Frankreich: Erfolg gegen Pestizid-Exporte | Wegweisendes Urteil des höchsten Gerichts

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Das französische Verfassungsgericht (Conceil Constitutionnel) hat die Rechtmäßigkeit eines Export-Verbots derjenigen Pestizide bestätigt, deren Verwendung in der EU untersagt ist. Eine gegen das Verbot gerichtete Klage von BAYER, SYNGENTA und anderen im Unternehmensverband UIPP organisierten Chemie-Konzernen wurde damit abgewiesen.
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Upload vom 10.02.2020 / 21:15

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Klassifizierung

Beitragsart: Nachricht
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Politik/Info, Umwelt, Wirtschaft/Soziales
Serie: Burning Beds
Entstehung

AutorInnen: Klaus Schramm
Radio: RDL, Freiburg im www
Produktionsdatum: 10.02.2020
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Frankreich: Erfolg gegen Pestizid-Exporte | Wegweisendes Urteil des höchsten Gerichts

Das französische Verfassungsgericht (Conceil Constitutionnel) hat die Rechtmäßigkeit eines Export-Verbots derjenigen Pestizide bestätigt, deren Verwendung in der EU untersagt ist. Eine gegen das Verbot gerichtete Klage von BAYER, SYNGENTA und anderen im Unternehmensverband UIPP organisierten Chemie-Konzernen wurde damit abgewiesen.

Die Konzerne hatten das französische Verfassungsgericht angerufen, weil sie die verfassungsmäßig garantierte Freiheit des Unternehmertums durch den ab dem Jahr 2022 geltenden Ausfuhr-Bann eingeschränkt sahen. Das Verfassungsgericht wog diese Rechte jedoch gegen die ebenfalls verfassungsmäßig garantierten Rechte auf Gesundheitsschutz und eine intakte Umwelt ab und erklärte den entsprechenden Gesetzes-Passus daraufhin für rechtmäßig.

Während BAYER & Co. sofort verheerende Folgen für den Wirtschaftsstandort Frankreich heraufbeschworen und mit Abwanderung drohten, begrüßten UmweltrechtlerInnen und AktivistInnen das Urteil. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) kritisiert die Praxis der doppelten Standards bei der Vermarktung von Pestiziden schon seit Langem und wertet das Urteil als konsequent.

"Es ist bei BAYER & Co. Standard, nach einem Verbot hierzulande die betroffenen Gifte in anderen Ländern weiter zu verkaufen, die noch nicht so weit sind. Das zeigt, daß den Konzernen das Leben und die Gesundheit von Menschen vollkommen egal sind. Das Einzige was zählt, sind die Profite. Jetzt muß Deutschland nachziehen! Auch hier muss den Giftmischern von BAYER & Co. klar verboten werden, ihre innerhalb der EU nicht mehr handelbaren Ackergifte nach Afrika, Asien, Nord- und Südamerika oder sonst wohin zu exportieren," so CBG-Geschäftsführer Marius Stelzmann.

Allein in Brasilien bietet der Leverkusener Multi zwölf in der Europäischen Union wegen ihres Gefährdungspotenzials verbotene Stoffe an: Carbendazim, Cyclanilid, Ethiprole, Ethoxysulfuron, Fenamidone, Indaziflam, Ioxynil, Oxadiazon, Propineb, Thidiazuron, Thiodicarb und Thiram. Zur Rechtfertigung dieser Praxis erklärt der Global Player lapidar: "Auf der Welt herrschen unterschiedliche gesellschaftliche, wirtschaftliche oder auch klimatische Bedingungen. Daher unterscheiden sich mitunter auch die rechtlichen Rahmenbedingungen."

Ein verantwortungsbewußter Produzent von Chemikalien müsste eigentlich umgekehrt vorgehen und in den Staaten des Südens ungefährlichere statt gefährlichere Substanzen vertreiben. In diesen Absatz-Gebieten ist nämlich die AnalphabetInnen-Rate hoch, weshalb viele die Warnhinweise auf den Agrochemie-Packungen nicht lesen können. Überdies verfügen zahllose LandwirtInnen nicht über eine geeignete Schutzkleidung. So aber überrascht es nicht weiter, daß sich die meisten Vergiftungen in den Entwicklungs- und Schwellenländern ereignen. Auf der BAYER-Hauptversammlung im April 2019 nannte Alan Tygel aus Rio de Janeiro von der Permanenten Kampagne gegen Agrargifte und für das Leben die Zahlen für Brasilien: 2.185 Sterbefälle in der Zeit von 2007 bis 2017.

"Für Euch Europäer ist Carbendazim verboten, und die anderen drei erwähnten Wirkstoffe haben Grenzwerte, die um den Faktor 1.200 niedriger liegen als in Brasilien. Sind unsere brasilianischen Körper etwa widerstandsfähiger gegen Agrargifte als die Körper der Europäerinnen und Europäer?," fragte Alan Tygel den Vorstand und die AktionärInnen des BAYER-Konzerns.