohnen

ID 9599
 
Wie schaut das ökologisch sinnvoll Haus von morgen aus? Faszinierende Technik zur Energieeinsparung und Schonung der Umwelt.
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mp3, 32 kbit/s, Mono (22050 kHz)
Upload vom 09.06.2005 / 00:00

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Klassifizierung

Beitragsart: Reportage
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Umwelt
Entstehung

AutorInnen: Alexander v. Dercks (Greenpeace München)
Radio: LoraMuc, München im www
Produktionsdatum: 26.05.2005
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
In unserem nächsten Beitrag wollen wir Ihnen mal eine Idee davon geben, wie wir voraussichtlich in der Zukunft leben werden. Nein, weder auf einem anderen Planeten noch in futuristischen Behausungen, wie wir sie aus Science Fiction Filmen kennen. Es geht um ganz normale Häuser, Einfamilienhäuser und Mehrfamilienhäuser, wie wir sie heute schon kennen. Aber solche mit Pfiff!

Wenn man sich heute einmal umhört, wo Menschen glauben dass im Haus Energie gespart werden kann, dann wird man folgendes hören:

· Licht abdrehen, wenn man aus dem Zimmer geht
· Standby-Betrieb elektrischer Geräte vermeiden
· Wasserhahn nicht unnötig laufen lassen.

Das alles ist gut und richtig und wir wollen Sie auch nicht davon abbringen, es auch weiterhin so zu machen. Wir alle müssen uns nur klar sein, dass die dadurch gesparte Energie nicht ausreicht, um unsere Energiesorgen von morgen zu beseitigen. Dazu muss wesentlich mehr geschehen. Und so tüfteln Architekten sehr intensiv am Haus der Zukunft.

Fangen wir doch einfach mal beim Wasser an. Immerhin hat das warme Wasser einen Anteil von ca. 15% an den Gesamtheizkosten - da fällt jede Sparmaßnahme ins Gewicht. Sonnenkollektoren auf dem Dach unseres Zukunftshauses liefern fast das ganze Jahr über warmes Wasser für Küche und Bad. Zusammen mit einem Warmwasserspeicher können auch sonnenschwache Zeiten überbrückt werden.

Aber nicht nur beim Warmwasser können Einsparungen erzielt werden. Was den Wasserverbrauch angeht leben wir bereits heute in vielen Gegenden weit über unsere Verhältnisse. Allerorten sinkt der Grundwasserspiegel und darüber hinaus schmelzen unsere wichtigsten Süßwasserreservoirs, die Gletscher, mit beängstigender Geschwindigkeit ab. Also kann das Motto nur lauten: Weniger Wasser verbrauchen. Das Haus der Zukunft hält hierfür eine Menge Lösungen bereit.

Zunächst einmal werden das Abwasser aus Dusche, Spüle und Waschmaschine zu neuem Leitungswasser aufbereitet und zudem die darin enthaltene Wärme zurückgewonnen. Ein zweiter Kreislauf recycelt vollautomatisch das Toilettenabwasser, um es anschleißend erneut im Klo zu verwenden. Selbst die Feststoffe aus der Toilette finden Verwendung: Sie erzeugen zunächst Biogas und vermodern dann mit Hilfe fleißiger Würmer zu bestem Kompost.

All dies zählt zur Systematik der geschlossenen Wasserkreisläufe. Und da gibt es noch mehr: Die Waschmaschine der Zukunft wird ohne Waschmittel auskommen. Wie? Eine Membran entzieht dem Wasser Luftbläschen und erhöht damit die Reinigungswirkung beträchtlich. Sparduschköpfe reduzieren den Wasserverbrauch um 50%, die Wasserspartoilette verringert den Wasserverbrauch je nach System um 50 bis 90 %, zum Beispiel indem sie den Leitungsdruck nutzt, um kräftige Sprühstrahlen zu erzeugen. Eine Regenwasseranlage sammelt Regenwasser für Toilette, Waschmaschine, Putzen und Gartenbewässerung. Könne Sie sich vorstellen, dass Sie Ihr Trinkwasser aus Ihrem Teich beziehen? Wie in der freien Natur lässt sich eine Pflanzenkläranlage problemlos im Garten installieren: Sogenanntes „Grauwasser“ aus Küche und Bad, das langsam durch ein Schilfbeet fließt, lässt sich zu einem hochwertigen Produkt aufbereiten.

Aber kommen wir nun nach dem Bereich „Wasser“ zu dem größten Energiefresser: Der Raumheizung. Hier bietet uns die moderne Technik schon heute ein breites Angebot an zukunftsweisenden Lösungen:

· Mittels Holzpellets lässt sich jedes Haus fast genauso bequem wie mit einer konventionellen Öl- oder Gasheizung beheizen. ein- bis zweimal pro Jahr fährt der LKW vor und füllt den Pelletspeicher mit diesem nachwachsenden Rohstoff, der CO2-neutral verbrennt. Im perfekten Haus der Zukunft werden Brennstoffzellen mit hausgemachtem Biogas Wärme liefern: Energiequelle wären dann Küchenreste und Fäkalien, die im Keller luftdicht abgeschlossen vor sich hin gären.

· Ein Erdwärmetauscher nutzt die gleichbleibende Temperatur des Erdreichs von 10 Grad in eineinhalb Meter Tiefe - im Sommer zum Kühlen, im Winter zum Erwärmen.

· Unser Zukunftshaus verfügt natürlich auch über „Intelligente Fenster“. Nach dem Prinzip, dass wir schon von Sonnenbrillen kennen verdunkelt sich das Glas bei starker Sonneneinstrahlung und verhindert so eine Überhitzung des Raums. Mikrostrukturen sorgen bei niedrig stehender Sonne für eine optimale Lichtverteilung im Raum. Und selbstverständlich liefert ein Vakuum zwischen den Scheiben eine optimale Isolierung - wobei das Fenster von heute dreifach gedämmt ist und diese Dämmung auch den Rahmen umfasst.

· Ein Gründach sorgt ebenfalls für ein ausgeglichenes Raumklima - denn es kühlt im Sommer und wärmt im Winter. Außerdem stellt es ein wertvolles Kleinbiotop dar, aus dem man ggf. auch seine Küchenkräuter beziehen kann.


Selbstverständlich fehlt es aber auch sonst nicht an der notwendigen Isolierung. Die Holzwände sind mit Holzspäne gedämmt, was den Vorteil hat, dass dieses Material auf dem Kompost landet, wenn das Haus einmal abgerissen wird. Dieser Naturdämmstoff liefert zwar nicht ganz so gute Isolierwerte wie z.B. Mineralwolle, verbraucht aber bei der Herstellung deutlich weniger Energie. Auch Lehmputz kann gut verwendet werden: Das Material ist für seine feuchtigkeitsregulierenden Eigenschaften gerühmt, speichert Wärme, minimiert die Umweltbelastung am Bau und ist fast überall verfügbar. Inzwischen gibt es sogar Bauplatten und Fertigputz aus Lehm. Und eine Wandheizung unter dem Lehmputz liefert angenehme Strahlungswärme. Selbstredend, dass der Fußboden ein Holzfußboden ist - diesen Bodenbelag kennt und schätzt man von jeher. Man sollte nur darauf achten, dass das Holz aus FSC-zertifizierten Wäldern kommt.

Kommen wir zum Abschluss noch auf die Elektrizität: Selbstverständlich kommen neben Energiesparbirnen fast nur noch Leuchtdioden zum Einsatz. Sie halten hundertmal länger und verbrauchen zehnmal weniger Strom als eine Glühbirne. Ein intelligenter Präsenzmelder erkennt, ob sich jemand im Raum aufhält und passt die Beleuchtung an. Auch auf dem Gebiet der Unterhaltungs- und Kommunikationselektronik tut sich viel - dort steigt unser Stromverbrauch ja ständig. Künftig werden Wandbildschirme die konventionellen Bildschirme ersetzen: Organische Leuchtdioden, dünn wie eine Plastikfolie, fungieren als Bildschirm für Fernsehen und Telekommunikation.

Auch auf den Anrufbeantworter zu Hause werden wir verzichten können: Ein virtueller Anrufbeantworter im Telefonnetz wird seine Aufgabe übernehmen und bei seiner Verarbeitung im Rechenzentrum 27 mal weniger Energie verbrauchen und 66 mal weniger Elektroschrott produzieren als ein Anrufbeantworter zu Hause. Und sogar der Kühlschrank liefert seinen Beitrag. Nicht nur, dass er natürlich bestens gedämmt ist - er ist zudem in die Außenwand integriert und nutzt im Winter die Außenkälte. Außerdem hält er aufgrund seiner Bauweise und dem damit verbundenen geringeren Verschleiß wesentlich länger als ein normaler Kühlschrank.
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N: Sie sehen, es gibt viel, was man für die Umwelt und den eigenen Geldbeutel tun kann. Sicher: Manche dieser Ideen sind noch nicht vollständig ausgereift, vieles jedoch ist heute schon realisierbar und wird auch schon in zahlreichen Häusern eingesetzt. Allein vom Typ „Passivhaus“ gibt es heute in Deutschland schon über 6.000. Die Kreditanstalt für Wiederaufbau vergibt zinsgünstige Kredite für energieeffiziente Neubauten - für Passivhäuser bis zu 50.000 Euro. Den gleichen Betrag gibt es für Fotovoltaikanlagen, bei denen der Stromabnahmepreis auf 20 Jahre gesichert ist. Dadurch sind die Einkünfte durch das „Kraftwerk auf dem Dach“ höher als die Zins- und Tilgungskosten - ein schönes Zubrot für den Hausbesitzer.

Übrigens: Mit Beginn des Jahres 2006 braucht jedes Haus, das neu gebaut, verkauft oder vermietet wird, einen Energiepass: Er soll beim Nutzerwechsel vergleichbar und unbestechlich zeigen, ob es sich bei dem Haus um eine Energieschleuder oder ein Energiesparschwein handelt. Einen Prototypen des Scheins hat die Deutsche Energie-Agentur schon entwickelt - wer stolz ist auf sein Haus kann sich demnächst schon mal freiwillig einen solchen ausstellen lassen.


Seien Sie mal ehrlich: Klingt das alles nicht sehr verlockend? Zugegeben: Man kann so ein Haus nicht „von der Stange“ kaufen, man muss sich gut informieren. Vielleicht können wir unseren Beitrag dazu mit dieser Sendung leisten. Weiteres Wissenswertes finden Sie in der Mai-Juni-2005-Ausgabe des Greenpeace-Magazins, das sie in jeder gut sortierten Buchhandlung oder im Bahnhofsbuchhandel erhalten. In diesem Heft enthalten sind eine Fülle von Adressen zu den einzelnen baulichen Maßnahmen.