Das social Distel-Ding – Aiwanger und sein Versuch sich der Autolobby als Fußschemel anzubieten

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Teil 34 der Kolumne aus dem social distancing - Corona nervt! Aber auch Politiker nerven, wenn sie sich unverantwortlich der Lobby anbieten.
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04:48 min, 11 MB, mp3
mp3, 320 kbit/s, Mono (44100 kHz)
Upload vom 15.05.2020 / 18:02

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Klassifizierung

Beitragsart: Interview
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Wirtschaft/Soziales, Politik/Info
Serie: Das social Distel-Ding
Entstehung

AutorInnen: Fabian Ekstedt
Radio: LoraMuc, München im www
Produktionsdatum: 15.05.2020
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Krisen sind anstrengend. Eine Pandemie ist furchtbar. Ganz allgemein gilt: Corona nervt!
Deshalb hilft es sich hin und wieder auf die spannenden Aspekte der Krise zu konzentrieren. Grundsätzlich gilt ja: In einer Krise stinkt alles was davor schon am faulen war. Und jedem dürfte bewusst sein, dass einiges schon länger faul war in der Bundesrepublik und in Bayern.
Zum Beispiel dürfte einigen spätestens jetzt auffallen, wie tief der Kopf einiger Politiker im, nennen wir es Hinterzimmer, der Automobilindustrie steckt. Das schlimmste daran: In vorauseilendem Gehorsam versuchen sich einige den Lobbyvertretern mit besten Kontakten ins Kanzleramt für weitere Ämter zu empfehlen. Denken wir nur an Hubert Hubsi Aiwanger, der sich gedacht hat, dass es ihm nur gut tun kann lauthals eine „technologieoffne Auto-Kaufprämie“ zu fordern. Jetzt kann niemand genau sagen ob dieses Verhalten seiner beschränkten Weitsicht geschuldet ist, oder ob er erwartet hat, dass neue Forderungen die Nachrichten über die immer noch nicht ausgezahlten „Soforthilfen“ verdrängen würden, für die er ja als Wirtschaftsminister Verantwortung trägt.
Aber was beinahe jeder dem Hubsi sagen kann: Diese Idee und auch diese Idee so weit im Vorfeld zu äußern, ist unverantwortlich. Einerseits sollte darauf hingewiesen werden, dass es ein Verbrechen an der künftigen Generation ist heute Schulden aufzunehmen um mit diesem Geld Menschen zu unterstützen, die sich schon heute ein Auto leisten könnten, damit sie sich ein teureres Auto leisten können. Das ist die schlimmste Form von verantwortungsloser Politik: Wir geben heute denen die eh schon haben und hinterlassen denjenigen, die morgen kommen, die Schulden, die Schäden und weitere soziale Ungleichheit.
Denn die junge Generation, die heute nicht mehr auf die Straße geht, weil sie die ältere Generation schützt und, oh Wunder, auf die Wissenschaft hört, muss neben den Mehrkosten des demographischen Wandels und den immer neuen Rentenprogrammen auch für gutsituierte Rentner*innen, zusätzlich noch für die Schulden die heute in der Corona-Krise aufgenommen werden aufkommen.
Das ist viel Arbeit die da auf eine Generation zukommt, die davon ausgehen muss, dass die Umwelt ihr um die Ohren fliegt und ein weiter so nicht funktionieren kann. Wenn dann heute mit dem von ihr in Zukunft aufzubringenden Geldern auch noch solch ein Schindluder betrieben werden soll, also Geld an diejenigen verteilt wird, die schon viel Geld haben, für Güter die den Klimawandel anheizen und damit eine Technologie und ein System gestützt wird, das sich in seiner derzeitigen Machtposition gegen jegliche Veränderung stellt, kann man sich fragen ob die Fähigkeit über den nächsten Dividendentermin hinauszublicken nicht nur an der Börse abhanden gekommen ist.
Aber, wenn wir schon bei der Börse und der Wirtschaft sind: Hubsi Aiwangers Vorschlag einer „technologieoffenen Auto-Kaufprämie“ ergibt auch keinen Sinn, wenn Mensch die Automobilindustrie unterstützen will. Angenommen dieses social Distel-Ding möchte sich ein Auto kaufen und war jetzt schon in einem Auto-Haus um sich so einen richtig stinkenden und lauten Euro 6 Diesel anzuschauen. Dann plötzlich ist aus der Politik zu hören: Wir setzen uns dafür ein, dass Autos billiger werden, wir fordern eine Kaufprämie von mindestens 4000€. Fast jeder Mensch legt in dieser Situation doch den Stift wieder hin und verzichtet darauf den Kaufvertrag sofort zu unterzeichnen. Stattdessen kann Mensch ja noch etwas warten und dafür eine Fernreise planen. Der Automobilindustrie ist also mit solch einer Ankündigung nicht geholfen. Ihr wäre maximal geholfen, wenn ein großes Paket aufgezogen wird und ein Teil darin Kaufprämien wären, die aber nicht mehrere Monate im Voraus zu erwarten wären.
Bedeutet zusammengefasst: Durch die Forderung einer Kaufprämie wurden im Schnitt vermutlich weniger Autos verkauft aber Hubsi Aiwanger hat gezeigt, dass er bereit ist Andi Scheuer als Fußschemel der Automobilindustrie abzulösen.
Apropos Scheuer: Nachdem der vor zwei Wochen wagte die Autofahrer-Seele in der neuen Straßenverkehrsordnung mit einem verschärften Bußgeldkatalog zu beleidigen, arbeitet er heute scheinbar schon wieder daran, diesen abzuschwächen. Aber zu Scheuers Schutz muss gesagt werden, die Regelverschärfung wollte er nie, der Bundesrat war es, der Rasern ein Fahrverbot angedroht und den Bußgeldkatalog verschärft hat. Die Aufgabe von unserem Verkehrsminister ist hingegen klar, Rasern den Rücken stärken, die Automobilindustrie unterstützen und Radfahren durch seine peinlichen Auftritte mit Helm so unsexy wie möglich machen. Eben alles tun, damit es in Deutschland auch nach der Corona-Zeit wieder köstlich nach Diesel stinkt.