2 Abschiebung in den Irak

ID 10871
 
Anmod Iraker Flughafen 2

Acht Monate in Deutschland, doch offiziell nicht eingereist. Wo sich jeder normale Mensch an den Kopf fasst – für die Behörden und Gerichte, die mit Asylanträgen befasst sind, ist ein solcher Fall nicht ungewöhnlich.
Ein junger irakischer Kurde war im April am Flughafen München angekommen, sein Asyl war abgelehnt worden, auch der bei Gericht eingereichte Eilantrag war nicht erfolgreich. Zwei Mal war Burhan Karim Zangana schon in Stadelheim in Abschiebehaft, doch als eingereist gilt er noch immer nicht. Mit großem Aufwand versuchte die Bundespolizei, seine Abschiebung in den Irak durchzusetzen, sie flog mit ihm sogar nach Berlin zur irakischen Botschaft, die jedoch die Ausstellung von Papieren verweigerte. Ein Antrag auf Einreiseerlaubnis dümpelte beim Münchner Verwaltungsgericht seit mehr als zwei Monaten vor sich hin.
In seiner Verzweiflung griff Burhan Karim Z zum letzten Mittel: er begann einen Hungerstreik. Die Öffentlichkeit griff den Fall auf und prompt setzte das Verwaltungsgericht München einen Termin an, um darüber zu entscheiden, ob Burhan Zangana einreisen darf. Heute war die Verhandlung, und wir sprachen mit dem Anwalt des Irakers, Michael Sack aus München, über deren Ausgang.


Soweit der Münchner Rechtsanwalt Michael Sack, der Burhan Zangana im Verfahren vertreten hat.

Sack Irak 4’00’’

Der Bayerische Flüchtlingsrat hat den Prozess verfolgt. Wir fragten Matthias Weinzierl nach einer Einschätzung des Urteils gegen Burhan Zangana.

Weinzierl Irak 3’00’’

Es stellen sich viele Fragen angesichts dieses Urteils. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge stellt sich seit eh und je auf den Standpunkt, dass der Irak „sicher“ ist, und hat auf dieser Grundlage inzwischen tausenden irakischen Flüchtlingen das Asylrecht entzogen. Dieser Praxis ist jedoch von verschiedenen Gerichten in Deutschland Einhalt geboten worden, und die täglichen Toten im Irak und nun auch die Entführung einer Deutschen im kurdischen Nordirak – dem Gebiet, das als besonders „sicher“ gilt, lassen diese Einschätzung bezweifeln.
Für Burhan Zangana ist fatal, dass auch der Abschiebestopp in seinem Fall nicht greift. Er gilt, obwohl er seit April in Deutschland ist, nach wie vor als nicht eingereist. Dem Verwaltungsgericht kann das recht sein. Ist Burhan Zangana erst einmal abgeschoben, dann interessiert hier niemanden mehr sein Schicksal. Dann ist er, wenn er im Irak getötet werden sollte, nur ein toter Iraker mehr.
Menschenrechtlich sollte das Urteil zu denken geben, denn der Abschiebeschutz, den Iraker bislang genießen, wird nicht von ungefähr erteilt. Selbst die Innenminister der Bundesrepublik scheinen der Auffassung zu sein, dass der Irak so sicher doch nicht ist. Auch wenn es verfahrensrechtlich wahrscheinlich korrekt ist, so ist doch eine vom Verwaltungsgericht unter diesen Umständen genehmigte Abschiebung mehr als heikel.

Audio
02:59 min, 2792 kB, mp3
mp3, 128 kbit/s, Mono (44100 kHz)
Upload vom 06.12.2005 / 18:32

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Klassifizierung

Beitragsart: Interview
Sprache: deutsch
Redaktionsbereich: Politik/Info
Entstehung

AutorInnen: Stephan Dünnwald
Kontakt: andraschn(at)web.de
Radio: LoraMuc, München im www
Produktionsdatum: 06.12.2005
keine Linzenz
Skript
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