Das social Distel-Ding - Geburtstagskinder der Corona-Zeit

ID 101401
 
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Im 10. Teil der social distancing Kolumne denken wir an alle social Distel-Dinger die derzeit Geburtstag haben und nicht feiern können.
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03:22 min, 7906 kB, mp3
mp3, 320 kbit/s, Stereo (44100 kHz)
Upload vom 07.04.2020 / 16:39

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Klassifizierung

Beitragsart: Kommentar
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Wirtschaft/Soziales, Kultur
Serie: Das social Distel-Ding
Entstehung

AutorInnen: Fabian Ekstedt
Radio: LoraMuc, München im www
Produktionsdatum: 07.04.2020
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Social distancing heißt mehr oder weniger jeden Tag am selben Ort zu verbringen, alleine oder mit den immer gleichen Leuten. Das klingt langweilig und ist es auch. Aber es wird gerne vergessen, dass es auch in einer Ausnahmesituation wie der derzeitigen immer wieder Tage gibt, die auch Ausnahmen sind. Beispielsweise Geburtstage.
Zahllose Menschen hätten derzeit Grund zu feiern. Nicht nur Grund, sondern wahrscheinlich auch große Lust richtig die Sau raus zu lassen, mit allem was dazu gehört. Das heißt: Rumgröhlen, Singen, Umarmen,Spaß haben, rummachen, das Leben genießen, fremde Menschen zu Freunden werden lassen, nach Hause torkeln und auf dem Weg noch einen Döner verdrücken. Oh, das einfache Leben, dass uns davor so alltäglich war, scheint ein Traum geworden zu sein.
Aber die aktuelle Situation ist eine andere. Statt im kollektiven Rausch der Feier die Vergänglichkeit des Lebens und das eigene Alter zu vergessen, sitzen die Geburtstagskinder jetzt zuhause und starren zwischen all den Video-Geburtstags-Konferenzen auf den leeren Bildschirm und stellen fest:
Wieder ein Jahr älter. Ein Jahr weiter weg von der Geburt, ein Jahr verlebt, und… Ja, was wird da kommen? Was erwartet die social Distel-Dinger nach dem social distancing? Wird es wirklich die großen Nachhol-Parties geben, die alle jetzt ankündigen? Oder werden es einfach zu viele Geburtstage von zu vielen Menschen sein, die nachgefeiert werden müssten, als dass jede und jeder tatsächlich Zeit haben nachzufeiern?
Das kann heute niemand sagen. Was wir allerdings annehmen können, ist, dass nach dem ganzen social distancing die Distel-Dinger verhungert sein werden nach Körperkontakt. Endlich wieder einander berühren. Die Angst ablegen und spüren, wie ein Mensch sich anfühlt. Wer darüber nur kurz nachdenkt, kommt auf die Idee, dass da hedonistische und Orgien schwangere Zeiten auf uns zukommen könnten.
Die Moral hat uns vor dieser Krise nicht geschützt. Sie wird uns wahrscheinlich danach auch nur in Form einer Arbeitsmoral zum Wiederaufbau gereichen. Was wir dagegen erleben wollen, sollten wir erleben. Denn wenn uns diese letzten Wochen eines gelernt haben, ist es das, was uns auch viele ältere Menschen schon viel früher gesagt haben:
Das Leben geht so schnell vorüber, genieße auch die Augenblicke.
Auch wenn wir den derzeitigen Augenblicken nicht viel abgewinnen können, sollten wir sie genießen, als Ruhephasen, als Möglichkeit sich selbst näher zu kommen und die eigenen Gedanken zu hören. Wer in solch einer Phase auch noch auf dem Papier älter wird, mag sich damit schwer tun. Aber euch, liebe Geburtstagskinder der Corona-Zeit sei gesagt: Dieses Jahr werdet ihr nicht älter! Ihr bleibt so jung wie ihr zuvor wart, zumindest so lange, bis wir euch gebührend aus dem letzten Lebensjahr verabschiedet haben.
Kein Alter ohne Zeugen. Und trotzdem stoßen wir auf euch an. Alles Gute!

Kommentare
08.04.2020 / 08:22 Sön und Flo, Radio Dreyeckland, Freiburg
Gespielt im RDL Morgenradio am 08.04.2020
danke!