Planungssicherstellungsgesetz - ein Horror-Gesetz zur weiteren Demontage demokratischer Rechte

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Auf die Verabschiedung des in unscheinbarem Beamtendeutsch als "Planungssicherstellungsgesetz" bezeichneten Paragraphenwerks hat der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz e.V. (BBU) mit "blankem Entsetzen" reagiert. Kernpunkt des Planungssicherstellungsgesetzes ist die faktische Abschaffung des Erörterungstermins in allen relevanten umweltrechtlichen Verfahren. Dies führt zu einer weiteren Aushöhlung demokratischer Rechte.
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Upload vom 08.06.2020 / 19:19

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Klassifizierung

Beitragsart: Nachricht
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Politik/Info, Umwelt, Wirtschaft/Soziales
Serie: Burning Beds
Entstehung

AutorInnen: Klaus Schramm
Radio: RDL, Freiburg im www
Produktionsdatum: 08.06.2020
CC BY-NC-SA
Creative Commons BY-NC-SA
Namensnennung - Nicht-kommerziell - Weitergabe unter gleichen Bedingungen erwünscht
Skript
Planungssicherstellungsgesetz - ein Horror-Gesetz zur weiteren Demontage demokratischer Rechte

Auf die Verabschiedung des in unscheinbarem Beamtendeutsch als "Planungssicherstellungsgesetz" bezeichneten Paragraphenwerks hat der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz e.V. (BBU) mit "blankem Entsetzen" reagiert. Kernpunkt des Planungssicherstellungsgesetzes ist die faktische Abschaffung des Erörterungstermins in allen relevanten umweltrechtlichen Verfahren. Dies führt zu einer weiteren Aushöhlung demokratischer Rechte.

Der BBU geißelt das Verfahren, mit dem "Schwarz-Rot" dieses Gesetz in kurzer Zeit durchgepeitscht hat, als "ein von Anfang an abgekartetes Spiel". Es handele sich um einen "schweren, nicht zu rechtfertigenden Eingriff in die demokratischen Rechte der Bevölkerung und in das Umweltrecht". Mit der faktischen Abschaffung des Erörterungstermins in allen relevanten umweltrechtlichen Verfahren, können umstrittene Großprojekte künftig ohne effektive Bürgerbeteiligung durchgesetzt werden.

Um die Bedeutung von Erörterungsterminen zu unterstreichen, bei denen die Einwendungen von Bürgerinnen und Bürgern sowie von Umweltverbänden und anderen Organisationen gegen konkrete Planungsvorhaben bisher intensiv mit Genehmigungsbehörden und Antragstellern erörtert werden konnten, nennt der BBU das Beispiel Wackersdorf. In dem bayerischen, in der Oberpfalz gelegenen Ort im Landkreis Schwandorf sollte in den 1980er-Jahren eine Plutonium-Fabrik durchgesetzt werden. Noch heute wird in den Mainstream-Medien in diesem Zusammenhang häufig der propagandistische Begriff einer "Wiederaufarbeitungsanlage" verwendet.

Oliver Kalusch vom Geschäftsführenden Vorstand des BBU erklärt: "Im Windschatten der Corona-Krise schafft die Große Koalition in Windeseile Beteiligungsmöglichkeiten im Umweltrecht ab. Statt Verfahren, bei denen ein Erörterungstermin stattfinden kann oder muß, bis zum 30. September 2020 auszusetzen und dann die Pandemielage zu beurteilen, werden die Behörden ermutigt, Erörterungstermine ausfallen zu lassen oder eine völlig sinnentleerte Online-Konsultation durchzuführen. Die Corona-Krise wird offensichtlich dazu benutzt, die Interessen der Industrieverbände zu befriedigen, die schon immer gegen eine effektive Bürgerbeteiligung waren."

Daß der Umweltbewegung keine Chance gelassen wurden, ihre Positionen zu vertreten, wird an der strategischen Zeitplanung deutlich. Der erste Entwurf des Gesetzes wurde den Verbänden am Freitag, 24. April gegen 16 Uhr übermittelt. Die Abgabefrist war Montag, der 27. April, 12 Uhr mittags. Durch die Fristsetzung machte "Schwarz-Rot" bereits deutlich, daß Stellungnahmen unerwünscht sind. Mit Datum vom 5. Mai brachten "Schwarz-Rot" eine noch einmal verschlechterte Version des Gesetzentwurfes ein, der zur Sitzung des Innenausschusses am 13. Mai eine weitere Verschlechterung erfuhr. Auf dieser Sitzung wurde beschlossen, daß es die sonst übliche Sachverständigenanhörung zu derartig schwerwiegenden Gesetzen nicht geben wird. Ein Antrag der Linkspartei auf Durchführung der üblichen Sachverständigenanhörung wurde nicht nur von Union und SPD abgelehnt. Entscheidend waren vielmehr die Enthaltungen der Pseudo-Grünen und der "F"DP, die damit verhinderten, daß das notwenige Quorum von 25 Prozent erreicht wurde. Damit haben sich Pseudo-Grüne und "F"DP eindeutig gegen die Interessen der Umweltbewegung gestellt. Vertreter aus der Umweltbewegung bekamen durch den Wegfall der Sachverständigenanhörung gar nicht die Chance, dort ihre Position darzulegen.

Am späten Abend des 14. Mai stimmten Union, SPD und FDP bei gleichzeitiger heuchlerischer Enthaltung der Pseudo-Grünen für das Planungssicherstellungsgesetz. Laut Stellungnahme des BBU beschädigt die Verabschiedung dieses Gesetzes "die Demokratie tiefgreifend und wird fatale Auswirkungen auf den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen haben". Die Interessen der Umweltbewegung wurden in diesem Fall allein von der Fraktion der Linkspartei unterstützt.

Am 15. Mai stimmte auch der Bundesrat dem Planungssicherstellungsgesetz zu. Wenig bekannt ist in der deutschen Öffentlichkeit, daß die Pseudo-Grünen an elf der insgesamt 16 Landesregierungen beteiligt sind - sie hätten daher die Möglichkeit gehabt, ein solches, für die Umwelt desaströses Gesetz zu stoppen.

Rund fünfzig Bürgerinitiativen und Umweltverbände haben in einer gemeinsamen Erklärung ihren Protest gegen das Planungssicherstellungsgesetz bekundet.

Kommentare
09.06.2020 / 18:12 Monika, bermuda.funk - Freies Radio Rhein-Neckar
in sonar
am 9.6.. Vielen Dank! Umweltpolitik von Bolsonaro abgeschaut?